Deutschland / Bayern / Rosenheim – Reptilien als Terrarientiere erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie müssen aber ebenso wie unsere einheimischen wild lebenden Arten eine Winterruhe einlegen. In der Natur würden sie sonst nicht überleben können. Halter müssen im Hebst also einige Vorkehrungen treffen.
Die meisten hierzulande gehaltenen Reptilienarten kommen aus subtropischen oder tropischen Gebieten. Doch auch dort ist es, wie in unserer gemäßigten Zone, nicht das ganze Jahr über gleich warm. In einigen Fällen sind es Hitzeperioden, meist aber Kälteperioden, die Reptilien in der Natur überdauern können, indem sie sich zurückziehen. „Reptilien sind wechselwarm, das heißt ihr Körper muss nicht wie bei Säugetieren mit hohem Energieaufwand bei einer festen Körpertemperatur gehalten werden“, erklärt der auf Reptilien spezialisierte Tierarzt Kornelis Biron. „Bei diesen Tieren kühlt der Körper einfach mit ab und alle Stoffwechselvorgänge werden so stark reduziert, dass sie ohne Energiezufuhr einige Wochen und Monate problemlos im Ruhemodus auf lebensfreundlicheres Klima wartend ausharren können.“
Anders als in der Natur können Reptilien im heimischen Terrarium mittels Technik über das ganze Jahr hinweg gleichbleibende Bedingungen geboten werden. Ist eine Winterruhe für die Tiere dann überhaupt notwendig? „Auf jeden Fall“, betont Biron. „Die Physiologie der Tiere verlangt den jahreszeitlichen Rhythmus genauso wie den Tag-Nacht-Rhythmus. Würden wir den Tieren diese Pause verwehren, hätte dies schwere gesundheitliche Folgen. Hormonhaushalt und Immunsystem würden nicht wie gewünscht funktionieren, Reproduktionszyklen kämen aus dem Gelichgewicht und es käme, vor allem bei Jungtieren sichtbar, zu Fehlbildungen und irreversiblen Skelettschäden durch zu schnelles Wachstum.“
Nur akute, schwere Erkrankungen sollten einen Grund darstellen, die Winterruhe hinauszuzögern oder gar ausfallen zu lassen, ein einfacher Wurmbefall jedoch nicht.
Mit folgenden Aktivitäten sollten Reptilienhalter ihre Tiere nun unterstützen, um sie gesund durch den Winter zu bringen:
Mit folgenden Aktivitäten sollten Reptilienhalter ihre Tiere nun unterstützen, um sie gesund durch den Winter zu bringen:
Die richtige Vorbereitung
Noch in der Aktivitätsphase der Tiere ist es sinnvoll, einen Gesundheitscheck beim Tierarzt durchführen zu lassen. Dieser erkennt eventuelle Trächtigkeit oder gesundheitliche Probleme, die möglichst vor der Winterruhe abgestellt werden sollten. Dies umfasst auch eine Kotuntersuchung auf Parasiten. Auch scheinbar gesunde Tiere können von Parasiten wie Würmern oder Einzellern befallen sein, ohne dass es auffällt. Unbehandelt können die sonst nicht erkennbaren Infektionen zu leicht vermeidbaren Schäden führen. Je nach Art der Infektion muss nach der Behandlung noch ausreichend Zeit verbleiben, in der das Tier noch Nahrung aufnimmt und Kot absetzt, um etwa abgetötete Würmer auch ausscheiden zu können, damit sie nicht im ruhenden Darm verrotten. „Insbesondere bei Tieren, die im Freigehege gehalten werden, wie zum Beispiel mediterrane Landschildkröten, sollte mit der Untersuchung und eventuellen Behandlung rechtzeitig begonnen werden. Bei einem plötzlichen Kälteeinbruch wäre es äußerst schädlich für die Tiere, sie künstlich warm und somit aktiv zu halten“, erläutert der Tierarzt. „Die Vorbereitung auf die Winterruhe verläuft bei den Tieren über Wochen, ohne dass wir es mitbekommen. Der Körper stellt sich, angeregt durch kürzere und kältere Tage, langsam auf die Winterruhe ein. Dies sollten wir weder unterbrechen noch es von heute auf morgen beschleunigen.“ Im Terrarium muss also rechtzeitig mit dem Drosseln der Beleuchtung begonnen werden. Dies geschieht am einfachsten mit der schrittweisen Verkürzung der Beleuchtungszeit an der Zeitschaltuhr und durch Entfernen zusätzlicher Strahler, bis am Ende quasi „der Stecker gezogen wird“.
