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Lkw-Branche: Sorgen und Nöte

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

5. April 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Kiefersfelden / Landkreis Rosenheim – Stundenlohn von 3 Euro, überlange Arbeitszeiten, überfüllte Rastplätze und fehlende sanitäre Einrichtungen – gerade für LKW-Fahrer, die hierzulande für Speditionen aus mittel- und osteuropäischen Ländern unterwegs sind, sind die Arbeits- und Lebensbedingungen oftmals untragbar. In einer gemeinsamen grenzüberschreitenden Aktion an der bayerisch-österreichischen Grenze an der Autobahnraststätte Inntal West in Kiefersfelden haben Vertreter von DGB Bayern, ver.di Bayern, ÖGB Tirol, dem DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ und der BayernSPD auf diese Missstände aufmerksam gemacht und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für die Beschäftigten eingefordert.

Oskar Brabanski, Regionalleiter Südost bei „Faire Mobilität“: „Als Faire Mobilität beraten wir die LKW-Fahrer vor Ort, wir werden aber auch von Ihnen bei Problemen kontaktiert. Sie sind wochen- und monatelang unterwegs und häufig gezwungen, unter menschenunwürdigen Bedingungen auf Rastplätzen zu übernachten. “ Die Unternehmen müssten die Kosten für Parkplätze, Unterkunft und Verpflegung tragen. Es sei skandalös, dass es in der Branche unmöglich sei, ein Arbeitsverhältnis zu fairen Bedingungen zu finden. „Wer auf Straßen in Deutschland Transporte ausführt, ist im Auftrag von deutschen Firmen unterwegs und sollte einen Lohn bekommen, der hierzulande üblich ist, so Oskar Brabanski.

„Das ist nichts weiter als
massiver Lohnbetrug“

Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern: „Die Kolleginnen und Kollegen von ‚Faire Mobilität‘ leisten mit ihren Beratungsangeboten einen enormen Beitrag dafür, dass die Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer das erhalten, was ihnen rechtlich zusteht. Denn sie haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, sobald sie nur durch Deutschland hindurchfahren.“ Stattdessen würden die Fahrer oft nur den geringen Mindestlohn des Landes erhalten, in dem ihr Arbeitgeber angemeldet ist: „Das ist nichts anderes als massiver Lohnbetrug.“
Benjamin Praxmarer, Landessekretär des ÖGB Tirol: „Mobilität ist grenzenlos, umso wichtiger ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Verkehrs und um bessere Arbeitsbedingungen für die LKW-Fahrer*innen zu erreichen. Diese werden oft mit Stundenlöhnen von läppischen 3 Euro abgespeist – und das, obwohl sie nicht selten monatelang unterwegs und von ihren Familien getrennt sind. Hier bedarf es dringend europaweiter Regelungen und vermehrter Kontrollen.“
David Merck, Vorsitzender des ver.di-Fachbereichs Postdienste, Speditionen und Logistik in Bayern: „Wir erleben im Bereich des LKW-Güterverkehrs in weiten Teilen einen systematischen Bruch von Arbeitsrechten und Sozialstandards, welcher einen immer größeren Lohndruck für alle Kraftfahrer und Kraftfahrerinnen bewirkt. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, die langfristige Finanzierung und der Ausbau der Beratungsstellen der Fairen Mobilität sowie in Summe das Mobilitätspaket der EU sind daher wichtige Schritte zur Verbesserung der Situation.“
Diana Stachowitz, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion: „Vor Ort habe ich mit den LKW-Fahrer und Fahrerinnen gesprochen und mir ein Bild von den oftmals miserablen Arbeitsbedingungen gemacht. Ich fordere deshalb den weiteren Ausbau von Beratungsstellen durch Faire Mobilität. Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus dem Niedriglohnsektor müssen dadurch die Möglichkeit haben, dass sie z.B. durch sprachliche Unterstützung über ihre Rechte informiert werden. Als arbeitsmarktpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion kämpfe ich deshalb im Bayerischen Landtag für bessere Arbeitsbedingungen – der Freistaat Bayern muss handeln!“
Ronja Endres, Vorsitzende der BayernSPD: „Um die Menschen in Deutschland mit allen möglichen Gütern günstig zu versorgen, werden die LKW-Fahrer*innen systematisch ausgebeutet. Sie haben eine bessere Behandlung verdient: Wir müssen in der Planung von Gewerbegebieten unter anderem sanitäre Anlagen und Aufenthaltsmöglichkeiten für Berufskraftfahrende mitplanen und auch entsprechende Kontrollen z.B. auf Rastplätzen durchführen. Zudem muss gewährleistet werden, dass jeder, der Ware nach Deutschland liefert, auch den deutschen Mindestlohn erhält. Allerdings brauchen wir auch noch mehr Tarifbindung in der Branche.“

„Müssen gute soziale Rahmenbedingungen
an den Parkplätzen und Raststätten schaffen“

Günter Zellner, DGB-Regionsgeschäftsführer für Oberbayern und Organisator der Grenzaktion, wies zusätzlich auf die Besonderheiten des LKW-Verkehrs im Inntal hin: „Da die Eisenbahn-Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel auf bayerischer Seite immer noch nicht über die Trassenfindungsphase hinaus sind, wird der Straßenverkehr weiter zunehmen. LKW-Fahrende werden deswegen mit vermehrten Staus und Blockabfertigung zu rechnen haben. Daher müssen wir für sie gute soziale Rahmenbedingungen an den Parkplätzen und Raststätten schaffen.“
(Quelle: Pressemitteilung DGB Region Oberbayern / DGB Region Oberbayern, zeigt von rechts: David Merck, Petr Anican, Benjamin Praxmarer, Günter Zellner, Diana Stachowitz, Bernhard Stiedl, Ronja Endres)

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