Rosenheim – Alternative Wohnmodelle sind angesagt und das aus gutem Grund: fehlender Wohnraum, extrem hohe Mieten und dann noch eine zunehmende Zahl an Menschen, die alleine Leben. „Wohnen für Hilfe“ ist so ein Alternatives Wohnmodell. In Rosenheim wurde es von dem Verein „Pro Senioren“ ins Leben gerufen. Am gestrigen Donnerstag gab es dazu eine außergewöhnliche „Werbeaktion“. Vor Ort war auch der 22-jährige Jonathan. Der Student ist einer der ersten, die sich in der Stadt auf diese Art des Wohnens eingelassen hat.
Der erste Versuch „Wohnen für Hilfe“ in Rosenheim zu etablieren, scheiterte – aufgrund mangelnder Resonanz auf beiden Seiten. 2020 nahm der Verein dann einen neuen Anlauf. Dann kam Corona.
Jetzt soll das Projekt aber endlich wieder Fahrt aufnehmen. Darum fand gestern eine außergewöhnliche Werbeaktion in Rosenheims guter Stube statt. Mitten auf dem Max-Josefs-Platz gegenüber des Holztechnischen Museums wurden Tische aufgebaut und dort spielten Mitglieder des Vereins Szenen, die darstellen sollten, um was es bei dieser alternativen Wohnform überhaupt geht und wer dafür in Frage kommt. Außerdem sollten so Bedenken und Ängste auf beiden Seiten thematisiert und ausgeräumt werden.
Inge Ilgenfritz vom Verein Pro-Senioren liegt das Projekt sehr am Herzen. „Es ist eine Win-Win-Situation“, meint sie. Ältere Menschen würden so Hilfe bei kleinen alltäglichen Dingen, wie beispielsweise Rasen mähen oder Getränkekästen ins Haus bringen, bekommen und junge Menschen als Gegenleistung dafür günstigen Wohnraum finden.
Dass dieser auch in Rosenheim Mangelware ist, weiß der 22-jährige Jonathan aus eigener Erfahrung. 500 Euro für eine Ein-Zimmerwohnung nahe der Hochschule. Etwas weiter weg dann immer noch gut 350 Euro – das ist für einen Studenten viel Geld.
Darum entschied sich Jonathan, das „Abenteuer“ zu wagen. Seit vergangenem Herbst wohnt er bei einer älteren Rosenheimerin. „Es klappt wunderbar“, berichtet er. Das Miteinander definiert er als Wohngemeinschaft. „Jeder hat seinen eigenen Bereich, aber Bad und Küche teilen wir uns“. Probleme damit habe er nicht. „Ich esse eh meistens in der Mensa und stehe viel früher auf als meine Mitbewohnern. Darum kommen wir uns da nie in die Quere.“
Ab und zu verbringt er aber mit seiner Vermieterin sogar sehr gerne Zeit. „Man wächst zusammen. Wir erzählen uns gerne Geschichten aus unserem Leben und reden auch mal über die Politik. Zu verstehen, wie ältere Generationen denken und was sie erlebt haben, finde ich sehr interessant.“
90 Euro zahlt Jonathan im Monat für Nebenkosten. Das war es. Dafür hilft er der Seniorin bei alltäglichen Dingen. „Beispielsweise auch bei digitalen Sachen, wie E-Mails, Ausdruck von Dokumenten oder Fotobearbeitung“, erzählt der Holztechnik-Student.
Bis jetzt haben sich in Rosenheim erst zwei derartige „Tandems“ gefunden. Immer noch sind die Bedenken auf beiden Seiten groß. Senioren scheuen sich oft davor einen Fremden in die eigenen vier Wände zu lassen und sich damit noch einmal einen anderen Menschen anzupassen. Viele junge Menschen befürchten, dass sie sich zu sehr an die Älteren binden müssen, quasi als Enkel-Ersatz.
Ängste, die nicht sein müssen, ist man sich beim Verein „Pro Senioren“ sicher. Darum wollen sie weiter für „Wohnen für Hilfe“ werben und aufklären, um was da eigentlich wirklich geht.
(Quelle: Beitragsbild, Foto: Josefa Staudhammer)
Weitere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite des Vereins:
Außerdem gibt es auch auf YouTube ein Video von Jonathan und Margret:
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