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Junge Bartgeier gehen auf Endeckungstour

Vogel der Fliegt

Josefa Staudhammer

Ihr Traumberuf ist Journalistin. Sie steht zwar noch am Anfang ihrer Karriere, hat aber schon einige Erfahrung auf diesem Gebiet sammeln dürfen. Besonders am Herzen liegt ihr die Vernetzung von Innpuls.me mit Social Media. Außerdem ist sie Euere Ansprechpartnerin für Interviews und Jugendstorys aus der Region Rosenheim.

21. September 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

Hilpoltstein / Bayern – Auf geht´s in die Alpen: Ausgewilderte Bartgeier haben den Nationalpark Berchtesgaden verlassen und fliegen Richtung Alpen.

Der Ende Mai durch den bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und den Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier Nepomuk ist am 16. September aus seinem bisherigen Aufenthaltsgebiet im Nationalpark aufgebrochen und erkundet nun den österreichischen Nationalpark Hohe Tauern. Nur einen Tag später folgte die ebenfalls in diesem Jahr ausgewilderte Bartgeierdame Sisi in dieselbe Region der österreichischen Zentralalpen. „Es freut uns ungemein, dass Nepomuk, der jünger und deutlich kleiner als seine Gefährtin Sisi ist, nun als erster den großen Schritt hinaus in die Wildnis der Alpen wagt“, sagt LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Wie alle jungen Bartgeier werden die beiden Vögel in den nächsten Jahren über weite Teile des Alpenbogens fliegen und dabei tausende Kilometer zurücklegen. Damit ist die dritte Saison im gemeinsamen Auswilderungsprojekt des Bartgeiers in Bayern weitgehend abgeschlossen. Dank GPS-Sendern auf dem Rücken der Vögel können Bartgeier-Fans die Flugrouten aller bisher ausgewilderten Geier durch Europa online mitverfolgen unter www.lbv.de/bartgeier-auf-reisen.

Nepomuk startet mit 107 Tagen seinen Jungfernflug

Im Juni startete das zierliche Bartgeiermännchen Nepomuk außergewöhnlich früh zu seinem Jungfernflug im Alter von nur 107 Tagen. Im Durchschnitt brechen junge Bartgeier erst nach 120 Tagen zum ersten Flug auf. Obwohl Nepomuk sich in der ersten Phase seiner Flugübungen sichtlich schwer tat mit Sisi mitzuhalten, holte er seinen Rückstand bald auf. „Im Spätsommer war Nepomuk deutlich entdeckungsfreudiger als seine Artgenossin Sisi. 100 Kilometer Flugstrecke pro Tag waren bei seinen Ausflügen bis nach Tirol und in die Salzburger Kalkalpen keine Seltenheit“, so Nationalparkleiter Dr. Roland Baier. Nun legte Nepomuk eine beachtliche Distanz von über 300 Kilometer nach Süden in die Zentralalpen des österreichischen Nationalparks Hohe Tauern zurück.
Wie schon Recka, Dagmar und Bavaria aus den ersten beiden Projektjahren werden Nepomuk und Sisi nun mindestens zwei bis drei Jahre den Alpenraum durchstreifen und dabei Ausschau nach Nahrung und anderen Bartgeiern halten. Sie fliegen dabei durch Gebiete von bis zu 10.000 Quadratkilometern. Um sesshaft zu werden und ein Revier zu gründen, kehren die meisten Bartgeier allerdings wieder in ihre Herkunftsregion zurück. Das Bartgeier-Team von LBV und Nationalpark Berchtesgaden ist also optimistisch, beide Vögel in einigen Jahren wieder im weiteren Umfeld des Nationalparks beobachten zu können. „Auch wenn wir durch die GPS-Sender die Flugrouten aller Geier gut überwachen können, bitten wir darum, Bartgeiersichtungen an bartgeier@lbv.de zu melden. Am besten mit einem Foto, denn selbst auf einem Handybild lassen sich oft überraschend viele Details finden“, so Toni Wegscheider.

Sisi bricht nur einen Tag nach Nepomuk auf

In diesem Jahr war für die Experten besonders spannend, dass Sisi nur einen Tag nach Nepomuk aus dem Nationalpark aufgebrochen ist. In den bisherigen beiden Projektjahren dauerte es jeweils einige Wochen bis nach dem ersten Bartgeier auch dessen Artgenosse dauerhaft abgeflogen ist. „Zum Ende ihrer Zeit im Nationalpark kreisen die Geierjungvögel zwar noch direkt über den bestückten Futterplätzen, finden nun aber in den umliegenden Bergen so viel natürliches Aas, dass sie auf die zusätzlichen Futtergaben durch unsere Team verzichten können“, erklärt Dr. Roland Baier. Als reine Aasfresser suchen Bartgeier beispielswiese nach toten Gämsen oder den Überresten anderer, verendeter Wildtiere, deren Knochen sie verwerten.
Bis etwa 2030 sollen im Nationalpark Berchtesgaden jährlich zwei bis drei Bartgeier ausgewildert werden, um langfristig einen Brutbestand dieses imposanten, einst vom Menschen ausgerotteten Alpenbewohners aufzubauen. Da beide Geier in den nächsten Wochen immer noch gelegentlich in ihr bisheriges Aufenthaltsgebiet im Nationalpark Berchtesgaden zurückkehren werden, finden die kostenlosen Bartgeierwanderungen von LBV und Nationalpark Berchtesgaden noch bis auf weiteres statt.

Offizielle Bartgeier-Führungen

Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich alle Gäste täglich von 10 bis 16 Uhr bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Sisi und Nepomuk gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen.

Zum Projekt:
Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen. Mehr Informationen zum Projekt unter www.lbv.de/bartgeier-auswilderung.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: re)

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