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Lichtmess und „Schlenklmarkt“

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

1. Februar 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

RosenheimAm  Mittwoch, 2. Februar, ist Mariä Lichtmess. Früher war das in Bayern ein wichtiger Feiertag. Einen Tag später fanden dann lange Zeit die sogenannten „Schlenklmärkte“ statt. Das waren quasi Stellenmärkte für Dienstboten. In Rosenheim fand der „Schlenklmarkt“ beim Bräu an Anger statt – eine der ältesten Braustätten in Rosenheim.  An diesen Teil der Geschichte wird aktuell mit einigen interessanten Exponaten im Schaufenster des Städtischen Museums Rosenheim erinnert. Dabei geht es auch viel um das oftmals harte Leben der „dienstbaren Geister“. 

Der Feiertag „Maria Lichtmess“ hat neben seinem christlichen auch noch einen heidnischen Ursprung, wie viele andere Feste auch. Um diesen Tag herum ranken sich teils uralte Bräuche, wie beispielsweise das Weihen der Kerzen für die verschiedensten Anlässe.
Außerdem begrenzte der Lichtmesstag bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein das bäuerliche Wirtschaftsjahr. Viele Dienstboten wechselten dann mehr oder weniger freiwillig ihre Dienstherren. Eine gute Möglichkeit um eine neue Anstellung zu finden, waren die  „Schlenklmärkte“.
In Rosenheim fand der Schlenklmarkt beim Bräu am Anger statt. Diese Braustätte samt Wirtshaus lag außerhalb der Altstadt am Angerweg (jetzt Kufsteiner Straße).

Der „Bräu am Anger“: Nach Aufgabe von Brauerei und Gaststätte zog 1928 das Arbeitsamt in das Gebäude. 1968 wurde der „Bräu am Anger“ abgebrochen. Heute steht an seiner Stelle das Sparkassenhochhaus und gegenüber, wo einst der Biergarten war, gibt es heute eine Apotheke (siehe Foto unten).

Die Straße „Zum Anger“ erinnert auch heute noch an den „Bräu am Anger“.

 

Einblick in das Leben der Dienstboten zu erhalten, ist gar nicht so einfach. „Die einzelnen Personen haben nur wenig Spuren hinterlassen“, erzählt Walter Leicht, Leiter des Städtischen Museums Rosenheim. Was man weiß ist, dass etwa vier Prozent der Bewohner Rosenheims – in der Mehrheit Frauen – um 1900 ihren Lebensunterhalt als Dienstboten verdienten.

Leben der Dienstboten
war meist sehr hart

Meist kamen sie aus ländlicheren Gebieten in die Stadt, weil sie hier als Mägde, Hausmädchen, Kindermädchen oder Köchinnen Arbeit finden konnten. Sie lebten und wohnten im Haushalt ihrer jeweilen Dienstherrschaft.  „Ihr Leben war hart, Verdienst und soziale Sicherheit gering, die Arbeitszeiten lang, die Abhängigkeit von den Dienstherren groß und Privatleben nicht möglich“, erzählt Walter Leicht.

Zumindest einen kleinen Einblick in das Leben einer Magd bekommt man durch das Dienstbotenbuch, das jeder Dienstbote damals besitzen müsste. Bis heute erhalten geblieben ist das Dienstbotenbuch von Franziska Fuchshuber. Auch ihrem Leben widmet sich die aktuelle kleine Sonderausstellung im Städtischen Museum Rosenheim.
Geboren wurde sie im Jahr 1834 in der Gemeinde Raitenhart im Landkreis Altötting. Im Alter von 16 Jahren trat sie zum ersten Mal bei einem Bauern in der Nähe ihres Heimatortes in Dienst. 1884 – also 5o Jahre später, sind in ihrem Dienstbotenbuch bereits 25 verschiedene Arbeitsstellen verzeichnet.

Zweimal wegen „nicht entsprechendem“
Verhalten entlassen

Zweimal wurde die ledige Magd wegen „nicht entsprechendem“ Betragen entlassen. Anfangs war Franziska Stallmagd, später dann als Köchin, Haus- oder Kindsmagd beschäftigt. Über Kraiburg und Wasserburg gelangte sie schließlich nach Rosenheim.
1886 fand sie in Rosenheim beim Lebzelter Sebastian Ruedorffer eine neue Stelle. Dort konnte sie bis zu ihrem Tod bleiben. Am 8. Mai 1922 meldete Christine Ruedorffer, dass die Dienstmagd im Haus der Familie in ihrem Beisein mit über 87 Jahren verstorben sei.
Wohl eher ein Einzelfall, wie andere alte Aufzeichnungen zeigen. Viele Dienstboten wurden aufgrund ihres harten Lebens bei weitem nicht so alt und fristeten nach ihrem Arbeitsleben nicht selten ein klägliches Dasein.
Der „Schlenklmarkt“ in Rosenheim verlor seine Bedeutung, als 1920 ein städtisches Arbeitsamt ins Leben gerufen wurde. Zuerst stationiert beim Mittertor – also dort, wo heute das Städtische Museum in Rosenheim beheimatet ist, bis es dann, 8 Jahre später unter staatliche Fittiche kam und in die ehemalige Brauerei und Gaststätte „Bräu am Anger“ umzog.

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