Die Tiere werden in der Folge inaktiver und verlieren den Appetit. Futter sollte angeboten werden, solange die Tiere es aufnehmen wollen. Sie sollen weder ausgehungert werden, noch benötigen sie einen Fettvorrat, wie manche Säugetiere, für ihren Winterschlaf. Allerdings sollte auf „Leckereien“ verzichtet werden. Bartagamen zum Beispiel sollten nur noch (getrocknete) Wiesenkräuter angeboten bekommen und keine Insekten mehr. Bevor die Tiere sich endgültig zurückziehen, sollte der Darm so leer wie möglich sein. Der eingedickte Kot kann sonst Probleme beim Absatz im Frühjahr machen und Darmbakterien bleiben in jedem Fall ausreichend vorhanden. Bei den meisten Arten ist ein warmes Bad hilfreich, um den Kotabsatz und auch die Wasseraufnahme zu unterstützen.
Artgerechte Überwinterung
Wie bei der Haltung sind auch bei der Überwinterung die artabhängigen Bedürfnisse der Tiere zu berücksichtigen. Reptilienfreunde sollten sich daher im Vorfeld ausführlich über die geeignete Überwinterungstemperatur ihres Tieres informieren, beispielsweise mit Fachliteratur, bei Reptilienverbänden oder einem Tierarzt. In Internetforen werden, meist aus Unwissenheit, leider häufig falsche Ratschläge gegeben, daher sind solche Quellen mit Vorsicht zu genießen.
Viele beliebte Arten wie Bartagamen, Leopardgeckos oder Kornnattern können bequem im Terrarium überwintern, sofern es nicht in einem zu lauten, hellen oder warmen Raum steht. Über 18 Grad Celsius sollte es möglichst nicht werden. Ein kleines Kunststoffterrarium, das sich an einem kühleren Ort unterbringen lässt, ist hier auch eine gute Lösung. Die Tiere benötigen einen engen Unterschlupf und ausreichend Feuchtigkeit im Substrat, jedoch kein Futter oder viel Platz. Manche Halsbandleguane oder Strumpfbandnattern kommen, wie alle europäischen Arten ähnlich den Landschildkröten, hingegen besser in Moos eingebettet in einer Kiste im Kühlschrank unter. Bei europäischen Landschildkröten ist es besonders wichtig, die Tiere nicht zu warm zu überwintern. „Hier werden die meisten Fehler gemacht“, so Biron, „da die Halter sich zu viele Gedanken machen. Seit Millionen von Jahren schaffen es die Tiere ohne unsere Hilfe. Wir müssen dafür sorgen, dass sie trotz unserer Hilfe gut über den Winter kommen.“
Reptilien in den Kühlschrank stellen?
Auch wenn es besonders nachts kalt wird, muss man sich um die Tiere keine Sorgen machen, sie können ja nicht frieren. Man sollte sie aber weder künstlich warmhalten, noch ihnen durch ein zu frühes Einwintern die Möglichkeit geben, die letzten Sonnenstrahlen des Jahres noch zu nutzen. Die Vorstellung, ein lebendes Tier in den Kühlschrank zu stecken, verursacht bei vielen Menschen Unbehagen. Eine „natürlicher“ erscheinende Überwinterung in einer Kiste im Keller, einer Grube im Garten oder gar „sich einfach selbst eingraben lassen“ ist jedoch die Ursache vieler Verluste.
