Hilpoltstein / Bayern – Mit dem Beginn des neuen Jagdjahres am 1. April tritt die Ankündigung von Staatsministerin Michaela Kaniber in Kraft, dass bei der Jagd auf der gesamten bayerischen Staatswaldfläche ausschließlich bleifreie Büchsenmunition verwendet werden darf, und das verbunden mit einer einjährigen Übergangsfrist. „Dass die Bayerischen Staatsforsten mit einer letzten Übergangsphase in Zukunft bei der Jagd auf ihren Flächen auf bleihaltige Büchsenmunition verzichten, ist ein wichtiger erster Schritt für den Schutz der Greifvögel im Freistaat“, so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer.
Kaniber hatte dies unter dem Eindruck der Auswilderung der ersten Bartgeier im Vorjahr angeordnet, da eine ihrer häufigsten Todesursachen eine Bleivergiftung ist. Damit vollzieht der Freistaat als deutschlandweit drittletztes Bundesland diese wichtige Schutzmaßnahme für seine Flächen. Eine Vorreiterrolle hingegen könnte Bayern beim Verzicht auf bleihaltige Munition auf seinen restlichen Flächen einnehmen, die von Privatjägerinnen und kommunalen Jägern bejagt werden. Erst in vier anderen Bundesländern ist dies bisher der Fall.
Leuchtturmprojekt zum Schutz
von See- und Steinadler
Die Bayerischen Staatsforsten konnten bei ihrer Umstellung auf viele positive Erfahrungen zurückgreifen, die ihre Jäger seit einem gemeinsamen Leuchtturmprojekt mit dem LBV zum Schutz von See- und Steinadler sowie dem Bartgeier gesammelt haben. Seit 2020 wurde dabei auf 17 der 41 bayerischen Forstbetriebe, was in etwa einem Drittel der Staatswaldfläche entspricht, zum Schutz der seltenen Greifvogelarten nur noch mit bleifreier Büchsenmunition gejagt. „Dass die Umstellung auf bleifreie Jagdmunition problemlos und sehr erfolgreich funktioniert, zeigen die bayerischen Berufsjäger bei den Staatsforsten und auch in den Nationalparken, die schon lange bleifrei jagen und das unter teilweise schwierigsten Bedingungen im Hochgebirge“, so der LBV-Experte David Schuhwerk.
Jagdflächen des Staatswaldes machen
nur ein Drittel der Waldfläche aus
Da die Jagdflächen des Staatswaldes im Freistaat allerdings nur ein Drittel der Waldfläche ausmachen, appelliert der LBV vor allem an alle Privatpersonen und an die Verantwortlichen der Körperschaftswälder, also Städte und Gemeinden, Kirchen und Stiftungen, ebenfalls umgehend freiwillig auf bleifreie Munition umzustellen, insofern dies noch nicht geschehen ist. „Da zwei Drittel der Wälder in Bayern von Privatjägerinnen und kommunalen Jägern bejagt werden, ist es ein genauso wichtiger Schritt, dass diese freiwillig auf bleihaltige Jagdmunition verzichten, wenn sie in Zukunft in ihren Revieren keine an Bleivergiftung verendeten Bartgeier, See- und Steinadler vorfinden wollen“, appelliert Norbert Schäffer. Für den Schutz seltener Vogelarten wäre eine komplett bleifreie Jagdausübung ein entscheidender Faktor zur Verbesserung ihrer Überlebensgrundlage. „Erst kürzlich wurde unter Mitarbeit des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung wieder eine große Studie veröffentlicht, die den erheblichen Einfluss von Bleivergiftungen auf Greifvogelpopulationen in Europa feststellt“, so David Schuhwerk weiter.
Zahlreiche Studien zu
bleifreier Munition
Alle Aussagen, die bleifreier Munition pauschal eine schlechtere Tötungswirkung, geringere Präzision, höhere Fluchtdistanz oder eine größere Gefährdung durch Querschläger zuordnen, sind durch zahlreiche Praxistests, Studien und Expertenaussagen widerlegt. Beispielsweise ergab eine DEVA-Studie (Deutsche Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen) im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums, dass es keinen signifikanten Unterschied im Abprallverhalten von bleihaltiger und bleifreier Büchsenmunition gibt.
Bei einer großangelegten Forschungsarbeit in mehreren Bundesländern zum Thema „Tötungswirkung bleifreier Büchsenmunition“, die ebenfalls im Auftrag des BMELV durchgeführt wurde, sowie der Nachfolgearbeit „Ergänzende Untersuchungen zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse“, konnte eindeutig gezeigt werden, dass die jagdliche Tauglichkeit und Tötungswirkung nicht vom Geschossmaterial, sondern von der Geschosskonstruktion, und ganz wesentlich von den Fähigkeiten des Schützen oder der Schützin abhängt und somit an der Herstellung von bleifreien Geschossen zur tierschutzgerechten und jagdpraxiskonformen Verwendung kein Zweifel besteht. „Vor der Umstellung auf bleifreie Munition gibt es einiges zu beachten. Reinigung, Munitionswahl und ein sorgfältiger Test von verschiedenen Laborierungen der gewählten Geschosskonstruktion mittels Einschießens am Schießstand sind unerlässlich, um eine passende Kombination zu finden. Nach diesen Maßnahmen steht jedoch einer erfolgreichen Umstellung nichts mehr im Wege“, erklärt der LBV-Experte.
Symbolischer Verzicht der
Staatsforsten auf Bleischrot
Der derzeitige Verzicht der Staatsforsten auf bleihaltige Jagdmunition umfasst nicht den Einsatz von Schrotmunition. Deren Verwendung ist im Staatswald, außer durch eine EU-Regelung in oder im Umfeld von Feuchtgebieten, noch ausgenommen. Zwar ist der Einsatz äußerst gering, allerdings wäre es ein wichtiges Signal auch hier komplett auf bleihaltige Munition zu verzichten. „In ihrer Vorbildfunktion für alle bayerischen Jägerinnen und Jäger sollten die Staatsforsten nun auch noch auf die Verwendung von Bleischrot auf ihren Flächen verzichten, einfach als symbolischer Akt, um tatsächlich komplett bleifrei zu jagen“, wünscht sich David Schuhwerk.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto: re)
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