Rosenheim – Nach der versuchten Hausbesetzung in der Rosenheimer Arnulfstraße Anfang März 2024 (wir berichteten), wandte sich die Partei Die Linke in einen offenen Brief inklusive Fragenkatalog an Oberbürgermeister Andreas März. Dieser antwortet nun ebenfalls mit einem offenen Brief:
Den gesamten offenen Brief der Partei Die Linke Kreisverband Rosenheim an Oberbürgermeister Andreas März könnt ihr hier lesen. Darin forderten sie Rosenheims Stadtoberhaupt dazu auf einen Fragenkatalog zum Thema Leerstand zu beantworten. Dazu veröffentlichten sie auch ein Video auf Instagram. Darin äußert sich ein Mitglied des Linken-Kreisverbands zur Hausbesetzung in der Arnulfstraße folgendermaßen: „Die Besetzung an sich ist leider gescheitert“.
Das Wort „leider“ empfindet Oberbürgermeister Andreas März befremdlich: „Von einer demokratischen Partei, die Wert darauflegt auf dem Boden der Verfassung zu stehen, muss zu erwarten sein, dass sie elementare verfassungsrechtliche Normen wie den Schutz des Eigentums und die Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung respektiert. Anstatt sich von einer Straftat zu distanzieren bedauern Sie aber das Scheitern einer Straftat, die noch dazu dem extremistischen Umfeld zuzuordnen ist“, heißt es dazu in seinem offenen Brief, den er am heutigen Freitag (5.4.2024) auch an die Presse geschickt hat.
Hier nun der gesamte Wortlaut seines Briefes zum Thema „Leerstand“ in Rosenheim:
„Die Stadt Rosenheim mit ihren 37 km² ist die zweitkleinste kreisfreie Stadt Bayerns, liegt aber mit inzwischen rund 65.000 Einwohnern im Vergleich der kreisfreien Städte im Mittelfeld. Mit dem begrenzten Stadtgebiet stehen wenig bebaubare Flächen zur Verfügung und längst nicht alle der Freiflächen sind im Besitz der Stadt.
Die Bevölkerungsentwicklung in Rosenheim verhält sich seit einigen Jahren äußerst dynamisch, allein in den vergangenen 24 Monaten verzeichnete die Stadt einen Bevölkerungszuwachs von 2,9 Prozent. Diese Entwicklung kommt nicht überraschend. Daher nimmt die kommunale Wohnungspolitik seit Jahren einen besonderen Stellenwert ein.
Allein die Stadt Rosenheim hat zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft GRWS in den vergangenen sechs Jahren 411 Wohnungen geschaffen. Diese Wohnungen können zu günstigen Konditionen angemietet werden oder befinden sich in der Einkommensorientierten Förderung (EOF) samt Belegungsbindung. Insgesamt fallen in die EOF-Bindung 690 Wohnungen.
Dazu kommen neuerrichtete Wohneinheiten privater Investoren, die die Stadt Rosenheim in dieser Zahl niemals erreichen könnte.
Der Gesamtwohnungsbestand im Rosenheimer Stadtgebiet liegt bei über 33.000 Wohnungen. In den vergangenen drei Jahren bis Ende März 2024 wurden zudem 1.388 weitere Wohneinheiten genehmigt. Die Bekämpfung eines Mangels an Wohnraum kann nur über die Ausweitung des Angebots gelingen, nicht über Eingriffe in die Mietpreisbildung. Wie die vorstehenden Zahlen zeigen ist die Stadt Rosenheim dabei auf einem guten Weg.
Es steht außer Frage, dass die Schaffung von weiterem Wohnraum angesichts der beschriebenen Flächenknappheit eine große Herausforderung darstellt. Nachverdichtung muss mit Bedacht erfolgen und die Bautätigkeit muss die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen.
