Mut zur Wildnis im Garten zahlt sich aus

Mut zur Wildnis im Garten zahlt sich aus

Hilpoltstein / Bayern – Die Ergebnisse zur 19. Stunde der Gartenvögel liegen vor: Der Spatz flatterte an die Spitze. Insgesamt wurden aber so wenig Vögel pro Garten wie noch nie gezählt. Und: Mut zur Wildnis im Garten zahlt sich aus.

Mehr als 11.900 Naturfreunde in ganz Bayern haben vom 12. bis zum 14. Mai eifrig für das bürgerwissenschaftliche Projekt Vögel gezählt. Im Rahmen der großen Mitmachaktion des bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und seinem bundesweiten Partner NABU meldeten sie über 258.000 Vögel aus etwa 9.000 Gärten, Balkonen und Parks. „Wir sind begeistert, dass sich so viele Menschen trotz des wechselhaften Wetters nicht davon haben abhalten lassen, eine Stunde lang die Vögel vor der eigenen Haustür zu beobachten und zu zählen. Jeder Teilnehmende hat wichtige Daten über die Vogelwelt im Siedlungsraum geliefert“, erklärt die LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson. So können die Naturschützer des LBV langfristige Trends im Bestand der bayerischen Gartenvögel erkennen. Mit durchschnittlich nur etwa 28 Vögeln beobachteten die Teilnehmenden in ihren Gärten dieses Jahr so wenige Vögel, wie noch nie seit Beginn der Aktion im Jahr 2006.

Hier die Zahlen für den Landkreis Rosenheim:

Im Landkreis Rosenheim wurden für die Stunde der Gartenvögel 263 Teilnehmer registriert, die ihre Beobachtungen aus 210 Gärten meldeten. Insgesamt wurden 6336 Vögel gezählt – das ergibt im Durschnitt 30,17 Vögel pro Garten.
Oben an der Spitze auch hier der Haussperling. Er wurde in 70 Prozent der teilnehmenden Gärten gesichtet, gefolgt vom Star und dem Feldsperling – bei dem es übrigens einen leichten Aufwärtstrend gibt.
Abwärts ging es dagegen bei Blaumeise, Buchfink, Mauersegler und Mehlschwalbe und einer Vielzahl anderer Vogelarten.

Drastische Abnahme von Vogelarten

In diesem Jahr wurden bei der Stunde der Gartenvögel acht Vögel pro Zählort weniger als noch vor 10 Jahren gemeldet. Den Naturschützern des LBV stellt sich die Frage, ob sich die wissenschaftlich belegte, drastische Abnahme vieler Vogelarten auf Wiesen und Feldern nun bei Vogelarten in Bayerns Städten und Dörfern fortsetzt. Die Gründe dafür können vielfältig sein: „Ökologisch wertvolle Lebensräume im Übergangsbereich zwischen Siedlung und Kulturland werden zunehmend bebaut. Dort verschwinden Vogelarten, wie Wendehals, Gartenrotschwanz und Grauschnäpper. Einst häufige Arten, wie Haussperling oder Mehlschwalbe, finden an glatten Hausfassaden zu wenig Nistmöglichkeiten“, erklärt Angelika Nelson. Im Siedlungsraum gehen naturnahe, unversiegelte Grünflächen mit alten Baumbeständen und Hecken verloren. Das Nahrungsangebot, vor allem an Insekten, wird knapp für Bachstelze, Bluthänfling und Gartengrasmücke.
Hinzu kommt die Klimakrise, deren konkrete Auswirkungen noch nicht absehbar sind. „Manche Standvögel, wie Zaunkönig und Türkentaube, mögen von den wärmeren Wintern profitieren. Auch Kurzstreckenzieher, wie Hausrotschwanz und Mönchsgrasmücke können sich vielleicht ein längeres Frühjahr und damit eine verlängerte Brutzeit zunutze machen“, so die LBV-Ornithologin. Doch Starkwetter-Ereignisse und Trockenperioden, wie sie auch in Bayern immer häufiger vorkommen, werden sich wohl überwiegend negativ auf die Vogelwelt auswirken.

Wohlfühlort: wilder Garten

Um dem vermeintlich negativen Trend und Wandel im Siedlungsraum entgegenzuwirken kann jede und jeder etwas beitragen. Von strukturreichen Gärten, mit samentragenden Wildblumen, Beerensträuchern, Hecken und Totholz profitieren viele Arten, so auch zum Beispiel der Stieglitz. Ihn beobachteten die Teilnehmenden in diesem Jahr in 16 Prozent der Gärten und damit weitaus häufiger als im vergangenen Jahr. „Eine ähnliche Entwicklung fiel uns bereits bei der Stunde der Wintervögel im Januar auf. Es könnte ein Indiz dafür sein, dass mehr Menschen den Mut zur kleinen Wildnis vor der Haustür finden und dem Stieglitz als Samenfresser somit ein passendes Buffet bieten“, sagt Angelika Nelson.

