Rosenheim – Zum Gedenken an Opfer des NS-Terrors wurden am heutigen Montagnachmittag drei weitere sogenannte „Erinnerungsschleifen“ in Rosenheim enthüllt. An der Feier am Max-Josefs-Platz nahm auch Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, teil.
Das Interesse an der Veranstaltung war groß. Fotos: Innpuls.me
Eine erste sogenannte „Erinnerungsschleife“ wurde im November 2022 in einem Baum vor der Städtischen Realschule für Mädchen in de Ebersberger Straße angebracht. Auf ihr eingraviert ist der Name Elisabeth Block. Mit dieser Form des Gedenkens hat Rosenheim einen eigenen Weg beschritten: Erinnerungsschleifen statt Stolpersteine (wir berichteten).
Der Weg dahin war aber lang. Daran erinnert sich auch Charlotte Knobloch, die vor vielen Jahren immer wieder einmal mit der damaligen Rosenheimer Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer über Möglichkeiten gesprochen hat, auch in Rosenheim die Erinnerung an dieses dunkle Kapitel der Geschichte wach zu halten. „Eigentlich hätte es in vier Wochen erledigt sein können. Aber tatsächlich hat es Jahre bis zur Verwirklichung gedauert“, sagte sie.
Diese Gespräche haben die beiden Frauen verbunden, das zeigte sich heute bei dem Termin deutlich. Nach ihrer Rede hakte sich Knobloch bei Gabriele Bauer ein und verfolgte mit ihr an der Seite die weiteren Reden.
Charlotte Knobloch mit Daniel Artmann, Zweiter Rosenheimer Bürgermeister, der ehemaligen Rosenheimer Bürgermeisterin Gabriele Bauer (zweite von rechts) und Gabi Leicht, Dritte Bürgermeisterin.
Der erste Teil der Veranstaltung fand am Max-Josefs-Platz vor dem Bekleidungshaus Adlmaier statt. Einst befand sich dort das Bekleidungsgeschäft der jüdischen Familie Fichtmann. Sie waren fest in Rosenheim verwurzelt und engagierten sich in Vereinen. Doch mit der Herrschaft der Nationalsozialisten ändert sich ihr Leben komplett. Immer mehr wurden sie ausgegrenzt. Schließlich mussten sie ihr Geschäft verkaufen. Mose Fichtmann starb gebrochen an einem Herzinfarkt. Seine Frau Taube meldete sich freiwillig zur Deportation, um ihrer taubstummen Tochter Klara beizustehen. Die Spur der beiden Frauen verliert sich in Piaski bei Lublin, einem Verteilungspunkt für die Vernichtungslager im Osten.
Ein Schicksal, das berührt. Vor allem auch dadurch, weil einstige enge Freunde und Nachbarn tatenlos zugesehen haben. „Dieses tatenlose Zuschauen darf es niemals mehr geben“, hofft Charlotte Knobloch. Umso wichtiger sei es, die Erinnerung wach zu halten, denn: „Das Schlimmste wäre das Vergessen“.
Charlotte Knobloch bei ihrer Rede.
Dieser Meinung ist auch Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März. „Das Gedenken an diese Zeit ist unsere historische Verantwortung“, sagte er in seiner Rede. Die Pflege der Erinnerungskultur werde aber in Zukunft noch fordernder werden, wenn sich in absehbarerer Zeit die letzten Zeitzeugen verabschieden müssen.
Paul Adlmaier legt eine weiße Rose vor der Erinnerungsschleife nieder.
Lob und Anerkennung gab es für die Familie Adlmaier, die sich ohne zu zögern dazu bereit erklärten, dass die Erinnerungsschleife an ihr Bekleidungshaus angebracht wird. „Das ist keine Selbstverständlichkeit“, weiß die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Schmunzelnd meinte sie, in dem Namen „Adlmaier“ fehle der Buchstabe E: „Es müsste eigentlich Adelmaier heißen, denn was Sie getan haben, ist nobel“.
Für die musikalische Umrahmung sorgte der Gitarrist Benno Panhans aus Stephanskirchen mit leisen und gefühlvollen Tönen. Auch für den Kulturförderpreisträger des Jahres 2022 gab es von Charlotte Knobloch Dank und Anerkennung. Gerade das letzte Stück habe sie hoffnungsfroh in die Zukunft blicken lassen.
Die Erinnerungsschleife am Bekleidungshaus Adlmaier.
Am Ludwigsplatz in Rosenheim wurden gleich zwei Erinnerungsschleifen angebracht.
Die Erinnerungsschleife für die Familie Westheimer.
Die Erinnerungsschleife für die Familie Kohn.
Zwei weitere Erinnerungsschleifen wurden am Ludwigsplatz enthüllt, dann aber ohne Anwesenheit von Charlotte Knobloch. Sie erinnern an die Schicksale der jüdischen Familien Kohn und Westheimer. Angehörige der Familie Westheimer verfolgten die Enthüllung der Möbiusschleifen in zwei Bäumen am Gerinne virtuell mittels Live -Stream.
Hier weitere Impressionen:
Auch Daniel Artmann, Zweiter Rosenheimer Bürgermeister, legte eine weiße Rose nieder.
Benno Panhans sorgte für die musikalische Umrahmung.
Künstlerin Christian Huber aus München hat die Gedenkzeichen konzipiert und gestaltet.
Charlotte Knobloch im Gespräch mit Familie Adlmaier.
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