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Brief eines Busfahrers

Bus Steuer

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

26. Oktober 2023

Lesezeit: 2 Minute(n)

Rosenheim  – Der ÖPNV in Rosenheim ist derzeit ein Reizthema für viele. Auch Innpuls.me erreichen jede Woche Mails und Anrufe von Lesern, die sich darüber beschweren, dass Busse unpünktlich sind oder gar nicht kommen. Ein Busfahrer hat jüngst anonym einen Brief verfasst, in dem er aus seiner Sicht Stellung zu der Kritik bezieht. Hier bei uns im Wortlaut zu lesen:

„Die Menge an Baustellen, Straßensperrungen und Umleitungen macht es unmöglich pünktlich zu sein.
Busse aus Busbuchten oder Seitenstraßen ausfahren zu lassen, ist für viele Verkehrsteilnehmer KEINE Option, wollen ja nicht hinter dem Bus herzockeln. So kann man bei einem Buskurs mit 10 Haltestellen gleich mal 5 – 10 Minuten verlieren, die holt man NIE mehr rein. Man fährt aber nicht nur diesen, sondern mehrere hintereinander!!

Voll geparkte Busbuchten, auch vor Schulen, sind an der Tagesordnung und zwingt uns, als Busfahrer, auf der Straße stehen zu bleiben. Weist man die Autofahrer auf ihr Fehlverhalten hin, sind die Antworten fast immer nicht sehr freundlich und teils unter der Gürtellinie. Zeit für langwierige Diskussion haben wir nicht.

Parkmoral der Autofahrer ist oft fragwürdig. 2. Reihe parken, nicht ordentlich in Parkbuchen parken, zwingt uns zum Abbremsen und zu warten, bis der Gegenverkehr gnädig ist und uns durch lässt.

Prinzipiell ist der Busfahrer immer zu spät dran oder zu früh abgefahren.

Problem Freundlichkeit / Wertschätzung

Ich grüße die Schulkinder beim Einsteigen, die schauen mich an, was ich von ihnen eigentlich will und gehen ohne Gruß durch. 8 von 10 Kindern sagen NICHTS.
Überfüllte Busse gibt`s zur Genüge, aber auch Schultaschen haben anscheinend Anspruch auf einen Sitzplatz.
Wertschätzung ist oftmals nur einseitig vorhanden. Ich grüße Kinder, helfe ihnen, wenn nötig und meine oberste Prämisse ist, die Kinder zügig und vor allem sicher nach Hause zu bringen, aber fliegen können wir noch nicht.
Sie steigen bei mir in einen sauberen Bus ein und ich erwarte, dass sie ihn auch so verlassen. Der nächste Fahrgast hat auch das Recht auf einen sauberen Sitz und Bus.
Füße auf den Sitzen, Müll und Kaugummis an allen erdenklichen Stellen empfinde ich als fehlende Wertschätzung meiner Arbeit, dem nächsten Fahrgast, dem Eigentümer des Busses und auch der Reinigungskraft gegenüber.
Sollte man sich als Fahrer mal erdreisten, jemanden zurecht zu weisen, ist der Beschwerdeanruf schon beim Chef eingegangen, bevor man überhaupt im Betriebshof zurück ist.

Problem Fahrermangel

Horrende Führerscheinkosten von mindestens 10.000 Euro. Zeitaufwändiger Unterricht und Prüfung bei der IHK. Alle 5 Jahre Erneuerung der Fahrerlaubnis mit:

  • aufwändiger Untersuchung beim Arbeitsmediziner mit Kosten zwischen 90 und 150 Euro
  • 5 Schulungen in einer Fahrschule a 8 Stunden (400 – 500 Euro)
  • Kosten für Neuerteilung durch die Führerscheinstelle (ca. 80 Euro)
  • Neue Fahrerkarte (ca. 40 Euro)
  • Oft unregelmäßige Arbeitszeiten (nachts, Wochenenden)
  • manchmal schwierige Passagiere (aggressiv, betrunken usw.)
  • Anfangsgehalt Netto c. 1600 Euro

Sicher sind viele Eltern besorgt und erbost über die momentane Situation, aber der Busfahrer kann nichts dafür. Jeder sollte mal in sich gehen, wie oft er sich auf seinem kurzen Weg zur Arbeit über andere Verkehrsteilnehmer ärgert. keiner bricht eine Lanze für die Leute, die täglich 8 bis 9 Stunden hinterm Steuer sitzen und sich durch die Stadt oder übers Land quälen müssen. Wir sollen überall hinfahren, damit die Leute keine weiten Wege zur Haltestelle haben, aber bitte durch die eigene Straße und bitte keine Haltestelle direkt vor meinem Haus.
Gegenseitige Rücksichtnahme würde vieles erleichtern“
(Quelle: Anonymer Brief eines Rosenheimer Busfahrers / Beitragsbild: Symbolfoto re)

1 Kommentar

  1. Avatar

    Hallo , ich muss dem Busfahrer in jeder Hinsicht Recht geben!
    Dass manchmal Busse ausfallen ist wirklich äußerst ärgerlich. Also sollten die betroffenen Fahrgäste diesen Unmut aber nicht an ihm auslassen, sondern eher an der zuständigen Stelle.
    Wenn gerade kein Radlwetter ist, fahre ich gerne mit dem Bus und bin immer erstaunt, wie fast alle Fahrer souverän mit den verschiedenen Schwierigkeiten umgehen und trotzdem noch freundlich bleiben! :-))
    Die Rücksichtnahme ist nicht nur bei manchen Kindern ein Fremdwort. Auch Erwachsene strotzen oftmals nur so vor Egoismus, Hauptsache ICH ICH ICH :-(((

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