Rosenheim – Das Oster-Grußwort für Innpuls.me kommt von der Rosenheimer Seelsorgerin Hannelore Maurer. Titel: „Osteraugen 2022“. Dazu ausgewählt hat sie ein Gedicht des katholischen Theologen Klaus Hemmerle.
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Seelsorgerin Hannelore Maurer.
„Osteraugen“ 2022
Auch heuer haben sich einige fleißige Frauen wieder an die Arbeit gemacht. Seit ein paar Jahren gibt es im Pfarrgarten der Rosenheimer Pfarrei Heilige Familie einen Osterbrunnen. Nicht nur zum überraschten Staunen der Kinder, die am Ostersonntag nach dem Familiengottesdienst im Pfarrgarten ihre Osternester suchen, sondern zur Freude vieler Menschen.
Wenn ich in den Pfarrgarten komme, berührt mich der Osterbrunnen jedes Jahr wieder neu. Aber noch nie habe ich dieses Bild als so hoffnungsvoll empfunden wie heuer nach den beiden trostlosen Corona-Jahren: Der Brunnen geschmückt mit grünen Girlanden, die vom Leben erzählen. Dazu die Blumen und farbigen Bänder, die heuer in den Landesfarben der Ukraine blau-gelb leuchten.
Rund um die Osterbrunnen gibt es viele Bräuche und Geschichten. In einem kleinen Dorf in Frankreich gibt es einen ganz besonderen Brauch: Wenn am Morgen des Ostersonntags zum ersten Mal die Glocken läuten, sausen Kinder und auch die Erwachsene an den Dorfbrunnen und waschen sich die Augen mit dem klaren Brunnenwasser aus. Nicht weil sie daheim kein Wasser haben oder weil sie schlecht sehen. Alle wissen, dass es um ganz besondere Augen geht. Sie waschen sich mit dem Wasser aus dem Osterbrunnen aus ihren Augen alles aus, was niederdrückt und traurig macht. Ausgewaschen wird die schlechte und negative Sicht auf die Welt, die „Niemand-mag mich Augen“, Hass, Neid und Streit und dunkle Gedanken. Dann bekommt man „Osteraugen“: Das sind die „Ich-bin-wertvoll-Augen“, das sind die „Das-Leben-ist-schön-Augen“. Es verändert sich der Blick und damit auch das Herz.
Ein seltsamer Brauch, oder? Bekommt man da wirklich vom Brunnen allein einen neuen, klaren, fröhlichen, positiven Blick auf die Welt und das Leben? Vom Brunnen allein vielleicht nicht, aber vom „sich gemeinsam auf den Weg machen“.
Die Erzählung aus der Bibel von den beiden Freunden, die nach dem Tod Jesu wieder enttäuscht heimgehen von Jerusalem in ihr Dorf Emmaus, sagt genau dasselbe: Die Freunde haben zwar die Nachricht von der Auferstehung gehört, aber sie können nichts damit anfangen. Sie haben noch keine „Osteraugen“. Die Botschaft ist noch nicht im Herzen angekommen. Sie sind so niedergeschlagen, dass sie auf ihrem Weg nur noch den trostlosen Weg sehen und nicht mehr die blühende Natur. Sie sind so blind unterwegs mit dem sprichwörtlichen Brett vor dem Kopf, dass sie auch den Fremden nicht erkennen, der auf dem Weg plötzlich mitgeht. „Osteraugen“ bekommen sie erst am Ziel, als Jesus das Brot teilt. Genau da gehen ihnen die Augen auf.
Welche „Osteraugen“ ich mir 2022 wünsche? Vielleicht, dass uns wieder die Augen aufgehen für das, was in unserem Leben wirklich zählt: Familie, wahre Freundschaft, echte Liebe. Dazu die spürbare Gewissheit, dass Gott auf allen unseren Wegen immer mit dabei ist. Ich würde mir zum Beispiel auch wünschen, dass Impfbefürworter und Impfgegner sich jetzt gegenseitig akzeptieren oder wenigsten wieder ruhig miteinander reden. Am meisten aber wünsche ich mir „Osteraugen“ für kleine und große Schritte zum Frieden auf der Welt. Das ist übrigens immer der erste Wunsch des Auferstandenen an seine Freunde. Zunächst nur das und nichts anderes. Und dieser Wunsch hat nichts von seiner Aktualität verloren.
(Quelle: Text: Hannelore Maurer / Beitragsbild / Fotos: Hannelore Maurer)
Gedicht von Klaus Hemmerle:
Ich wünsche uns Osteraugen,
die im Tod bis zum Leben sehen,
in der Schuld bis zur Vergebung,
in der Trennung bis zur Einheit,
in den Wunden bis zur Heilung.
Ich wünsche uns Osteraugen,
die im Menschen bis zu Gott,
in Gott bis zum Menschen,
im ICH bis zum DU
zu sehen vermögen.
Und dazu wünsche ich uns
alle österliche Kraft und Frieden,
Licht, Hoffnung und Glauben,
dass das Leben stärker ist als der Tod.
(Klaus Hemmerle)
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