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Rosenheimer Leibspeise feiert 10. Geburtstag: Greifbare Nächstenliebe

Peter Kaiser, Chef der Rosenheimer Leibspeise. Foto: Innpuls.me

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

27. März 2024

Lesezeit: 4 Minute(n)

Rosenheim – Seit zehn Jahren kümmert sich die Rosenheimer Leibspeise um Bedürftige. Mit Lebensmittel-Ausgabe und gemeinsamen Essen tut der Verein Gutes für Leib und Seele. Im Gespräch mit Innpuls.me erzählt Initiator Peter Kaiser, wie alles begann und welchen Herausforderungen der Verein sich aktuell stellen muss.

Frage: Herr Kaiser, die Rosenheimer Leibspeise feiert heuer ihr zehnjähriges Bestehen. Aber Ihr ehrenamtliches Engagement für Bedürftige begann doch eigentlich schon viel früher?
Antwort: 
Das stimmt. Mein Engagement für Obdachlose und Bedürftige begann im Jahr 2002. Damals hieß es aber noch Suppenküche.

Frage: Warum haben Sie damals überhaupt beschlossen, sich ehrenamtlich für Bedürftige zu engagieren?
Antwort: Beruflich war ich früher als Steuerberater tätig. Dabei ging es häufig nicht nur um Geld und Zahlen, sondern auch darum, den Menschen, die zu mir kamen, beizustehen und ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte zu haben. Ich merkte, das ist meine wahre Berufung und so schlug ich eine komplett andere Laufbahn ein und wurde Pastor

Frage: 2011 haben Sie die Christengemeinde Neues Leben Inntal gegründet. Gemeinsame Mahlzeiten waren da von Anfang an ein wichtiger Pfeiler, insbesondere am Heiligen Abend. Die Resonanz an den alljährlichen Weihnachtsessen war von Anfang an groß. Welche Menschen sprechen Sie damit an?
Antwort: Vor allem diejenigen, die an diesem Tag nicht alleine sein wollen. Ihnen wollen wir mit diesem Angebot eine Möglichkeit bieten, der Einsamkeit zu entfliehen. Jeder ist an diesem Abend willkommen und jeder darf so lange bleiben, wie er möchte.

Frage: Dabei wird man sicher mit vielen tragischen Schicksalen konfrontiert?
Antwort: 
Ich erinnere mich noch gut an Weihnachten 2016. Eine Frau, gezeichnet vom Leben, alleine, frierend, ohne Zuhause, lag an Heilig Abend in einer Rosenheimer Hauspassage zum Schlafen auf dem harten Boden. Als Decke diente ihr eine weggeworfene Zeitung. Beim Zudecken stieß sie zufällig auf die Ankündigung des Weihnachtessen der Rosenheimer Leibspeise. Sie stand wieder auf und machte sich auf den Weg zu uns. Solche Geschichten bestätigen mich und sind meine Antriebsfeder, weiterzumachen.

Frage: Das soziale Engagement der Rosenheimer Leibspeise ist mit den Jahren immer größer geworden. Mittlerweile gibt es zwei Ausgabestellen in Rosenheim. Eine in der Leiblstraße 16 und eine im Pfarrzentrum Heilig Blut. Woher kommen die Lebensmittel?
Antwort:
Die Lebensmittel werden uns gespendet. Wir sammeln täglich Nahrungsmittel aus Groß- und Einzelhandel  in einem Umkreis von etwa 100 Kilometern . Zum Glück haben wir uns mit den Jahren einen sehr guten Ruf erarbeitet, so dass auch immer wieder Firmen von sich aus auf uns zukommen und ihre Hilfe anbieten.

Frage: Die Zeiten werden schwieriger. Steigende Preise für Rohstoffe und Energie setzen auch die Unternehmen zunehmend unter Druck. Macht sich das bei der Spendenbereitschaft bemerkbar?
Antwort: 
Das merkt man schon. Es bleiben lange nicht mehr so viele Nahrungsmittel in den Märkten übrig, wie früher. Da wird sehr viel genauer kalkuliert, und eingekauft, die Künstliche Intelligenz macht es möglich. Insbesondere Obst- und Gemüse müssen wir aktuell häufig zukaufen. Darum sind wir auch dankbar über jede Geldspende.