Die Stadt Rosenheim steht zudem unter einem erheblichen Zuzugsdruck, vor allem aus dem Großraum München und dem Ausland. Hohe Lebensqualität, großer Freizeitwert, gute Infrastruktur, ein gesunder Arbeitsmarkt und auch die Nähe zu München machen Rosenheim seit jeher zu einer attraktiven Wohnadresse mit hoher Nachfrage. Und wie an jedem anderen Standort mit diesen Vorzügen wirkt sich die hohe Nachfrage auf die Immobilienpreise aus. Für Zuzugswillige bedeutet das, dass sie sich bewusst für eine Mittelstadt mit hohem Mietpreisniveau entscheiden.
Die Stadt Rosenheim plant derzeit, das sogenannte „Rosenheimer Modell“ auszuweiten. Ziel bei der Schaffung von Baurecht auf Flächen mit einer Größe von 10.000 Quadratmetern oder mehr ist 30 bis 35 Prozent der Flächen für die Stadt zu sichern. Dabei erhält der Investor den aktuellen Verkehrswert und nicht den Baulandpreis. Das Rosenheimer Modell sichert damit der Stadt die Möglichkeit preisgünstigen Wohnraum zu schaffen und die nötige Infrastruktur wie Kitas u.ä. zu errichten. Geplant ist das Rosenheimer Modell künftig auch auf kleineren Flächen anzuwenden.
Um mit der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung (das Landesamt für Statistik geht im Jahr 2042 von 67.300 Einwohnern aus, unsere eigenen Berechnungen bis 2040 von 75.810) Schritt zu halten, müssten jährlich über 450 Wohneinheiten – sowohl von städtischer als auch von privater Seite – geschaffen werden.
Um diese Herausforderung zu stemmen erstellt die Stadt derzeit ein sogenanntes „Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept“. Für den Bereich Wohnen wird es im Juni eine eigene öffentliche Themenwoche samt Zukunftsforum und Marktstand der Ideen geben, zu der die Rosenheimerinnen und Rosenheimer eingeladen und aufgerufen sind, ihre Bedürfnisse, Ideen und Vorschläge einzubringen.
Ich teile Ihre Einschätzung nicht, dass überall in der Stadt Rosenheim Wohnungsleerstand zu sehen sei (vgl. Instagram vom 19.03.2024 https://www.instagram.com/p/C4r_rF8NBvy/). Abgesehen davon ist privater Wohnungsleerstand aus rechtlichen Gründen nicht zu erfassen. Ihr Vorschlag, der Nutzung von Wohngebäuden nachzuspüren, ist schon durch die grundgesetzlich geschützte Freiheit des Eigentums verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich. Zudem ist Erfassung von Stromzählerdaten datenschutzrechtlich unzulässig.
In diesem Zusammenhang finde ich es befremdlich, dass Sie im o.g. Instagram-Video die gescheiterte Hausbesetzung in Rosenheim Anfang März 2024 mit einem „leider“ quittieren. Von einer demokratischen Partei, die Wert darauflegt auf dem Boden der Verfassung zu stehen, muss zu erwarten sein, dass sie elementare verfassungsrechtliche Normen wie den Schutz des Eigentums und die Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung respektiert. Anstatt sich von einer Straftat zu distanzieren bedauern Sie aber das Scheitern einer Straftat, die noch dazu dem extremistischen Umfeld zuzuordnen ist (vgl.: https://www.verfassungsschutz.bayern.de/linksextremismus/situation/autonome/index.html).
Sowohl der Rosenheimer Stadtrat als auch die Stadtverwaltung machen ihre Hausaufgaben zur Schaffung von Wohnraum. Dabei ist die Stadt aber kein Experimentierfeld für sozialistische Utopien wie „kostenloser Wohnraum für alle“, Verstaatlichung und / oder Enteignungen. Mit der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels haben wir Transparenz und Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter geschaffen. Die aktuelle und auch künftige Wohnbauentwicklung befindet sich auf dem richtigen Weg.“
„Quelle: Artikel: Karin Wunsam / Offener Brief Andreas März / /Beitragsbild: Symbolfoto re)