Die Top 10 der Gartenvögel

Der Haussperling bleibt 2023 die Nummer 1 der bayerischen Gartenvögel. „Auffällig ist aber, wie bereits seit vielen Jahren, dass der Spatz aus der Stadt und dem Landkreis München kaum gemeldet wird. Der kleine Vogel sucht dort oft vergeblich nach Nahrung, geeigneten Brutplätzen oder Versteckmöglichkeiten, wie Büschen und Hecken“, erklärt LBV-Ornithologin Angelika Nelson. Hinter dem Haussperling auf Rang 2 landet die Amsel, den letzten Platz auf dem Siegertreppchen sichert sich der Star. Hinter ihnen auf Rang 4 flattert in diesem Jahr die Kohlmeise. Ihr folgt der Feldsperling, der ihr bis zum Ende des Meldezeitraums dicht auf den Fersen war.

Die Blaumeise landet auf Platz 6 und verzeichnet im Gegensatz zum vergangenen Jahr einen leicht positiven Trend. Ihren Stammplatz sichert sich bereits das zwölfte Jahr in Folge die Elster (7.) Deutlich zulegen konnte in diesem Jahr der Grünfink. Reichte es vergangenes Jahr nur für Platz 10, landet der gelb-grüne Finkenvogel dieses Jahr auf Rang 8. Er reiht sich damit noch vor Mehlschwalbe (9.) und Mauersegler (10.) ein.

Die insektenfressenden Flugakrobaten, wie Mehlschwalbe, Mauersegler aber auch Rauchschwalbe (23.) verzeichnen heuer einen negativen Trend, der bereits am Zählwochenende sichtbar war. Ein Grund dafür sind vermutlich die vielen Regenschauer, die den Freistaat am Wochenende überquerten. „Schwalben und Mauersegler jagen Insekten in der Luft. Weil ihre Beute bei Regen nicht durch die Gärten und Parks summt und brummt, weichen sie, wenn möglich, der Schlechtwetterfront aus und jagen in sonnigen Gegenden nach Insekten“, so die LBV-Vogelexpertin.

Amsel flattert durch die meisten Gärten

Wenn es darum geht, welcher Vogel die meisten Gärten besucht, hat in diesem Jahr einmal mehr die Amsel den Schnabel vorne: Auch wenn sie nach absoluten Zahlen auf Rang 2 landet, konnte sie am Zählwochenende in 93 Prozent der Gärten beobachtet werden. In der Stadt Memmingen (Schwaben) sowie in den Städten Weiden in der Oberpfalz und Coburg (Oberfranken) und im Landkreis Dingolfing-Landau (Niederbayern) ist die Amsel sogar in jedem Garten zu Hause. In der kreisfreien Stadt Ingolstadt ließ sie sich hingegen nur in 78 Prozent der Gärten blicken.

Die meisten Vögel pro Garten in Niederbayern

Bayernweit haben die Teilnehmer  etwas mehr als 28 Vögeln pro Garten gesehen und damit deutlicher weniger als das langjährige Mittel von 32. Über die meisten Vögel pro Garten konnten sich Naturfreunde und Naturfreundinnen in Niederbayern (35,2) freuen, gefolgt von den Beobachtenden in der Oberpfalz (31,7) und Oberfranken (31). In Oberbayern sahen die Teilnehmenden mit 25,1 am wenigsten Vögel pro Garten. Mittelfranken (28), Schwaben (29,6) und Unterfranken (29,9) reihen sich dazwischen ein.
(Quelle: Artikel: Karin Wunsam / Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)

Vögel machen sich in Bayerns Gärten rar

Vögel machen sich in Bayerns Gärten rar

Hilpoltstein / Bayern – Zwischenbilanz der LBV-Aktion „Stunde der Wintervögel 2023“: die Teilnehmer melden weniger Vögel als in den Jahren zuvor. Grund dafür ist nicht nur das derzeit milde Wetter.

Die Auswirkungen der derzeit milderen Temperaturen haben sich am Wochenende, laut einer Pressemitteilung des Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV)  an den Vogel-Futterstellen in den Gärten und auf den Balkons im Freistaat bemerkbar gemacht: Die Teilnehmenden meldeten dem LBV weniger Vögel als in den Jahren zuvor, wie eine erste Zwischenbilanz zur 18. Stunde der Wintervögel in Bayern zeigt.