Frage: Wie viele Personen versorgen Sie aktuell mit Lebensmitteln?
Antwort: Insgesamt sind es 1037 Personen.

Frage: Wie überprüfen Sie eigentlich, ob die Menschen, die bei Ihnen Lebensmittel beziehen, tatsächlich bedürftig sind?
Antwort: Dafür gibt es genaue rechtliche Vorgaben und diese müssen wir unbedingt einhalten. Bei jeder Neuanmeldung werden die Voraussetzungen von uns deshalb genau überprüft.

Frage: Es werden bei der Rosenheimer Leibspeise aber nicht nur Nahrungsmittel ausgegeben. Einmal im Monat findet im Pfarrzentrum Heilig Blut das „Essen am Samstag“ statt?
Antwort: Bedürftigkeit hat viele Gesichter. Auch Einsamkeit kann eine Not im Leben der Menschen darstellen. Deshalb ist dieser Nachmittag auch nicht nur für finanziell notleidende Menschen gedacht. Jeder ist willkommen, der ein paar Stunden in netter Gemeinschaft mit gutem Essen verbringen will.

Frage: So wie bei dem Weihnachtsessen kochen Sie an diesen Samstagen selbst?
Antwort: Auch meine Frau ist da eine große Stütze. Wir servieren unseren Gästen jedes Mal ein mehrgängiges Menü, diverse Getränke, Kaffee und Kuchen. Das ist natürlich viel Aufwand. aber wir bekommen auch immer sehr viel zurück.

Frage: 2022 hat die Rosenheimer Leibspeise dann zusätzlich den Dienst „Essen-auf-Rädern“ von der Arbeiterwohlfahrt übernommen?
Antwort: Es gibt auch Menschen, die sich eine warme Mahlzeit nicht mehr selbst bereiten können, weil sie beispielsweise krank sind oder ein Handicap haben. Auch diese Menschen wollen wir nicht hängen lassen. Insgesamt nehmen aktuell rund 100 Menschen das Angebot an, sich täglich von uns mit frisch gekochten Mahlzeiten versorgen zu lassen.

Frage: Die Arbeit wird also für die Rosenheimer Leibspeise immer mehr. Da braucht es dann aber doch auch immer mehr helfende Hände?
Antwort: Insgesamt beschäftigen wir zur Zeit insgesamt über 30 Mitarbeiter. Unsere Hauptmannschaft besteht aus sieben Ehrenamtlichen, die bereits seit vielen Jahren dabei sind. Doch das würde längst nicht mehr reichen. Darum sind wir seit einigen Jahren Partner der Jobcenter Rosenheim.

Frage: Was bringt diese Partnerschaft?
Antwort:
Wir profitieren, weil uns bis zu acht Helfer, sogenannte 1-Euro-Jober zur Seite gestellt werden. Zur Zeit  haben wir drei Arbeitskräfte in  Zusammenarbeit mit dem Jobcenter in Teilzeit angestellt. Damit profitieren auch Menschen, die sich schwer tun, wieder im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wir wollen in Zukunft weitere Menschen aus der Arbeitslosigkeit befreien und mithelfen, sie wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern.

Frage: Wie geht es mit der Rosenheimer Leibspeise weiter, wenn Sie mal in den Ruhestand gehen?
Antwort: Es wird einen Nachfolge geben. Dafür wird bereits jetzt gesorgt. Der Verein kann schließlich die vielen Menschen, um die er sich jetzt sorgt, nicht plötzlich im Stich lassen.
(Quelle: Interview Karin Wunsam / Beitragsbild: Karin Wunsam)

Mehr Infos zur Rosenheimer Leibspeise gibt es hier:

1 Kommentar

  1. Wahnsinns Engagement – sehr beeindruckend was Herr Kaiser mit seiner Frau und dem Team aus Ehrenamtlichen und Helfern macht.

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