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Bayerischer Apothekerverband rechnet mit Lauterbachs Apotheken-Reformgesetz ab

Apothekenschild

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

13. Juni 2024

Lesezeit: 3 Minute(n)

München / Bayern – Am gestrigen Mittwoch (12.6.2024) hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Referentenentwurf für ein Apotheken-Reformgesetz bekannt gemacht. Nach einer ersten Einschätzung beinhaltet das Vorhaben Pläne, die für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und für die Apotheken in Deutschland schlimmere Konsequenzen haben, als nach der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers im vergangenen Jahr befürchtet. „Minister Lauterbach kann nicht rechnen oder lügt. Oder beides“, sagt Josef Kammermeier, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes e.V. (BAV).

Kammermeier begründet seinen Vorwurf: „In einem Redeskript, das auf der Website des BMG veröffentlicht ist, hat der Minister angekündigt, mit ihm werde es keine Leistungskürzungen geben. Bei Umsetzung seines Gesetzesvorhabens wird aber zumindest in der Arzneimittelversorgung genau das Gegenteil der Fall sein.“
So sollen künftig Pharmazeutisch-Technische-Assistenten (PTA) examinierte Apotheker vertreten dürfen. Das bedeute für die Patienten weniger Expertise bei der Arzneimittelberatung. „Neben- und Wechselwirkungen können hochriskant sein. In letzter Konsequenz muss immer ein studierter Apotheker die Möglichkeit haben, bei der Abgabe einen prüfenden Blick darauf zu werfen.“ Kammermeier betont, dass PTA eine hervorragende Ausbildung haben und wichtige Stützen in Apotheken sind. „Doch es handelt sich um einen Assistenzberuf, wie der Name schon sagt. Wie soll man seiner Tätigkeit vernünftig nachgehen, wenn niemand da ist, dem man assistieren kann?“ Sogar von Seiten der eigenen Berufsvertretung heiße es, dass PTA nach ihrer jetzigen Ausbildung weder in der Lage noch willens sind, eine Arzneimittelabgabestelle zu leiten.

„Kürzere Öffnungszeiten und weniger fachkundiges Personal“

Aktuell sind die Öffnungszeiten von Apotheken verbindlich geregelt. „Karl Lauterbach möchte auch hier die Axt anlegen und die Öffnungszeiten verkürzen“  Der Minister argumentiere, dass dadurch auch Personal, und damit Kosten eingespart werden könnten. „Das ist zynisch“, bewertet der stellvertretende BAV-Vorsitzende Josef Kammermeier diese Idee. „Weniger Zugangsmöglichkeiten zu Arzneimitteln und weniger Fachpersonal bedeuten selbstverständlich eine faktische Leistungskürzung.“

Weniger individuelle Versorgung

Der Referentenentwurf sieht zudem vor, dass nicht mehr jede Apotheke individuelle Rezepturen herstellen muss. Etwa für Kinder und Patienten, für die es keine Standardarzneimittel gibt. Diese Aufgabe soll künftig zentralisiert in einer anderen Apotheke erfolgen können. „Die Vollversorgung wird damit abgeschafft. Die Menschen können sich nicht mehr auf gleichwertige Leistungsangebote der Apotheken verlassen, wie es jetzt der Fall ist. Längere Wartezeiten werden die Folge sein“, sagt Kammermeier

„Keine Vergütungsanpassung, weiter sinkende Apothekenzahlen“

Josef Kammermeier vermisst in der Ausarbeitung außerdem die längst überfällige Anpassung der Apothekenvergütung für rezeptpflichtige Arzneimittel. „In den vergangen zwanzig Jahren gab es eine minimale Erhöhung. Und die ist schon wieder elf Jahre her. Seitdem sind jedoch die Kosten massiv angestiegen, etwa für Personallöhne oder Betriebskosten. Faktisch entspricht das einer stetigen Verringerung der Vergütung. Minister Lauterbach versucht nun, sich mit Taschenspielertricks durchzumogeln, indem er das Honorar innerhalb der Apotheken umverteilen will.“ Die Auswirkungen dieser verfehlten Sparpolitik sehe man an den sinkenden Apothekenzahlen. Allein Bayern habe in den vergangenen zehn Jahren rund 500 Apotheken verloren.

Kammermeier weiter: „Weniger Arzneimittelzugang, weniger Personal, weniger Rezepturherstellung, weniger Apotheken. Das ist einfachste Mathematik für Grundschüler. Wenn ich beim Plusrechnen die Summanden verkleinere, dann wird auch das Ergebnis kleiner. Oder auf die Arzneimittelversorgung bezogen: wenn ich beim Leistungsangebot der Apotheken etwas wegnehme, dann kann im Ergebnis auch nur weniger Versorgung herauskommen. Minister Lauterbach kann also entweder nicht rechnen. Oder er sagt den Versicherten nicht die Wahrheit, nämlich, dass sie doch Leistungskürzungen werden hinnehmen müssen.“

Zudem wirft Kammermeier dem Minister schlechten Stil bei der Kommunikation des Referentenentwurfs vor. „Lauterbach verschließt sich generell allen Argumenten der Berufsvertretungen von Apothekern, aber auch Ärzten und Krankenhäusern. Das wurde schon mehrfach von deren Seite kritisiert. Und vergangenen Freitagabend kannten noch nicht einmal die Mitglieder im Gesundheitsausschuss des Bundestages den nun vorliegenden Referentenentwurf, wie sie bei einer Podiumsdiskussion zur Eröffnung des Bayerischen Apothekertages versicherten. Nun müssen wir das Gesetzesvorhaben den Medien entnehmen, anstatt über die offiziellen Kanäle.“

Der Referentenentwurf kommt im nächsten Schritt in die Kabinettsabstimmung. Die Apothekerinnen und Apotheker in Bayern setzen darauf, dass dem Papier dort klar und deutlich die rote Karte gezeigt wird und die Kabinettskollegen Minister Lauterbach zum Einlenken bewegen.
(Quelle: Pressemitteilung Bayerischer Apothekerverband / Beitragsbild: Symbolfoto re)

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