Bad Endorf / Landkreis Rosenheim – IBA? Wer davon noch nie gehört hatte, war jüngst beim Themenabend im Kultursaal Bad Endorf (Landkreis Rosenheim) sehr willkommen, wie auch jene, die über die IBA gerne noch Konkreteres wissen wollten.
Die Abkürzung IBA steht für Internationale Bauausstellung und will so ganz und gar keine Ausstellung sein – zumindest nicht am Anfang ihrer zehnjährigen Laufzeit. Denn was sich hier unter dem Motto „Räume der Mobilität“ entfaltet, ist eigentlich ein spannendes Experiment, im Großen wie im Kleinen. An dessen Anfang stehen Ideen, ausgestellt wird erst zum Schluss.
In Kooperation mit der Marktgemeinde Bad Endorf und dem TAO, Treffpunkt Architektur Oberbayern der Bayerischen Architektenkammer, stellte der Lionsclub Bad Endorf-Chiemgau die Idee der IBA einen Abend lang in den Mittelpunkt. Der Kultursaal Bad Endorf war dafür ein stichwortgebender Ort: Bürgermeister Loferer sieht seinen Kurort als einen „Ort der Mobilität“, ein Ort, in dem Mobilität neu trainiert wird, wo Genesung und Bewegung Hand in Hand gehen.
Bekannte Beispiele für eine IBA vorgestellt
Christine Degenhart, Architektin und diesjährige Präsidentin des Lions Clubs, hatte als Initiatorin der Veranstaltung den Geschäftsführer der noch jungen IBA GmbH eingeladen: Professor Dr. Oliver Weigel, der in seinem Eingangsstatement die bekanntesten Beispiele für eine IBA ( das Format steht in einer hundertjährigen Tradition) vorstellte. Die Mathildenhöhe in Darmstadt, die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, der Emscherpark im nördlichen Ruhrgebiet, sie eint das Ziel, mit neuen Ideen und Projekten Impulse zu setzen. Und zwar dort, wo ein Wandel für erforderlich gehalten wird.
Hornhautbank in Planung
Für die hiesigen Akteure bedeutet das , Stadt und Land so zu gestalten, dass sie lokal lebenswert bleiben und gleichzeitig Weichen für eine zukunftsfähige Entwicklung stellen können. Dazu gehören auch Themen, die im Raum nicht direkt sichtbar werden; etwa die Neuorganisation bestehender Strukturen oder die Förderung von neuen Kooperationen zwischen Kommunen und der Wirtschaft. Ein einprägsames Beispiel aus dem Bereich der Gesundheit lieferte der Lions Club Chiemsee-Westufer. Gemeinsam mit dem Augencentrum Rosenheim wird eine Hornhautbank entstehen, die von Lions Clubs aus der Region maßgeblich unterstützt wird. Im Mittelpunkt steht die Hornhauttransplantation, die einem Großteil der Patienten das Augenlicht zurückgeben kann. Die erkrankte Hornhaut wird dabei gegen die gesunde eines Spenders ausgetauscht. Um in einem regional begrenzten Raum möglichst schnell möglichst viele Empfänger versorgen zu können, gibt es das Modell der Hornhautbank – aus der Region für die Region – bei optimierter Mobilität. Dr. Gerardo Farese ist einer der Hauptakteure des Projekts, das er im Kultursaal vorstellte.
„Guerilla-Projekte“ durchaus erwünscht
Professor Dr. Oliver Weigel schloss mit weiteren Gedanken zu Projektideen ab, die aus der Bevölkerung, der Wirtschaft, der Forschung kommen müssen. Keineswegs werden dabei nur die großen Infrastrukturprojekte unterstützt. Die beste Grundlage für Lernprozesse und Weiterentwicklungen böten kleinräumliche Experimente. Ein Beispiel zur Verbesserung der Mobilität griffen die Vertreter der Projektgruppe Barrierefreies Bauen auf, die sich mit der Nutzbarkeit des Öffentlichen
Personennahverkehrs für Menschen mit Behinderungen und alte Menschen beschäftigen. Hier seien, so Weigel, „Guerilla-Projekte“ durchaus zulässig, die auf kleinem Raum Unerhörtes ausprobieren, um zu wachsen oder um auch mal zu scheitern. In seinem Statement zur IBA ging Architekt und Bürgermeister Loferer auf genau diese Lernprozesse ein: Aus jedem Erfolg wie auch aus jedem Scheitern müssten systematisch Lehren gezogen werden, es komme nur darauf an, wie man die jeweiligen Erkenntnisse verarbeitet. Die Aufgabe der IBA GmbH dabei ist es, die Projekte mit fachlicher Expertise zu begleiten, passende Mitstreiter zu finden, Fördergelder zu akquirieren und die Einzelprojekte in einen Gesamtkontext zu stellen.
In der abschließenden Diskussion ging es interessanterweise auch um Vermeidung von Mobilität, etwa durch Schaffung von Büroangeboten, sogenannter „Co-Working-Spaces“, in Kommunen, zur Reduktion von Pendlerfahrten bei gleichzeitiger Umgehung eines für viele Personen schwierigen Homeoffice-Umfeldes. Das IBA-Thema dürfe also durchaus auch metaphorisch begriffen werden.
Das Resümee der Veranstalter zum IBA-Themenabend:: „Die Potentiale der IBA müssen in der Region bewusst gemacht werden. Denn allein an diesem Abend gab es diverse Ideen für kleinräumige Projekte, die nur darauf warten, aus der Taufe gehoben zu werden“
(Quelle Artikel: re / Beitragsbild: re, zeigt von links:
Jörg Hofmann, Schatzmeister Lions Club Chiemsee-Westufer Christine Degenhart, Architektin, Präsidentin Lions Club Bad Endorf-Chiemgau Professor Dr. Oliver Weigel, Geschäftsführer IBA GmbH Dr. med. Alexander Simon, Lions Club Chiemsee-Westufer Alois Loferer, Architekt, Bürgermeister Marktgemeinde Bad Endorf Dr. med. Gerardo Farese, Augencentrum Rosenheim Hans Romstätter, Architekt, Vorsitzender TAO, Traunstein Doris Lackerbauer, Architektin, Vorstand Bayerische Architektenkammer, Leiterin des Staatlichen Bauamtes Rosenheim Ingrid Reiser, Vorsitzende Hilfswerk Lions Club Bad Endorf-Chiemgau)
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