<Einige Baumarten hatten
2022 ein Mastjahr

„Zum einen wirken sich die warmen Temperaturen auf das natürliche Nahrungsangebot für die Vögel aus und versetzen einige Vögel sogar schon in Frühlingsstimmung. Zum anderen hatten einige Baumarten in 2022 ein Mastjahr und bieten übermäßig Nahrung im Wald an. Hinzu kommt leider, dass auch die Siedlungsvögel von einem schleichenden Rückgang betroffen sind“, so die LBV-Ornithologin Dr. Angelika Nelson. Mit lediglich knapp 31 Vögeln pro Garten unterschreitet der diesjährige Durchschnitt den bisherigen historischen Tiefstwert der bürgerwissenschaftlichen Mitmachaktion aus dem Jahr 2021 sogar noch um einen Vogel. In der Rangfolge der am häufigsten beobachteten Wintervögel in Bayern liegt derzeit wie gewohnt der Haussperling (1.) deutlich vor der Kohlmeise (2.) und dem Feldsperling (3.). Noch bis zum 16. Januar können Teilnehmende dem LBV ihre Beobachtungen vom Wochenende schriftlich oder online melden unter

Viele Vögel sind schon
in Frühlingsstimmung

Aufgrund der bereits länger anhaltenden milden Temperaturen finden derzeit viele Vögel genügend Nahrung in der Natur, da Samen und Früchte nicht von Eis und Schnee bedeckt sind. Sie kommen auch weniger zur Nahrungssuche in die Gärten und an die Futterstellen, da sie durch das warme Wetter bereits mit ihrem typischem Revierverhalten beginnen. „Einige Vögel haben bereits angefangen zu singen, um ihr Revier für die diesjährige Brut gegenüber anderen abzugrenzen und so Rivalen von der Futterstelle und aus dem Garten verjagen“, so die LBV-Ornithologin.
Ein weiterer Grund, warum viele Menschen in Bayern derzeit weniger Vögel sehen, sind die Auswirkungen des zurückliegenden Mastjahres bei Eichen, Buchen und Fichten. „Das beschert den Vögeln bis jetzt viel Futter in ihrem natürlichen Lebensraum und sie fliegen auf Nahrungssuche seltener in die Siedlungen. Vor allem Waldvogelarten wie Buchfink, Buntspecht und Kleiber, aber auch Eichelhäher und Gimpel profitieren von einem Überangebot an Samen im Wald und wurden daher seltener beobachtet als im Vorjahr“, so Angelika Nelson.

Ein weiterer Trend, der sich abzuzeichnen scheint: Weniger nordische Wintergäste wie Bergfink, Erlenzeisig oder Wacholderdrossel machen dieses Jahr bei uns in Bayern Station. Grund ist vermutlich das milde Wetter, das auch in Nord- und Osteuropa vorliegt. „Ein nordischer Zugvogel wie der Bergfink, der bei schneereicher und eisiger Witterung in seinem Brutgebiet – den Birkenwäldern Skandinaviens – gerne auch mal in Massen nach Mitteleuropa ausweicht, ist in den Gärten des Freistaats derzeit nur sporadisch zu sehen“, erklärt die LBV-Ornithologin.

Da die durchschnittliche Anzahl der beobachteten Vögel bei Bayerns größter Mitmachaktion bereits seit Jahren langsam, aber stetig zurückgeht, spielt neben verschiedenen Faktoren in den einzelnen Jahren auch der langfristige Trend eine Rolle. „Das allgemeine Vogelsterben setzt sich bei einigen bisher häufigen Arten im Siedlungsraum fort. Es passiert langsam, aber mittlerweile merken wir die Abnahme einst häufiger Arten auch in den Gärten, „, sagt Angelika Nelson.

In der vorläufigen Vogelhitliste im Freistaat landet der Haussperling (1.) aktuell klar vor der Kohlmeise (2.) und dem Feldsperling (3.). Dahinter erobert die Blaumeise (4.) einen starken vierten Rang vor der Amsel (5.), die eines ihrer schwächsten Ergebnisse einfliegen könnte. Teilweise ist diese Abnahme wohl auf das bereits begonnene Revierverhalten zurückzuführen. Auf Position 6 liegt trotz seines geringeren Auftretens der Buchfink, dahinter rangiert der stetig abnehmende Grünfink (7.). Platz 8 belegt die Elster vor der Rabenkrähe (9.). Das Rotkehlchen (10.) rundet die Top Ten der bisher am häufigsten beobachteten Wintervögel 2023 in Bayern ab.

Noch bis zum 16. Januar können die am Wochenende gemachten Beobachtungen nachgemeldet werden.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)