Nachrichten, Informationen und Geschichten aus Rosenheim

Blühfläche nicht gleich Blühfläche

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

12. April 2022

Lesezeit: 2 Minute(n)

Hilpoltstein / Bayern – Seit dem erfolgreichen Volksbegehren Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ werden in Bayern im Frühjahr häufig Blühflächen angelegt. Diese hübsch blühenden Flächen sollen Insekten, Vögeln und Kleinsäugern einen Lebensraum und Nahrung bieten. Allerdings bringen einjährige Blühflächen einige Nachteile für die Artenvielfalt mit sich. „Blühfläche ist nicht gleich Blühfläche“, klärt der bayerische Naturschutzverband LBV auf.  „Mehrjährige Blühflächen bieten Tieren der Agrarlandschaft viel bessere Chancen als einjährige Blühflächen, die nur für einen Zeitraum von ein paar Monaten angelegt werden“, sagt Tarja Richter, LBV-Projektmanagerin „Biodiversität in der Agrarlandschaft“. Der bayerische Naturschutzverband LBV fordert deshalb, dass sowohl in der Agrarlandschaft als auch in Kommunen, weniger einjährige und mehr dauerhafte Blühflächen angelegt werden, um einen tatsächlichen, positiven Effekt auf die Biodiversität zu erzielen.

In intensiv genutzten und ausgeräumten Landschaften erfüllen Blühflächen wichtige Funktionen, denn sie bieten Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten, wo diese selten geworden sind. „Blühflächen sind kein Ersatz für über viele Jahre gewachsene Strukturen, wie zum Beispiel Hecken oder Wegraine. Sie können sich sogar negativ auswirken, wenn natürliche, artenreiche Lebensräume, wie magere Wiesen oder artenreiche Säume, nicht als solche erkannt und durch neu angelegte Blühflächen ersetzt werden“, betont Tarja Richter. Den Trend zu mehr Blühflächen in Bayern begrüßt der LBV generell. Diese Flächen werden zum Beispiel durch Blühpatenschaften umgesetzt oder in der Landwirtschaft über das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) gefördert. Bei der Umsetzung müssen jedoch gewisse Kriterien unbedingt beachtet werden.

Überwinterungsfläche
für Insekten

Einjährige Blühflächen werden gerade im Herbst oder Winter gefährlich für Insekten, die sich zum Überwintern in den Flächen niedergelassen haben. Durch das Unterpflügen der Blühflächen im Spätsommer oder Herbst werden die Überwinterungsgäste auf einen Schlag vertrieben oder kommen zu Tode. Diese im schlimmsten Fall entstehenden „Brutfallen“ wirken sich negativ auf die betroffenen Arten aus. „In mehrjährigen Flächen, die mindestens fünf Jahre nicht bearbeitet werden sollen, können sich Tiere ungestört entwickeln. Das erhöht die Chancen für gefährdete Arten, wie die Knautien-Sandbiene oder die Schwarze Köhler-Sandbiene, stabile Populationen aufzubauen“, sagt die LBV-Biologin.

Heimische Saaten
verwenden

Der LBV empfiehlt, nur Blühmischungen mit gebietseigenem Saatgut zu verwenden. Besonders bei einjährigen Blühflächen werden oft Saatgutmischungen mit nicht-heimischen und Kultur-Arten verwendet. Diese sehen zwar ansprechend aus, sind jedoch für den Großteil der Insektenwelt nicht nutzbar. Nur Arten, die ein breites Nahrungsspektrum besitzen, wie die Honigbiene, können aus diesen Blühmischungen Nutzen ziehen. „Häufig wird auch übersehen, dass unsere Insekten nicht nur Blüten zum Überleben brauchen. Viele Sechsbeiner und deren Larven ernähren sich von anderen Pflanzenteilen. Manche sind sogar von wenigen heimischen Pflanzenarten abhängig“, so Tarja Richter.

Oft werden aus praktischen Gründen schmale Streifen von wenigen Metern am Rand eines Feldes mit einjährigen Blühmischungen eingesät. Diese linearen Strukturen werden gerne von Beutegreifern wie Füchsen durchkämmt. Das wiederum erschwert den Fortpflanzungserfolg von boden-brütenden Vögeln und Kleinsäugern. „Grenzen die Blühstreifen direkt an konventionell bewirtschaftete Felder, sind sie zusätzlich einem gewissen Pestizideintrag ausgesetzt, der die Tier- und Pflanzenwelt negativ beeinflusst“, erklärt die LBV-Biologin. Eine Mindestbreite von 10 bis 15 Metern sollte deshalb bei allen Blühflächen stets eingehalten werden.
(Quelle: Presseinformation LBV / Beitragsbild: Symbolfoto: re)

0 Kommentare