Rosenheim – Die Rosenheimer Seelsorgerin Hannelore Maurer lädt in ihrem diesjährigen Weihnachtsgruß dazu ein, über Wünsche, Sehnsucht und die wahre Bedeutung von Weihnachten nachzudenken. Mit Anknüpfung an Märchen und die biblische Weihnachtsgeschichte zeigt sie, warum die großen Herzenswünsche unseres Lebens oft nur als Geschenk von Gott erfüllt werden – und wie wir diese Hoffnung in unserem Alltag leben können.
Vom Wünschen und Beschenktwerden
Vor einiger Zeit habe ich wieder einmal im alten Märchenbuch meiner Kindertage geblättert, aus dem unsere Mutter uns immer vorgelesen hat. Die Erzählungen beginnen dort mit der fortwährend gleichen Einleitung: „In einer Zeit, in der das Wünschen noch geholfen hat…“ Heute, mit einigem Abstand zu diesen Kindertagen, lässt mich diese rätselhafte Formulierung aufhorchen. Heißt das doch in logischer Konsequenz für meine heutige Wirklichkeit, dass das Wünschen scheinbar nichts mehr hilft – und damit auch keinen Sinn mehr macht. Dabei haben doch gerade Wünsche an Weihnachten Hochkonjunktur, zumindest die, die man auch erfüllen, das heißt kaufen oder bestellen kann.
Überraschenderweise liegen auch Märchen wieder hoch im Kurs. Märchenbücher werden neu herausgegeben und verfilmt. Im Märchen, so sagen Psychologen, wird das Unmögliche möglich. Da werden Träume wahr, hier siegt immer die Gerechtigkeit und das Gute über das Böse – und vor allem gehen Märchen immer gut aus.
Die Sehnsucht nach dem Unmöglichen
Wenn wir uns die Weihnachtsbotschaft der Bibel anschauen, muten diese Texte auch erst einmal wie ein Märchen an: Maria und Josef begeben sich auf eine abenteuerliche Reise, und dann wird ein kleines, göttliches Kind geboren. Es kommt in eine kalte Welt, die keinen Platz dafür zu haben scheint. Geboren in einem armen Stall, findet es seinen ersten Platz auf Erden in einer Futterkrippe, und die Ärmsten der Armen, die Hirten, werden zu Zeugen des Geschehens.
Gott wird Mensch und ist im wahrsten Sinn des Wortes ein „heruntergekommener Gott“ – in einer Zeit, in der das Wünschen noch geholfen hat. Die biblischen Texte beschreiben die unbeschreiblich große Sehnsucht eines ganzen Volkes nach Geborgenheit und Vertrauen, dass der lang verheißene Messias kommt und die Menschen in eine gute Zukunft führt.
Wünsche, die das Leben bewegen
Wie schaut es mit den Wünschen und Sehnsüchten von uns Menschen heute aus? Um eine persönliche Frage zu stellen: Was ist momentan eigentlich Ihr größter Wunsch? Damit meine ich nicht die Dinge, die man kaufen oder bestellen kann. Wir brauchen Wünsche zum Leben – solche, die uns über den Alltag hinausheben, die uns weiterbringen und träumen lassen von einer guten Zukunft. Weihnachten ist die Zeit der Wünsche.
Die wirklich großen Wünsche unseres Lebens lassen sich nicht über den Ladentisch kaufen. „Weihnachtswunsch“ oder „Herzenswunsch“ zeigen, dass Freundschaft, Liebe und Gesundheit zu den größten Sehnsüchten gehören. „Man soll seine Träume nie aufgeben“, sagte kürzlich die deutsche Ingenieurin Michaela Benthaus. Seit einem Unfall sitzt sie im Rollstuhl, flog aber als erste querschnittgelähmte Person mit einer Blue-Origin-Rakete ins All. „Es gibt manchmal die kleine Chance, dass sie wahr werden.“
Am Ende werden unsere Wünsche oft doch erfüllt – zwar anders, als wir geplant oder zunächst gewünscht haben. Gott wird Mensch, wendet sich den Menschen zu und beugt sich herunter in die Armseligkeit und Gebrechlichkeit unseres Lebens. Wir dürfen Zeugen werden wie die Hirten, Menschen, die mit einem einfachen Herzen, aber mit großer Sehnsucht auf das Heil warten, das letztlich von Gott kommt. „Er hat uns gerettet“, schreibt Paulus im Titusbrief, „nicht weil wir Werke vollbracht hätten, sondern aufgrund seines Erbarmens“ – aufgrund seiner Liebe.
So möchte ich uns allen wünschen, dass uns das Geheimnis der Weihnacht zum Wünschen ermutigt. Wir dürfen Sehnsucht haben und auf die Erfüllung unserer Herzenswünsche vertrauen. Den Kindern wünsche ich Freude an lang gehegten Wünschen, den Erwachsenen, dass wir nie müde werden, nach den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zu streben – und dabei ein Auge, ein Ohr und ein Herz für die Sehnsucht des Menschen neben uns zu haben.
(Quelle: Weihnachtsgruß Hannelore Maurer / Foto :Copyright Hannelore Maurer)


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