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„Sisi“ und „Nepomuk“ ausgewildert

Bartgeier

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

1. Juni 2023

Lesezeit: 4 Minute(n)

Berchtesgaden/Hilpoltstein – Bereits zum dritten Mal haben der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und der Nationalpark Berchtesgaden zwei junge, noch nicht flugfähige Bartgeier in einer Felsnische im Klausbachtal erfolgreich ausgewildert. Zuvor erhielten die beiden neuen Bartgeier im Rahmen eines Festakts ihre Namen „Sisi“ und „Nepomuk“.

Das auf zehn Jahre angelegte Projekt soll die zentraleuropäische, alpine Population dieser seltenen Vogelart stärken und mit den Beständen auf dem Balkan und in Kleinasien verbinden. Die Rückkehr des völlig harmlosen Greifvogels in die deutschen Alpen bildet so einen wichtigen geografischen Lückenschluss für die Art. Seit 2021 fliegt der Bartgeier wieder durch die Lüfte der deutschen Alpen, über 140 Jahre nach seiner Ausrottung durch den Menschen.
„Ein weiterer wichtiger Schritt in der Auswilderung des majestätischen Bartgeiers im östlichen Alpenraum ist geschafft. In den kommenden Jahren werden wir diese faszinierenden Vögel zunehmend häufiger in Bayern erleben dürfen“, freut sich der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Die beiden Jungvögel aus dem europäischen Zuchtprogramm stammen erstmals aus Österreich. „Sisi“ ist im Alpenzoo Innsbruck geschlüpft, „Nepomuk“ in der Richard-Faust-Bartgeier-Zuchtstation Haringsee. Er wurde in den vergangenen Wochen vom Bartgeierpaar des Nürnberger Tiergartens adoptiert und großgezogen. Auch der Leiter des Nationalparks Berchtesgaden Dr. Roland Baier freut sich: „Der Bartgeier steht als Knochenverwerter an letzter Stelle in der Nahrungskette und ist bis heute ein fehlendes Glied im immerwährenden Kreislauf aus Werden und Vergehen im Nationalpark. Mit der Auswilderung des Bartgeiers wird unsere ursprüngliche Artenzusammensetzung wiederhergestellt. Die beiden Jungvögel sind außerdem ein schönes Geschenk zum 45. Nationalparkgeburtstag.“

„Erfolgsprojekt geht in die dritte Runde“

Beim offiziellen Festakt, zu dem auch Bartgeier-Fans aus ganz Deutschland und aus weiten Teilen der Alpenregionen angereist waren, gratulierten im Kreis der geladenen Gäste auch die stellvertretende Landrätin Elisabeth Hagenauer und der Amtschef des Bayerischen Umweltministeriums Dr. Christian Barth. „Das Erfolgsprojekt geht in die dritte Runde: Zwei weitere Bartgeier werden in Bayern ausgewildert. Der LBV und der Nationalpark Berchtesgaden leisten wertvolle Arbeit für mehr Artenvielfalt in Bayern. Unser gemeinsames Ziel: Die Bartgeier sollen in Bayern wieder heimisch werden. Das Bayerische Umweltministerium unterstützt das Artenschutzprojekt bis Ende 2023 mit rund 610.000 Euro“, sagt Dr. Christian Barth.

Zum ersten Mal Bargeier-Männchen ausgewildert

Zum ersten Mal im Projekt wurde mit „Nepomuk“ ein Bartgeier-Männchen ausgewildert. „An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig die Zusammenarbeit verschiedener Einrichtungen für den Artenschutz ist. Zentrale Koordination, Naturschutz vor Ort sowie die Arbeit von Zoologischen Gärten und Zuchtstationen gehen hier Hand in Hand“, sagt die Kuratorin des Tiergartens Nürnberg Diana Koch.

