Rosenheim – Das Rosenheimer Stadtspiel feierte am gestrigen Freitagabend (28.6.2024) auf dem Ludwigsplatz Premiere. Die rund 280 Zuschauer bekamen Heimatgeschichte zum Anfassen und Nachdenken geboten – mit erstaunlich vielen Parallelen zur heutigen Zeit. Am Schluss gab es für das gelungene Schauspiel sogar Standing Ovations.
Auch tierische Mitwirkende sind beim Rosenheimer Stadtspiel wieder mit dabei. Fotos: Innpuls.me
Das erste Rosenheimer Stadtspiel fand 1995 als Begleitveranstaltung zur Lokschuppen-Ausstellung „Salz, Macht, Geschichte“ statt. Der Erfolg war mit insgesamt 10.000 Zuschauer groß und deswegen wurde dieser kurzweilige Art des „Geschichtsunterrichts“ zum festen Programmpunkt beim Theater Rosenheim. Seitdem wird alle zwei Jahre, mit Ausnahme während der Zeit der Corona-Pandemie, ein Open-Air-Stadtspiel im Herzen der Stadt aufgeführt. Das Besondere dabei ist, dass den Zuschauern jedes Mal ein neues Stück präsentiert wird.
In der Vergangenheit spielten dabei sehr oft kriegerische Auseinandersetzungen und Belagerungen eine Rolle. Das ist diesmal nicht der Fall. Das neue Stück spielt in den Jahren zwischen 1835 bis 1864. Zu dieser Zeit steht Rosenheim am Rande einer technischen Revolution, die Ankunft der Eisenbahn steht bevor – eine Neuerung, die das Leben der Marktbewohner grundlegend verändern wird. Um dies zu erreichen braucht es aber die Anerkennung als Stadt und die Ansiedlung des Bezirksgerichts.
Der Titel „Aufbruch“ ist damit passend gewählt. Das Rollenbuch dazu stammt erneut aus der Feder von Regisseur Horst Rankl, der dafür wieder viel Zeit mit Recherche in Archiven und alten Schriften verbracht hat.
Horst Rankl begrüßt die Besucher.
Interessanterweise findet sich in diesem Kapitel der Rosenheimer Stadtgeschichte viele Parallelen zur heutigen Zeit, beispielsweise kommen mit dem Bau der Eisenbahn viele Wanderarbeiter nach Rosenheim und das führt zu Spannungen in der Gesellschaft. Hinzu kommen noch königliche Affären und die politischen Wirren der Revolution von 1848.
Ruhig und friedlich bleibt es damit auch bei dem neuen Stadtspiel nicht. Diesmal stehen aber mehr alltägliche Probleme im Mittelpunkt. Jogi Gaschke, einer der 45 Mitwirkenden mit Sprechrollen, gefällt das sehr gut. „Das ist diesmal eine ganz andere Geschichte“, sagt er. Gaschke hat bis jetzt bei jedem Rosenheimer Stadtspiel mitgewirkt. Diesmal verkörpert er den Bürgermeister – oder eher gesagt die Bürgermeister, denn die haben in dem Zeitraum, in dem die Geschichte spielt, mehrmals gewechselt.
Die Frauen mischen kräftig mit, wenn es um die Politik in der Stadt geht.
Nicht nur die Handlung ist neu, Horst Rankl hat diesmal auch dafür gesorgt, dass noch mehr Tempo in das Spiel kommt, indem die Besucher die Zeitspanne von knapp 30 Jahren mittels 46 kurzen Szenen quasi in einer Art Zeitraffer miterleben können.
Die Vertreter der Eisenbahn kommen in die Stadt.
Gut zwei Stunden dauerte die Aufführung. Während bei der Generalprobe Tags zuvor noch einiges schief ging, wie einige der Theaterspieler schmunzelnd verrieten, gab es bei der Premiere nur noch ein paar ganz kleine Patzer. Zum Beispiel waren die Theaterspieler zu Beginn gar nicht mehr zu halten und liefen bereits auf den Platz ein, als Horst Rankl noch dabei war, die Besucher zu begrüßen.
Sowohl Besucher als auch Theaterspielen nahmen das mit Humor. Noch einmal zurück zum Anfang und schon klappte der Einstieg reibungslos. Alle Mitwirkenden waren mit Begeisterung bei der Sache. Höhepunkte waren wie immer die Auftritte der Pferdekutschen und Reiter.
Und natürlich darf auch bei „Aufwärts“ die Liebe nicht zu kurz kommen. Immer wenn sich das Liebespaar auf der Bühne begegnete und küsste, kamen aus dem Publikum leise Seufzer.
Manchmal geht es ganz schön hoch her auf der Bühne.
Das Stadtspiel lebt von Handlung und der großen Spielfreude der vielen Mitwirkenden vor und hinter der Bühne, außerdem von den farbenfrohen historischen Kostümen. Viele Accessoires braucht es da dann nicht. Der Ludwigsplatz an sich ist Kulisse genug.
Zu jedem Rosenheimer Stadtspiel gehört auch ein Liebespaar.
Am Schluss gab es für das Spiel begeisterten Applaus und sogar Standing Ovations. 9 weitere Termine stehen auf dem Programm. Bei schlechtem Wetter gibt es Ersatztermine. Vor jeder Aufführung wird um 18.30 Uhr außerdem eine Stadtführung passend zum Thema angeboten. Alle Infos dazu gibt es hier.
(Quelle: Artikel: Karin Wunsam / Beitragbild, Fotos: Karin Wunsam)
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