Rosenheim – „Nein zur häuslichen Biotonne in Rosenheim“, sagt der Seniorenbeirat Rosenheim und hat dafür rund 3000 Unterstützer gefunden. Das reicht aus, um ein Bürgerbegehren zu starten. Trotzdem kam bei der gestrigen Sitzung des Ferienausschusses das einstimmige „Nein“. Begründung: formelle und formale Fehler bei den Unterschriftenlisten.
Bei der Sitzung am gestrigen Mittwoch im Rosenheimer Rathaus waren auch einige Vertreter des Rosenheimer Seniorenbeirats unter den Zuhörern. Sie nahmen das einstimmige „Nein“ zum Bürgerbegehren und die Begründungen dafür ruhig und ohne große erkennbare Gefühlsregungen zur Kenntnis.
Ein tiefer Schlag ist diese Entscheidung aber sicherlich, denn die Seniorenbeiräte haben in den vergangenen Monaten viel Arbeit in die Durchführung investiert.
Die Biotonne in Rosenheim kommt. Das ist seit 2021 beschlossene Sache. Für Diskussionsstoff sorgt aber das „Wie“. Nach zähem und Ringen über viele Sitzungen hinweg wurde schließlich im Herbst vergangenen Jahres eine Kompromisslösung gefunden (wir berichteten ausführlich): Restmüllentsorgung nur noch alle 14 Tage, dafür eine wöchentliche Biomüllentsorgung.
Zahl der Stimmen für ein Bürgerbegehren klar erreicht
Statt dem verpflichtendem Holsystem spricht sich der Seniorenbeirat für eine dezentrale Sammlung von Bioabfällen an Wertstoffinseln oder häuslicher Kompostierung aus (wir berichteten). Eine Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren wurde gestartet – und das kann nach Anzahl der Unterschriften als durchaus erfolgreich angesehen wird.
Um ein Bürgerbegehren in die Wege zu leiten, müssen laut Gesetz 6 Prozent der Gemeindebürger unterschrieben haben. Bei 46057 wahlberechtigten Gemeindebürgern in Rosenheim ist das mit rund 3000 Unterschriften klar der Fall.
Dennoch kam gestern die Absage. Nach der Übergabe der Unterschriften an die Stadt wurden die Unterschriftenlisten juristisch überprüft und dabei seien formelle und formale Fehler bei den Fragebögen festgestellt worden.
„Es wurden zwei verschiedene Fragebögen verwendet mit unterschiedlichen Fragestellungen“, informierte dazu Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März. Bei einem Fragebogen heißt die Frage „Sind Sie dafür, die Entscheidung des Rosenheimer Stadtrats zur Einführung einer Biotonne im Holsystem aufzuheben? Stattdessen dezentrale Sammlung von Bioabfällen an Wertstoffinseln oder häuslicher Kompostierung“. Auf einem anderen Fragebogen ist der Zusatz „oder häusliche Kompostierung“ durchgestrichen.
Durch diesen Fehler bleiben nach Rechnung der Rosenheimer Stadtverwaltung nur 1487 Unterschriften zulässig – zu wenig für den Start eines Bürgerbegehrens.
Außerdem sei die Frage mit dem Zusatz „….oder häusliche Kompostierung“ nicht klar mit Ja oder Nein zu beantworten. Eine weitere Voraussetzung für ein Bürgerbegehren.
„Es ist gut, das sich Bürger einbringen“
Trotz Ablehnung des Bürgerentscheids war es vielen Stadträten wichtig zu betonen, dass sie an sich Respekt vor dem Einsatz des Seniorenbeirats haben. „Es ist gut, dass sich Bürger einbringen“, meinte beispielsweise CS’U-Stadtrat Dr. Wolfgang Bergmüller. Auch SPD-Stadtrat Abuzar Erdogan betonte die Wichtigkeit dieses demokratischen Möglichkeit: „Ich schätze es sehr, dass Menschen sich für ihre Meinungen einsetzen. Das ist ihr gutes Recht“.
Er schlug, gerichtet an die Vertreter des Senioren, einen zweiten Anlauf für das Bürgerbegehren vor. Diesen Vorschlag vertrat dann auch Markus Dick von den Freien Wählern.
Sonja Gintenreiter von den Grünen machte sich dagegen vor allem Gedanken darüber, wie es nun mit der Einführung der Biotonne weitergehen soll und sprach sich ein weiteres mal für eine Informationskampagne aus, um die aus ihrer Sicht kursierenden Fehlinformationen klarzustellen und für das „Ja“ zur Biotonne zu werben.
Ob der Seniorenbeirat Rosenheim tatsächlich einen zweiten Anlauf in Betracht zieht, dazu wollten sich die Vertreter nach der Sitzung im Gespräch mit Innpuls.me noch nicht festlegen. „Wir werden uns jetzt erst einmal zusammensitzen und überlegen, wie es weitergeht“, meinten sie.
Andreas März bringt Ratsbegehren ins Spiel
Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März brachte aber noch eine andere Möglichkeit ins Spiel, um doch noch den durch das Bürgerbegehren – formelle und formale Fehler hin oder her – klar erkennbaren politische Willen der Bürger, Rechnung zu tragen: ein Ratsbegehren. „Ein außergewöhnlicher Weg“, weiß Rosenheims Stadtoberhaupt. Doch genau diesen Weg wolle er dem Stadtrat bei seiner Sitzung im September vorschlagen: „Den erklärten Willen der Bürger darf man nicht ignorieren. Wir wären gut beraten, diesen Weg zu wählen, ansonsten könnte es heißen, uns ist es egal, was die Bürger wollen“.
Entscheidung an die Bürger abgeben
Bei einem Ratsbegehren können die Gemeindevertreter, Entscheidungen, für die sie selbst zuständig sind, an die Bürger der Gemeinde abgeben. Das geschieht immer dann, wenn die örtlichen Politiker der Meinung sind, dass die Bevölkerung über eine Streifrage abstimmen soll.
In Deutschland fanden laut wikipedia.de von 1956 bis 2017 insgesamt 1242 Ratsbegehren statt.
(Quelle: Artikel: Karin Wunsam / Beitragsbild: Archiv Innpuls.me)
0 Kommentare