Bayern – Bayern beherbergt mit derzeit 568 nachgewiesenen Arten die bei weitem artenreichste Zikadenfauna in Deutschland. Ausschlaggebend für diesen Artenreichtum sind die naturräumliche Vielfalt und die Flächengröße Bayerns. Die Gesamtartenzahl ist in Bayern seit 1996 um 111 gewachsen, das ist ein Zuwachs von mehr als 24 Prozent.. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat jetzt die aktuelle Rote Liste für Zikaden im Rahmen der Fortschreibung von Roten Listen gefährdeter Arten veröffentlicht.
Lebensräume mit besonderen Artenvorkommen sind vor allem die nordbayerischen Trockengebiete, der Frankenjura, das Alpenvorland und der Alpenraum. 36 Zikaden-Arten kommen bundesweit nur in Bayern vor. Spezialisten, für deren Erhaltung Bayern in besonders hohem Maße verantwortlich ist, sind z.B. die Fingerkraut-Blattzikade Arboridia kratochvili in mainfränkischen Trockenrasen oder die Kiesbank-Spornzikade Pseudodelphacodes flaviceps auf Wildflussabschnitten der Alpen und des Alpenvorlandes. Wie sich aus diesen Namen ablesen lässt, handelt es sich bei Zikaden oft um Spezialisten, die entweder auf eine bestimmte Pflanze als Nahrung oder auf einen bestimmten Lebensraum angewiesen sind. So leben zwei Fünftel der heimischen Arten nur an einer einzigen Pflanzenart. +++
Zikaden sind nur wenige Millimeter groß
Zikaden sind nur wenige Millimeter groß und entziehen sich zumeist der Wahrnehmung. Eine gewisse Bekanntheit hat der im Volksmund als Kuckucksspeichel oder Hexenspucke bezeichnete Schaum einiger Zikadenarten zum Schutze ihrer Larven. Die Vielgestaltigkeit und Faszination dieser wenig bekannten, aber artenreichen Insektengruppe offenbart sich erst bei näherer Betrachtung.
In den letzten Jahrzehnten hat der Kenntnisstand über diese winzigen Insekten große Fortschritte gemacht. Vorkommen weiterer Arten können sicher erwartet werden.
211 Arten stehen aktuell auf der Roten Liste
Auf der aktuellen Roten Liste werden 211 Arten (38 Prozent) geführt, davon sind 16 Arten ausgestorben oder verschollen. Weitere 83 Arten (15 %) stehen an der Schwelle zur Roten Liste auf der Vorwarnliste, oder es besteht ein unzureichender Kenntnisstand über den Bestand. Vor allem anspruchsvolle oder spezialisierte Arten des Offenlands sind weiter rückläufig.
Besonders bedroht sind Nahrungsspezialisten in Kalkmagerrasen. Der Rückgang der Weidewirtschaft, insbesondere mit Rindern, und der damit verbundene Verlust von ehemals artenreichen extensiv genutzten Offenlandschaften muss als die dominante Ursache für den Rückgang eines Großteils der gefährdeten Zikadenarten gesehen werden, wie der Bearbeiter der Untersuchung Dr. Herbert Nickel betont. Auch in Wäldern sind durch Aufgabe von Waldweide und Nieder- und Mittelwaldwirtschaft und die nachfolgende Artenverarmung der Waldbodenvegetation sowie durch die Abnahme von Lichtwald- und Saumlebensräumen Rückgänge zu verzeichnen.
Zikaden besiedeln nahezu alle Lebensräume
Als ausschließliche Pflanzensaftsauger besiedeln Zikaden nahezu alle Lebensräume, nur in Ackerflächen und im Intensivgrünland fehlen sie weitgehend. Zikaden können in hohen Stückzahlen auftreten und spielen daher auch als Nahrungsgrundlage für andere Arten eine bedeutende Rolle im Ökosystem. Aufgrund ihrer engen Bindung an die Vegetation sind Zikaden von großer Bedeutung, wenn es darum geht, den naturschutzfachlichen Wert einer Fläche zu beurteilen. So setzt das Bayerische Artenschutzzentrum im LfU Zikaden-Untersuchungen ein, um Vorschläge zu entwickeln, wie sich Landschaftspflegemaßnahmen optimieren lassen.
(Quelle: Pressemitteilung LfU / Beitragsbild: Symbolfoto re)
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