Aschau im Chiemgau / Bayern – „Die Lage ist nicht ernst, sondern dramatisch!“. So wurde die Situation der Reha- und Vorsorgeeinrichtungen bei der Pressekonferenz des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises (GPA) beschrieben. Gefordert wird ein Verlängerung der Hilfen.
Die Pressekonferenz fand in der Klinik Sonnenbichl im Aschau im Chiemgau statt. Mit dabei waren zahlreiche Vertreter des Bayerischen Reha- und Vorsorgeeinrichtungen:
Der Gesundheits- und Pflegepolitische Arbeitskreis (GPA) der CSU fordert die Verlängerung der bestehenden Hilfen und Schaffung eines Ausgleiches für Kostensteigerungen für Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen und dessen Personal. Die Reha-Klinik-Landschaft müsse dabei nachhaltig gestärkt werden, denn die stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen seien ein Kernelement der Gesundheitsversorgung in Deutschland und das Bindeglied zwischen akutstationärer Versorgung und ambulanter Nachsorge.
„Die Reha- und Vorsorgeeinrichtungen leisten den wesentlichen Beitrag für die Teilhabe durch Wiedereingliederung in das Erwerbsleben und Vermeidung von Pflegebedürftigkeit. Bricht die Reha-Landschaft in sich zusammen, gehen unwiderruflich Strukturen und Angebote verloren. Dies würde einen für uns nicht hinzunehmenden nachhaltigen und irreversiblen Schaden für die Gesundheitsversorgung Bürger unseres Landes verursachen“, so Landtagsabgeordneter und GPA-Landesvorsitzender Bernhard Seidenath.
Kritik an Professor
Dr. Karl Lauterbach
„Es enttäuscht mich, dass auch die Ampel-Fraktionen im Deutschen Bundestag im parlamentarischen Prozess den Bitten und Hilferufen der Einrichtungen, Träger und Verbänden eine Absage erteilt haben. Ich kann nicht verstehen, wie Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach angesichts der Energiekrise keine Unterstützung für die Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen in Aussicht stellt.“, bestätigt die Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitikerin Emmi Zeulner.
„Ein Wegfall finanzieller Hilfen, Personaldruck und massive Kostensteigerungen führen zu einer existenziellen Notlage für die Kliniken und Einrichtungen und damit zu einer ebenso existentiellen Notlage für das gesamte Gesundheitssystem und für die Patientinnen und Patienten“, so der Rosenheimer GPA-Kreisvorsitzende Elmar Stegmeier.
Konkret seien deshalb zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen die folgenden Schritte notwendig:
• Verlängerung der Corona-Hilfen bei Minderbelegung durch ministerielle Verordnung bis 23.09.2022 und durch Gesetzesinitiative darüber hinaus (in pandemischen Lagen);
• Weiterhin Gewährung des Hygienezuschlags pro Behandlungstag, da die Mehraufwendungen – anders als behauptet – bestehen bleiben;
• Etablierung eines Inflations- und Energiekostenausgleichs durch einen Zuschlag pro Behandlungstag durch Gesetzesinitiative, da Verhandlungslösungen in kurzer Frist nicht greifen werden;
• Etablierung eines Nothilfeprogramms für Investitionen durch ein KfW-Programm, um sowohl betrieblich-organisatorische als auch technologische/technische Anpassungsmaßnahmen durchführen zu können;
• Förderung von Programmen zur psycho-sozialen Entlastung von Mitarbeitenden in Rehakliniken, v.a. in den unmittelbar patientenversorgenden Berufsgruppen. Alternativ: Gewährung von Unterstützungen oder Freibeträgen für die Inanspruchnahme derartiger Programme.
