Rosenheim – Die Bestürzung ist groß, nachdem am gestrigen Montag das Aus für Karstadt Rosenheim bekannt wurde. Mittlerweile sickern immer mehr Details darüber durch, wie die Mitarbeiter über diese Entscheidung informiert wurden und diese aufgenommen haben. Wie es nun weitergeht, darüber hat Innpuls.me mit dem Rosenheimer CSU-Stadtrat Herbert Borrmann gesprochen, der über 48 Jahre für das Unternehmen tätig war.
Die Nachricht kam bei weitem nicht aus heiterem Himmel. Das Galerie Karstadt Kaufhof weitere Filialen schließen wird, stand längst fest. Aber dass nun auch der Standort Rosenheim betroffen ist, damit hat in der Stadt kaum jemand gerechnet. Denn die Kriterien für die Schließung eines Standorts, die die Runde machten, trafen allesamt nicht auf Rosenheim zu. Beispielsweise sollte es eine Rolle spielen, ob es an einem Standort gleich mehrere Filialen gibt. Das ist in Rosenheim nicht der Fall. Außerdem ging es darum, wie viel Geld ein Investor für die Sanierung des jeweiligen Kaufhauses in die Hand nehmen müsste – Rosenheim wurde vor einigen Jahren aufwendig saniert. Die Kosten für eine Ausrichtung wären also eher überschaubar.
Und dann wurde noch die Tatsache genannt, dass die Immobilie im Herzen der Stadt, nicht nur einem Besitzer, sondern mehreren Rosenheimer und einem auswärtigen Investor gehören, und sich Verhandlungen daher eher schwierig gestalten könnten.
Tatsächlich scheint Letzteres jetzt aber gerade der Punkt zu sein, der Galerie Karstadt Kaufhof dazu bewegt hat, sich auch von dem Standort Rosenheim zu trennen. Gemunkelt wird, dass der Konzern weit weniger Miete wie bisher für diese Immobilie zahlen wollte, es aber dafür keine Einigung mit den Vermietern gab.
Karstadt-Standort Rosenheim
fällt in die zweite Schließungswelle
Insgesamt sollen 52 der 129 Warenhäuser in ganz Deutschland geschlossen werden. Wie verschiedene Medien übereinstimmend berichten, ist geplant, die betroffenen Filialen in zwei Wellen – zum 30. Juni 2023 und zum 31. Januar 2024 zu schließen. Der Standort Rosenheim fällt in die zweite Welle.
Die Nachricht darüber überraschte dort auch die Mitarbeiter. Sie wurden zwar im Vorfeld darüber informiert, dass es am Montag ab 14 Uhr eine Betriebsversammlung geben wird, aber nicht um deren konkreten Inhalt.
„Man konnte es sich dann zwar schon irgendwie zusammenreimen. Aber als dann das Aus offiziell verkündet wurde, gab es viele Tränen“, wurde Innpuls.me erzählt.
Die Türen von Karstadt Rosenheim blieben dann am gestrigen Montag auch nach der Betriebsversammlung geschlossen: „Da wollte und konnte dann niemand mehr arbeiten“.
Wie es nun weitergeht, kann derzeit noch niemand sagen. Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März reagierte ebenso überrascht wie verärgert. „Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten und die Perspektiven des Standorts rechtfertigen diese Entscheidung nicht. Rosenheim mit seiner weit überdurchschnittlichen Zentralität und seiner überdurchschnittlichen Kaufkraft hätte selbstverständlich eine weitere Chance verdient gehabt“, sagte er gestern (wir berichteten)
Ähnlich sieht das auch Stadtrat Herbert Borrmann, der sich vor kurzem nach über 48-jähriger Tätigkeit für das Unternehmen in den Ruhestand verabschiedet hat. Auch für ihn kam die Nachricht gestern überraschend. „Natürlich musste auch Karstadt Rosenheim in der Corona-Zeit Federn lassen. Aber finanziell trug sich das Kaufhaus noch“, erzählt er.
Seiner Meinung nach hat der Konzern in den vergangenen Jahren einige entscheidende Fehler gemacht und die Zeichen der Zeit nicht erkannt, insbesondere was den Online-Handel gemacht. Gefragt seien auch kreative und innovative Ideen und Aktionen gewesen. „Dafür braucht es oft einmal noch nicht einmal viel Geld. Aber das alles war von der Führung ganz oben nicht mehr gewünscht“.
Eine Innenstadt ohne das große Warenhaus kann sich momentan noch kaum jemand vorstellen. Das Gebäude beispielsweise für Büros oder Wohnungen umfunktionieren, dürfte nach Meinung von Herbert Borrmann, nur sehr schwer möglich sein.
Die SPD Rosenheim hat mittlerweile die Einberufung einer Sondersitzung des Stadtrates einberufen, um die Folgen der angekündigten Schließung des Karstadt Galerie Kaufhaus Standorts in Rosenheim zu erörtern und zu diskutieren. „Die Bekanntgabe der Standortschließung ist ein Schlag in die Magengrube unserer Innenstadt und des Handels- und Wirtschaftsstandorts Rosenheim“, steht in einer von Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender, Ricarda Krüger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Gabi Leicht, dritte Bürgermeisterin, gemeinsam herausgegebene Presseerklärung. Der Verlust von über Tausenden Quadratmetern Handelsfläche mitten in Rosenheim setzte die Entscheidungsgremien und Vertreter der Stadtbevölkerung unter Zugzwang: „Gelingt es uns nicht, den Standort so zu erhalten, dass er als Menschenmagnet für die Innenstadt dient, droht uns ein Dominoeffekt, der sich bereits durch das Insolvenzverfahren von Peek & Cloppenburg angekündigt hat. Die Folge ist ein schleichendes Innenstadtsterben. Die Lage ist prekär. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“
Die SPD-Stadtratsfraktion setzt sich dafür ein besondere städtebaurechtliche Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen sollen, dass eine für die Innenstadt unverträgliche Nutzung, also beispielsweise Wohnungen oder Vergnügungsstätten, ausgeschlossen wird.
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