Der Rosenheimer Stadtteil Kastenau war Sieglinde Wunsams Lebensmittelpunkt. Dort fand nun auch der Trauergottesdienst in der Kirche Heilige Familie statt. Unter den Trauergästen waren neben ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln auch viele andere Verwandte, Freunde und treue Wegbegleiter, darunter auch Vertreter aus der Politik wie Rosenheims Zweiter Bürgermeister Daniel Artmann.
Siglinde Wunsam wurde im Jahr 1943 geboren und wuchs im Nachkriegsdeutschland auf. Früh war sie Mitglied im Trachtenverein D`Innviertler und bei den Innviertler Sängerinnen. Bei einer Firmenfeier lernte sie ihren Mann Ernst kennen, der ihr im Tod vorausging.
Zeitlebens hatte Sieglinde Wunsam viele Ehrenämter inne. Als langjähriges Fördervereinsmitglied der Stadtkapelle Rosenheim hat sie die Verdienstmedaille des Musikbundes für hervorragende Verdienste um die bayerische Blasmusik erhalten. Im Förderverein des Städtischen Museums war sie Zweite Vorsitzende.
1990 zog die Kastenauerin für die CSU in den Rosenheimer Stadtrat ein. Insgesamt drei Wahlperioden war sie dort aktiv und erwarb sich bleibende Verdienste bei der Sicherung und Weiterentwicklung des Klinikums. Außerdem lag ihr der Ausbau der Kinderbetreuung sehr am Herzen.
Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Stadtrat blieb sie weiterhin politisch aktiv beim Aufbau der Senioren-Union der CSU, die sie im Kreisverband Rosenheim-Stadt zehn Jahre führte.
„Sie war ein außergewöhnlicher Mensch“, so Daniel Artmann in seiner Rede und weiter: „Sieglinde war für mich in diesem Sinne immer eine gesuchte Gesprächspartnerin und Ratgeberin. Sie hat mich in meinem Bild von Politik und deren Gestaltungsauftrag bestärkt, wonach es nicht um einen selbst, um Karriere oder Ehrungen gehen darf, sondern immer um die Menschen in unserer Stadt. Und ich habe von ihr gelernt, dass politisches Engagement keine Frage des Alters ist, sondern des Feuers, der Leidenschaft und der Ideen“.
Beim Osterfest noch die Lesung gehalten
Beim Osterfest in diesem Jahr hat Sieglinde Wunsam noch die Lesung in der Kirche Heilige Familie Kastenau gehalten, wie schon viele Jahre davor. Es war die Erzählung von der Flucht Mose und der Israeliten vor den Ägypten. Gott hilft seinem Volk und teilt das Wassers des Meeres. Die Israeliten gelangen trockenen Fußes ans andere Ufer. Das ägyptische Heer ertrinkt in den Fluten.
„Mit dieser Stelle hat Sieglinde immer gehadert. Sie fand es ungerecht, dass die Ägypter ertranken. Schließlich hatten auch sie Familien daheim, die um sie trauerten“, erinnerte sich Pastoralreferentin Hannelore Maurer. Dieser große Sinn für Gerechtigkeit habe Sieglinde Wunsam ebenso ausgezeichnet wie ihre klaren Ansagen, beispielsweise wenn es um ihre Regiearbeit beim Theater Kastenau ging.
Zwei Tage vor ihrem Tod hat Hannelore Maurer Sieglinde Wunsam noch mal besucht und sie gefragt, was man noch Gutes für sie tun könne. „Sie wünschte sich, dass es mit dem Theater gut weiterläuft“, erzählte Hannelore Maurer. Bis zuletzt wichtig gewesen wäre ihr auch die Politik: „Bei ihrem Sohn hat sie wenige Tage vor ihrem Tod nachgefragt, ob er auch wirklich noch die Wahlunterlagen für die Europawahl für sie beantragt habe, für den Fall, dass sie bei dieser Wahl doch noch ihre Stimme abgeben könne“.
Nach dem Gottesdienst begab sich die Trauergemeinde auf den Friedhof Rosenheim, wo Sieglinde Wunsam nun ihre letzte Ruhestätte gefunden hat.
(Quelle: Artikel: Karin Wunsam / Beitragsbild, Foto: Innpuls.me)