Denn nach über zwei Jahren struktureller und finanzieller Belastungen der Reha- und Vorsorgeeinrichtungen in der Corona Pandemie durch Schließungen, Kontakteinschränkungen und Hygienemaßnahmen würden die Einrichtungen weiterhin und durch die Ukraine-Krise bedingt zusätzlich enorm belastet, insbesondere durch:
- Wegfall der noch bestandenen Corona-Hilfen mit dem 30. Juni 2022
- Massive Sachkostensteigerung durch die hohe Inflationsrate
- Massive Energiekostensteigerung
- Keine oder geringe Möglichkeit die Mehrkosten an Patienten oder Kassen weiterzugeben (im Gegensatz zu anderen Branchen)
- Massive finanzielle Belastung des Personals (insb. auch für Berufspendler im ländlichen Raum)
- Massiver Arbeitskräftemangel (inzwischen über alle Berufsgruppen)
- Personallücken durch Dauerbelastung, einrichtungsbezogene Impfpflicht und Erkrankungen
- Massive Personalkostensteigerung
- Reduzierte Patientenzahlen aufgrund der weiterhin strengen Abstands- und Hygienemaßnahmen / einem sich ausbreitenden Infektionsgeschehen bei gleichzeitig steigendem Bedarf
Betroffen seien alle Reha- und Vorsorgeeinrichtungen. Alle Einrichtungen würden einen wichtigen und notwendigen Beitrag für das Gesundheitswesen leisten. Um das Familien- und Pflegesystem in Deutschland aufrecht zu erhalten, brauche es Unterstützung und Behandlung der Sorgekräfte. „Diesen Baustein des Gesundheitssystems nun ausbluten zu lassen, heißt die Folgen der Pandemie auf dem Rücken derer auszutragen, die den Hauptteil der Belastungen getragen haben“, heißt es in der betreffenden Pressemitteilung.
Die Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen durch Menschen im Erwerbsleben sei aufgrund der Pandemie stark rückläufig und stark schwankend. Dieser Belegungsrückgang sei wirtschaftlich nicht kalkulierbar und daher existenzgefährdend: Die Versorgung von Menschen nach Krankenhausaufenthalt beginnt früher als vor der Pandemie und konzentriert sich zunehmend auf vulnerable Menschen, die auch im häuslichen Umfeld oder im Krankenhaus nicht betreut werden können. Hinzu kommt eine direkte Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen bzw. Geschehen im Krankenhaus), was zum einen nicht mehr kalkulierbar ist und zum anderen v.a. die Mitarbeitenden in den entsprechenden Rehakliniken stark belastet.“
Kinder- und Jugendliche
hohen psychischen Belastungen ausgesetzt
Während der ersten zwei Jahre der Coronapandemie seien insbesondere Kinder und Jugendliche durch die Unterbindung von sozialen Kontakten und Fernunterricht hohen psychischen Belastungen ausgesetzt gewesen. Diese Belastungsfaktoren fordere in der Konsequenz nun einen hohen Bedarf vor allem an psychosomatischen und psychischen Rehabilitationsmaßnahmen, um die zukünftige Arbeitskraft zu sichern. Das weiter vorherrschende Infektionsgeschehen führe für die Klinken durch eine kaum noch kalkulierbare Belegungssteuerung zu hohen finanziellen Verlusten. Insbesondere die finanziellen Verluste durch vorzeitige Abreisen bei einer Corona-Infektion während der Rehamaßnahme oder kurzfristige Absagen aufgrund eines Infektionsgeschehens seien existenzbedrohend. Hinzu würden umfangreiche und notwendige Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie personelle Ausfälle kommen.
„Einrichtungsbezogene Impfpflicht
zudem ein Risiko für Besetzung freier Stellen“
Die einrichtungsbezogene Impfplicht stelle zudem ein hohes Risiko für die Besetzung von freien Stellen dar. Jährlich würden ca. 40.000 Kinder und Jugendliche in den spezialisierten Rehakliniken behandelt werden. Wenn dieses Leistungsangebot künftig nicht mehr angeboten werden könne, komme es unweigerlich zur Unterversorgung der Kinder und Jugendlichen. Es bestehe die große Gefahr, dass deshalb viele Einrichtungen im Bereich der Kinder- und Jugendrehabiliation nicht weiter bestehen können.
Eltern und ihre Kinder seien eine der am meisten ge- und überforderten Leidtragenden der Corona-Pandemie- Gerade sie würden jetzt und in Zukunft dringend medizinisch-therapeutische Behandlung sowie pädagogische Förderung brauchen, um durch die Folgen der Corona-Krise keine chronischen Gesundheitsschäden zu entwickeln. Die Corona-Generation benötige die zielgruppenspezifischen stationären medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen als Grundlage für die Gesundheit der Gesellschaft in der Zukunft: „Dieses Angebot muss langfristig gesichert bleiben für die mehr als 2,3 Millionen Mütter, Väter und Kinder, die in Deutschland eine solche Maßnahme dringend benötigen und nicht vergessen werden dürfen.“
(Quelle: Pressemitteilung GPA / Beitragsbild, Foto: GPA)
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