Hilpoltstein / Bayern – Der Satellitensender von Wally, einer der beiden vom bayerischen Naturschutzverband LBV und dem Nationalpark Berchtesgaden im Juni 2021 ausgewilderten jungen Bartgeier, übermittelt seit Mitte April keine Daten mehr. Seit etwa einem Jahr können Interessierte durch die an Wally und Bavaria angebrachten GPS-Sender die Flüge der beiden Bartgeier durch die Alpen auf der LBV-Webseite mitverfolgen. Nun hat Wally ihren Sender offenbar in der Nähe der Zuspitze verloren.
Ein paar Kilometer östlich im Reintal wurde am 15. April das letzte Signal übermittelt. „Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass dort oben in den Felswänden nur der vorzeitig abgefallene Sender liegt und Wally wohlauf irgendwo in den Alpen ihre Kreise zieht“, so LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Trotz einiger aufwändiger Sucheinsätzen in den vergangenen zwei Wochen konnten Projektmitarbeitende den Sender zwar im Steilgelände orten, bisher jedoch noch nicht bergen. In kommenden Tagen soll deshalb ein weiterer Versuch unternommen werden. Wandernde in den gesamten deutschen Alpen sind aufgerufen, mögliche Sichtungen von Bartgeier Wally zu fotografieren und per E-Mail an den LBV zu schicken unter bartgeier@lbv.de.“Zunächst hatten wir uns nichts weiter gedacht, da es leider in den vergangenen Monaten auch immer wieder Senderausfälle bei Bavaria gab. Nach einiger Zeit wollten wir dann aber einfach auf Nummer sicher gehen und haben begonnen, vor Ort im Reintal nach Wally und dem Sender zu suchen“, sagt Toni Wegscheider. Aufgrund der zuletzt eingegangenen Daten sind sich sowohl der Projektleiter als auch erfahrene Bartgeierexperten aus Österreich und der Schweiz sicher, dass Wally in bester Verfassung war, als der GPS-Sender ihren letzten Aufenthaltsort sendete.
„Der Steilhang, in dem wir das Sendersignal mit Handempfängern unter schwierigen technischen und alpinistischen Umständen lokalisieren konnten, weist glücklicherweise keine offensichtlichen Gefahrenquellen auf“, ergänzt Wegscheider. So gibt es in der Nähe weder Seilbahnen noch Stromleitungen, mit denen der Geier kollidiert sein könnte. Auch problematische Steinschlagrinnen oder sonstige natürliche Bedrohungen sind dort nicht vorhanden. Nun wollen die LBV-Experten in jedem Fall klären, was genau dort im Steilhang im Zugspitzgebiet zu finden ist. „Wir hoffen bei der anstehenden Senderbergung auf ein kleines Happy End. Wir müssen uns aber wohl langsam vom Gedanken verabschieden, dass Wally weiterhin mit einem funktionierenden Sender durch die Alpen fliegt“, so der LBV-Projektleiter.
Gurte mit einer
Sollbruchstelle versehen
Die mit einer Sollbruchstelle versehenen Gurte der GPS-Sender sollten sich eigentlich erst nach drei bis fünf Jahren lösen. „Doch allein in den letzten drei Monaten hatten wir leider bei vier Bartgeiern in Frankreich, der Schweiz und Italien deutlich verfrüht abgefallene Geräte. Eine Erklärung dafür konnten wir leider noch nicht finden, wir arbeiten aber weiter an der Problembehebung“, erklärt Franziska Lörcher von der Vulture Conservation Foundation (VCF). Die Europäische Geierstiftung stellt seit Jahrzehnten die Technik und die Sender für das erfolgreiche europäische Auswilderungsprogramm zur Verfügung, so auch für die deutschen Vögel.
In den letzten beiden Tagen vor dem Verstummen des Senders hat Wally als junger und vitaler Bartgeier eine Strecke von 380 Kilometern zurückgelegt. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt im Nationalpark Berchtesgaden, hatte sie sich im Reintal östlich der Zugspitze ein ebenfalls mit hoher Wilddichte und guten Gamsbeständen ausgestattetes Gebiet als neuen Aufenthaltsort gesucht. „Durch die lange Zeit im Nationalpark Berchtesgaden, wo Wild seit 2014 ausschließlich bleifrei erlegt wird, halten wir eine für Bartgeier sehr gefährliche Bleivergiftung für relativ unwahrscheinlich“, so Wegscheider. Auch alle weiteren übermittelten Daten wie Flugstrecke, Bewegung, Aktivität und Temperatur zeugen von keinerlei erkennbaren Einschränkungen oder Vergiftungszeichen
Wie Wally erkennen
und wo ist Bavaria?
Durch das Fernglas lässt sich Wally bei einer Flügelspannweite von knapp drei Metern dank ihrer eindeutigen Flügelmarkierungen auch für ungeübte Vogelbeobachtende gut erkennen: „Wally mit dem Doppel-L im Namen hat ihre zwei unterschiedliche hellen Bleichstellen in derselben dunkelbraunen Schwinge“, so Toni Wegscheider. Der zweiten ausgewilderten Bartgeierdame Bavaria geht es gut. Nachdem sie sich lange in den österreichischen Ostalpen aufgehalten hatte, war sie Mitte April in das erweiterte Gebiet um den Nationalpark Berchtesgaden zurückgekehrt, wo sie seither ihre Kreise zieht. Zuletzt kam ihr Sendersignal aus der Nähe des Hochkönigs.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Martin Leitner)
0 Kommentare