Ankunft der Geier in Berchtesgaden

Nachdem die beiden noch nicht flugfähigen Vögel am Vortag aus Innsbruck und aus dem Tiergarten Nürnberg nach Berchtesgaden gebracht worden waren, wurden sie dann erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Amtschef Dr. Christian Barth übernahm hierbei die feierliche Verkündung der beiden Bartgeiernamen. Das Bartgeiermännchen trägt den Namen „Nepomuk“. Das Radiopublikum vom Bayern 2 hatte über 500 Vorschläge eingereicht, aus denen eine Jury aus Vertretern des Nationalparks Berchtesgaden sowie vom Bayerischen Rundfunk schließlich den Namen für den jungen Geier ausgewählt hat. Der Name „Sisi“ für den Vogel aus Innsbruck wurde von Dagmar Knigge und André Turiaux, zwei großzügigen Spendern des LBV, vergeben, weil der Name die Verbindung zwischen Österreich und Bayern gut zum Ausdruck bringt.
Anschließend trugen Mitarbeitende von Nationalpark und LBV die beiden Junggeier in Tragekisten den Berg zur Auswilderungsnische hinauf. Ab Erreichen des weglosen Geländes in der sogenannten Halsgrube war nur noch ein kleines Team aus Experten, Trägern und Nationalpark-Rangern zugelassen. Der anspruchsvolle Steilhang und die Querung über Felsplatten in die eigentliche Nische hinein waren auf den letzten Metern mit Sicherungsseilen versehen, auch trugen alle Beteiligten wegen der Steinschlaggefahr Helme. „Nach dem geglückten Anstieg haben wir Sisi und Nepomuk in zuvor vorbereitete Nester aus Fichtenzweigen und Schafwolle gesetzt. Anschließend wurden sie noch einmal untersucht und das erste Futter aus Gamsknochen in der Nähe platziert. Danach haben wir uns direkt zurückgezogen, um den beiden Geiern die Eingewöhnung in ihre neue Heimat zu ermöglichen“, erklärt LBV-Projektleiter und Bartgeierexperte Toni Wegscheider.

Die 6 mal 20 Meter große eingezäunte Felsnische liegt in etwa 1.300 Metern Höhe. Dort werden die rund 90 Tage alten Bartgeier von nun an ohne menschlichen Kontakt weiter aufwachsen und das Fliegen üben. Wissenschaftler*innen werden die Vögel in den kommenden Wochen rund um die Uhr von einem nahegelegenen Beobachtungsplatz aus durch installierte Infrarotkameras und einem Livestream überwachen. „Die durchgehende Beobachtung ermöglicht uns, Unregelmäßigkeiten sofort zu erkennen. So können wir den beiden Vögeln einen optimalen Schutz bieten“, so Toni Wegscheider. Das Auslegen von Futter ohne direkten menschlichen Kontakt erfolgt je nach Bedarf im Abstand von mehreren Tagen.

Jungfernflug in den nächsten Wochen

Der selbständige erste Ausflug der beiden Vögel dürfte nach ausgiebigen Flugübungen in etwa vier bis fünf Wochen stattfinden. „Dann sind ihre Flügel stark genug, um mit einer Spannweite von bis zu 2,90 Meter ihre rund sechs Kilo Körpergewicht in die Luft zu heben“, sagt Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel. Danach werden sie vor ihrem endgültigen Aufbruch zur Erkundung des europäischen Alpenraums noch bis in den Spätsommer in der näheren Umgebung der Felsnische im Nationalpark anzutreffen sein. Dort legt das Team bei Bedarf auch weiterhin Nahrung aus und überwacht die Bartgeier.

Live-Webcam in Felsnische

Interessierte können die Entwicklung und Flugübungen der beiden Bartgeier in den kommenden Wochen und Monaten wie bereits in den Vorjahren im Internet mitverfolgen. Die Geschehnisse in der Auswilderungsnische werden live auf der Webseite des LBV unter www.lbv.de/bartgeier-webcam sowie unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de mit der aktuell weltweit einzigen Bartgeier-Live-Webcam übertragen. Die ersten Flugversuche und der weitere Lebensweg der beiden Vögel können anschließend in den nächsten Monaten und Jahren ebenfalls im Internet mitverfolgt werden. Dank der GPS- Sender auf dem Rücken der Bartgeier werden die zukünftigen Flugrouten der Vögel auf einer Karte unter www.lbv.de/bartgeier-auf-reisen dargestellt.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)

 

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