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Radiotelemetrie rettet bayerische Brachvögel

Nistmulde mit Brachvogelküken. Foto: Copyright Verena Rupprecht -LBV

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

18. August 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

Hilpoltstein / Bayern – Jährlich werden in Bayern nur wenige Küken des vom Aussterben bedrohten Großen Brachvogels flügge. Zu groß sind die Gefahren, wenn die kleinen Vögel selbstständig durch Wiesen und Felder wandern. Deshalb stattet der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) die meist nur etwa 50 Gramm schweren Küken direkt nach dem Schlupf mit winzigen Radiotelemetrie-Sendern aus. 78 junge Brachvögel konnte der LBV in diesem Jahr in den drei Projektgebieten in Bayern besendern, von denen 11 flügge wurden.

„Im Oberpfälzer Donautal, dem oberbayerischen Donaumoos und dem Altmühltal konnten wir noch nicht den dringend notwendigen Bruterfolg erzielen, um die Bestände dieser Wiesenbrüter sicher zu erhalten. Dennoch war diese Saison deutlich besser als die der vergangenen Jahre. Dank der genauen Ortung durch Radiotelemetrie konnten wir viele Küken davor retten, den Maschinen bei der Wiesenmahd zum Opfer zu fallen“, sagt Projektleiterin Verena Rupprecht. Seit 2021 führt der LBV das Forschungsprojekt zur Radiotelemetrie am Brachvogel im Auftrag der Regierung von Mittelfranken und der Oberpfalz sowie des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen durch.

Küken legen beachtliche Strecken zurück

Von Mai bis Anfang Juni verlassen die Großen Brachvögel bereits am Tag nach dem Schlupf ihre kleine Nist-Mulde in der Wiese. Die Elternvögel passen zwar noch gut auf die Küken auf, indem sie die Kleinen bei Kälte oder Regen unter ihre Fittiche nehmen oder bei Gefahr intensiv warnen. Trotzdem suchen die Küken bereits selbstständig nach Nahrung und legen dabei beachtliche Strecken zurück. Im oberbayerischen Donaumoos wanderte Anfang Juni ein Küken über zwei Kilometer von seinem ursprünglichen Neststandort ab und überquerte innerhalb weniger Tage sogar Bahngleise und Pferdekoppeln. „Hätte das Küken keinen Sender gehabt, hätten wir es wohl nicht wieder gefunden. Aber so konnten wir es am neuen Ort schützen“, sagt Marie Heuberger, LBV-Projektmitarbeiterin im Donaumoos.

Bevor die Wiesenflächen im Projektgebiet im Frühling bewirtschaftet werden, erfasst das LBV-Wiesenbrüter-Team mit Hand-Antennen die Signale der besenderten Küken. So kann es die Landwirtinnen und Landwirte rechtzeitig über die genauen Standorte der Tiere informieren. „Die gut getarnten Küken im hohen Gras regelmäßig mit dem Fernglas zu beobachten, ist fast unmöglich. Dank der genauen Senderdaten können wir – manchmal in letzter Sekunde – die Küken vor dem Häcksler retten“, so Brachvogelexpertin Verena Rupprecht. Die Mahd wird dann in Absprache mit den Naturschutzbehörden verschoben. Die Landwirte erhalten hierfür eine Entschädigungszahlung von der unteren Naturschutzbehörde.

Hilfe dank Sender für einen kleinen Kämpfer

Das Forschungs-Projekt zeigt auch, wie entscheidend es für das Überleben der Jungvögel ist, genügend Insektennahrung zu finden. Ein besendertes Küken im Donautal verlor Ende Juni scheinbar den Anschluss zu seiner Brachvogelfamilie und blieb in einer nicht besonders artenreichen, dicht gewachsenen Wiese zurück. „Wenn wir alle sieben bis zehn Tage die Sender nachkleben, messen und wiegen wir die Küken auch. Hierbei haben wir festgestellt, dass das Küken nur halb so schwer wie seine Geschwister war“, berichtet Verena Rupprecht. Nachdem der kleine Brachvogel wieder den Anschluss fand und in sehr artenreichen Wiesenbrüterflächen mit vielen Kräutern und Insekten unterwegs war, legte er innerhalb einer Woche von 125 Gramm auf fast 450 Gramm zu. „Dieser kleine Kämpfer wurde schließlich sogar vor seinen Geschwistern flügge, denn in der Wiese wimmelte es nur so von Grashüpfern, Zikaden, Raupen und Käfern“, freut sich Rupprecht.

Brachvögel sind bereits in ihren Überwinterungsgebieten angekommen

Die Zeit, bis die Jungvögel flügge sind, ist zudem besonders gefährlich, weil sie in diesem Entwicklungsstadium oft Fressfeinden zum Opfer fallen. „Zum Glück scheint dieses Jahr der Druck durch Fuchs, Marder und Greifvögel etwas geringer gewesen zu sein als 2022. Dieser Gefahrenfaktor schwankt jährlich leicht und hängt zum Beispiel von der Witterung und sonstigem Nahrungsangebot für die Fressfeinde ab“, so Rupprecht. Die Brachvögel sind mittlerweile bereits in ihren Überwinterungsgebieten in Portugal und Spanien angekommen und werden Anfang März wieder nach Bayern zum Brüten zurückkehren. Dann wird das LBV-Wiesenbrüter-Team erneut die Sender auspacken und sich für den seltenen Vogel einsetzen.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Copyright: Verena- Rupprecht – LBV)

 

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