Rosenheim – Bei diesem Termin kurz vor den Weihnachtsfeiertagen wurde es sehr emotional: Rosenheim hat jetzt eine Babyklappe. Eingeweiht wurde sie am gestrigen Donnerstag (21.12.2023) im Ostflügel des Hauses 4 des RoMed Klinikums Rosenheim.
Für die Babyklappe gab es auch einen kirchlichen Segen. Fotos: Josefa Staudhammer
Die Initiative für die Rosenheimer Babyklappe startete vom Förderverein Kinderklinik, nachdem im Frühjahr diesen Jahres ein Neugeborenes im Hinterhof eines Rosenheimer Hotels ausgesetzt worden ist (wir berichteten). Finanziert wurde die Babyklappe mit Hilfe von Spenden. Die Gesamtkosten dafür betragen rund 11.000 Euro.
Der Platz für die Babyklappe wirkt auf den ersten Blick lieblos – unter einer Eisentreppe wurde sie angebracht. Um hineinzuschauen muss man sich sogar bücken. Tatsächlich wurde diese Stelle aber nach Worten von Funktionsoberärztin Dr. Susanne Eder nach langer und reiflicher Überlegung bewusst ausgewählt: „Dieser Platz ist nah am Geburtshaus und kann nicht eingesehen werden“. Mütter, die in ihrer Verzweiflung diesen Schritt gehen, sollen so die Gewissheit haben, dass sie ihr Baby tatsächlich unbeobachtet und anonym abgeben können.
Die Babyklappe an sich wurde aber dann mit umso größerer Liebe und Sorgfalt ausgestattet. Ein Baby hat es darin warm und weich. In dem Bettchen liegen zwei Teddybären – ein Kuscheltier für das Neugeborene und eines für die Mutter, gedacht als gemeinsame Erinnerung. Daneben liegt noch ein Brief für die Mama, in dem genau beschrieben steht, was nun mit ihrem Kind passiert und ihr sagt, wo sie nun Hilfe finden kann. Außerdem gibt es noch Papier und Stift, um den Vornamen des Babys aufzuschreiben oder eine Nachricht für das Kind zu hinterlassen.
Bei diesem Anblick wurde es bei der Einweihung emotional. Nicht nur die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig kämpfte da mit den Tränen. „Die Babyklappe ist eine enorme Hilfe für verzweifelte Mütter in Notlagen“, hofft sie. Die medizinische Versorgung und die Betreuung des Kindes bis hin zu einer Adoption seien auf diese Weise gewährleistet und die betroffenen Mütter würden sich nicht strafbar machen.
Gemeinsam wurde „Ein Stern über Bethlehem“ gesungen.
So funktioniert die Babyklappe: Die Anlage ist technisch mehrfach gesichert. Sichtschutz gewährleistet die Anonymität der Mutter. Sobald ein Baby in dem Bettchen abgelegt wird, erfolgt zeitversetzt die Alarmierung von Ärzten und Pflegekräften, die sich dann sofort um die Erstversorgung des Säuglings kümmern.
Die Klinik verständigt unverzüglich das Jugendamt, das sich um die notwendigen formellen Angelegenheiten kümmert und die Unterbringung in einer Pflegefamilie organisiert.
Die Mutter kann sich aber dennoch zu diesem Zeitpunkt immer noch umentscheiden. Der Weg zurück zu ihrem Baby bleibt, nach Auskunft des RoMed Klinikums Rosenheim, offen.
Nach seinem Klinikaufenthalt kommt das Baby direkt in seine Adoptivfamilie. Rechtsgültig wird die Adoption nach etwa einem Jahr. Beratung und Hilfsangebote, die die Mutter anonym in Anspruch nehmen kann, gibt es dazu an verschiedenen Stellen in Stadt und Landkries Rosenheim, unter anderem bei Donum Vitae in Bayern, beim Sozialdienst katholischer Frauen Südostbayern, dem Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Rosenheim sowie der staatlich anerkannten Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen beim Landratsamt Rosenheim.
Die erste Babyklappe in Deutschland wurde im Jahr 2000 in Hamburg eingerichtet, nachdem auf dem Fließband einer Recycling-Firma ein totes Baby gefunden wurde. Mittlerweile gibt es deutschlandweit rund 100 dieser Einrichtungen.
Wie viele Mütter mittlerweile von dieser Möglichkeit zur vertraulichen Geburt Gebrauch gemacht haben, lässt sich nicht genau nachvollziehen. Laut Schätzungen, die sich Internet an verschiedenen Stellen finden, gab es in Bayern innerhalb von fünf Jahren 77 Fälle.
„Mir persönlich liegt es sehr am Herzen, dass die oft verzweifelten Mütter sich in Sicherheit wiegen können, dass ihr Kind optimal medizinisch versorgt wird. Keine Mutter gibt freiwillige und ohne Verzweiflung ihr Kind in fremde Hände ab“, steht für Mihaela Hammer, 1. Vorsitzende des Fördervereins der Kinderklinik Rosenheim, fest. Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März sieht in der Einführung der Babyklappe „ein zusätzliches Element, um Neugeborene zu schützen“:
Pastoralreferentin Monika Eichinger und Pfarrer Dr. Klaus Wagner- Labitzke segneten die Babyklappe. Zum Abschluss wurde gemeinsam das Lied „Stern über Bethlehem gesungen“. Bei einem Punkt waren sich die Teilnehmer dieses Termins einig – sie alle hoffen, dass sie nie niemals gebraucht wird.
(Quelle: Artikel: Josefa Staudhammer / Beitragsbild, Fotos: Josefa Staudhammer)
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