Damit die Tiere wirklich ruhen, sollte die Temperatur nicht über 5 Grad Celsius steigen. Gleichzeitig sollten die Tiere vor Frost und Nagerfraß geschützt werden. Dies lässt sich nur mit einem Kühlschrank sicher bewerkstelligen. Vor allem können die Tiere so auch jederzeit kontrolliert werden. Aus hygienischen Gründen und wegen der konstant niedrigen Temperatur sollte ein extra Kühlschrank verwendet werden. Um Energie zu sparen und um die Gefahr eines defekten Thermostats zu verringern, empfiehlt sich der Einsatz eines neueren Gerätes.
Da es sich um eine Kältestarre und keinen Schlaf handelt, „wachen“ die Tiere nicht auf, wenn man einmal pro Woche den Kühlschrank öffnet (dies reicht übrigens auch zum Luftaustausch völlig aus) und die Tiere zur Kontrolle kurz herausnimmt. Bei dieser Kontrolle werden die Tiere gewogen, der Bauchpanzer auf Einblutungen untersucht und auf sonstige Auffälligkeiten wie Nasenausfluss geachtet. Damit dies schnell geht, sollten die Tiere nicht in Erde oder spezielle Überwinterungssubstrate vergraben sein, von denen man sie erst noch befreien müsste und die zudem oft Hautentzündungen verursachen. Es gibt viele mögliche Substrate, am besten hat sich Sphagnum-Moos bewährt, das leicht angefeuchtet wird. Ist bei dieser Kontrolle etwas auffällig, besteht kein Grund zur Panik und dem Abbruch der Winterruhe. Die Tiere sollten lieber gekühlt zum spezialisierten Tierarzt gebracht werden, der dann entscheidet, ob und welche Maßnahmen notwendig sind. Wer sich hier unsicher ist oder andere Fragen hat, kann auch eine tierärztliche Onlineberatung nutzen, wie sie auf www.reptilientierarzt.de angeboten wird.
Frühlingserwachen
Nach zwei bis drei Monaten können die Lampen im Terrarium langsam wieder eingeschaltet werden, zuerst nur wenige Stunden am Tag, dann steigernd bis zur vollen Beleuchtungsdauer im Frühsommer. Die Tiere kommen aus ihren Verstecken, beginnen sich zu sonnen, fangen bald an zu fressen und gehen ihren Frühjahrsaktivitäten nach.
Die Freilandbewohner, die im Kühlschrank überwintern, sollte man allerdings so lange dort belassen, bis das Wetter draußen wieder schildkrötengerecht ist. Es ist kein Problem, wenn die Tiere auch mal fünf oder sechs Monate ruhen. Ein Frühjahr oder Herbst unter künstlicher Beleuchtung ist kein Zugewinn für das Wohlergehen der Tiere. Will das Frühjahr aber partout nicht richtig kommen, so kann man in den ersten Wochen nach dem „Wecken“ morgens eine halbe Stunde eine Metalldampflampe und ein warmes Bad nutzen, um die Tiere bis zu den wärmeren Sonnenstunden „aufzuladen“. Ganztägig sollte die künstliche Wärme jedoch nicht zur Verfügung stehen. Es wäre nicht gesund, den Organismus immer auf Hochtouren laufen zu lassen.
Auch im Frühjahr bietet sich nochmals eine Kotuntersuchung an. Wenn die Tiere sich in einem Übergangsgehege befinden beziehungsweise ohnehin eine Terrarienreinigung ansteht, kann man bei einer eventuellen Behandlung durch Quarantänehaltung die besten Erfolge erzielen. Informationen zu Parasiten und notwendigen Untersuchungen findet man auf www.reptilienlabor.de.
(Quelle: Pressemitteilung IVH / Beitragsbild: Symbolfoto re)
(Quelle: Pressemitteilung IVH / Beitragsbild: Symbolfoto re)
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