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Mainfrankens fliegende Schätze

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

23. April 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Hilpoltstein / Franken / Bayern – In der mainfränkischen Agrarlandschaft leben zwei wertvolle Schätze: der Ortolan und die Wiesenweihe. Diese beide Vogelarten kehren jetzt aus den afrikanischen Überwinterungsgebieten nach Unterfranken zum Brüten zurück. Die Population des Ortolans in Mainfranken ist die letzte im gesamten süddeutschen Raum.

Der etwa sperlingsgroße Singvogel ist in Bayern vom Aussterben bedroht. „Neben dem Ortolan brütet auch die Wiesenweihe auf mainfränkischen Wiesen und Feldern. In Bayern sind die Bestandszahlen aktuell stabil, allerdings ist das Überleben des Greifvogels nur durch hochintensive Schutzmaßnahmen möglich“, sagt Christoph Saile, LBV-Projektleiter im Artenhilfsprogramm Wiesenweihe. Für beide Vogelarten koordiniert der bayerische Naturschutzverband LBV Artenhilfsprogramme, in denen zusammen mit Landwirten und vielen Ehrenamtlichen diese Seltenheiten geschützt werden.

Ortolan und Wiesenweihe
reagieren sensibel auf Störungen

Während der Brutzeit von Mitte April bis Ende Juli reagieren beide Vogelarten sehr sensibel auf Störungen. Der Ortolan brütet am Boden auf nicht zu dicht bewachsenen Getreidefeldern. In unmittelbarer Nähe zum Brutplatz stimmt der Vogel auf einer Singwarte seinen unverwechselbaren, fränkischen Gesang an und überwacht sein Nest. „Schon ein längeres Verweilen unter seiner Singwarte kann der Ortolan als Störung wahrnehmen“, erklärt die LBV-Projektleiterin im Artenhilfsprogramm Ortolan Dagmar Kobbeloer. Deshalb bittet der LBV, Rücksicht auf die Vögel zu nehmen und singende, jagende oder auf dem Boden sitzende Vögel stets mit ausreichend Abstand zu beobachten.

Freilaufende Hunde
sind für Bodenbrüter ein Problem

Besonders freilaufende Hunde sind für bodenbrütende Vögel, wie Ortolan und Wiesenweihe, ein Problem. Schnell stöbern die Vierbeiner mit ihrer guten Nase ein Gelege auf und die brütenden Weibchen werden aufgescheucht. „Starke Störungen können zur Aufgabe des Geleges führen. Selbst wenn die Weibchen zurückkehren und weiterbrüten, verlieren sie durch die Störung viel Energie. Auch die Eier oder geschlüpfte Jungvögel können auskühlen und dadurch Schaden nehmen“, so Christoph Saile. Mit vierbeiniger Begleitung sollte jede und jeder deshalb auf den Wegen bleiben. „Für unsere mainfränkischen Schätze zählt jedes einzelne Gelege, damit die Bestände erhalten bleiben“, sagt der LBV-Biologe weiter. Rücksichtsvolles Spaziergehen hilft auch vielen anderen seltenen Vögeln der Agrarlandschaft, wie Grauammer, Feldlerche oder Kiebitz.

Der Ortolan:
seltener Langstreckenzieher

Mit einem Gewicht von gerade einmal 20 Gramm und weniger als 30 Zentimetern Flügelspannweite legt der Ortolan zweimal im Jahr eine Reise von mehr als 4.000 Kilometern zurück. Er überwintert im Senegal, in Gambia oder Guinea. Dort verbringt er etwa fünf Monate, bevor er jährlich für eine einzige Brut zurück in die europäischen Brutgebiete zieht. „Für die Nahrungssuche ist der Ortolan auf Flächen mit hoher Strukturvielfalt, wie Heckenstreifen, Blühflächen, unversiegelte Feldwege, extensives Ackerland oder Streuobstflächen, angewiesen. Doch wegen der zunehmenden Intensivierung der Landwirtschaft findet er kaum noch geeignete Brutgebiete vor“, sagt die LBV-Ortolan-Expertin Dagmar Kobbeloer. Der Ortolan kommt in Bayern mit insgesamt etwa 100 Brutpaaren nur noch in den Landkreisen Schweinfurt, Kitzingen, Würzburg und Neustadt an der Aisch vor.

Die Wiesenweihe:
eleganter Flugkünstler

Auch die Wiesenweihe ist nun auf Partnersuche, um demnächst mit der Brut zu beginnen. „Die Balzflüge der Männchen sind wahre Show-Einlagen! Aus großer Höhe lassen sich die Männchen taumelnd Richtung Boden fallen und fangen sich erst im letzten Moment, um direkt wieder aufzusteigen“, sagt Christoph Saile. Mit nur rund 300 Gramm Körpergewicht und einer Flügelspannweite von bis zu 116 Zentimetern ist die Wiesenweihe sehr wendig und zählt zu den elegantesten Greifvögeln überhaupt. In den 1990er Jahren stand sie in Bayern schon einmal kurz vor dem Aussterben. Durch die landwirtschaftliche Intensivierung verschwand zunehmend ihr Lebensraum in feuchten Wiesen und Flachmooren. Doch die Wiesenweihe schaffte es, sich ein neues Brutgebiet in Getreidefeldern zu erschließen. Seit über 20 Jahren suchen ehrenamtliche Artenschützer*innen die Neststandorte im Feld auf, sodass die Landwirte bei der Ernte Restflächen um die Nester aussparen können und die noch flugunfähigen Jungvögel geschützt sind.
(Quelle: Pressemitteilung Landratsamt Rosenheim / Beitragsbild: Copyright: Frank Derer – LBV)

Weitere Informationen sowie ein kostenloses Faltblatt mit Tipps für den Spaziergang mit Hund: www.lbv.de/hunde.

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