Deutschland / Bayern / Rosenheim – Wellensittiche sind die Überflieger: Etwa jeder zweite Vogelhalter pflegt Wellensittiche, mit deutlichem Abstand folgen mit etwa 19 Prozent Kanarienvögel und darauf Nymphensittiche sowie Kleinpapageien.
Insgesamt lebten im Jahr 2023 rund 3,5 Millionen Ziervögel in 1,2 Millionen Haushalten in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Erhebung, die im Auftrag des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH) e.V. und des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) jährlich durchgeführt wird.
Vogelhalter sind nach den Umfrageergebnissen in der Regel über 45 Jahre alt. So waren in Singlehaushalten 33 Prozent der Befragten in der Altersgruppe 45 bis 59 Jahre und sogar 43 Prozent 60 Jahre und älter. Bei Paaren waren diese Anteile nur wenige Prozentpunkte geringer. Hildegard Niemann ist Diplom-Biologin, Verhaltensberaterin für Papageien und Sittiche und zertifiziertes Mitglied der Internationalen Vereinigung von Tierverhaltensberatern (IAABC). Die große Beliebtheit in der Altersgruppe über 45 Jahren erklärt sie sich so: „Einige erfüllen sich damit einen Kindheitstraum, weil sie nun endlich die Möglichkeit haben, sich angemessen um die Tiere zu kümmern und sie in ihren Alltag zu integrieren. Bei älteren Haltern herrscht meist auch ein größeres Interesse, Wellensittich und Co. als Schwarmvögel zu halten, also mit vier oder mehr Tieren. Was es aber natürlich auch immer noch gibt: die junge Familie mit Kind. Da können die Kinder bei der Pflege unterstützen und langsam lernen Verantwortung zu übernehmen.“
Wellensittiche stellen geringe Ansprüche
Rund 1,5 Millionen Wellensittiche machen die kleinen Vögel mit Abstand zu den beliebtesten gefiederten Heimtieren, und das sind sie schon seit Jahren. „Wellensittiche sind so beliebt, weil sie sehr lebhafte Tiere sind, die zur Beobachtung einladen. In Haltung und Pflege stellen sie vergleichsweise geringe Ansprüche. Im Vergleich etwa zum Graupapagei sind sie im Handel eigentlich immer verfügbar und es gibt auch keine Hürden durch Bürokratie, dass Wellensittiche erst genehmigt werden müssten. Vor allem sind sie aber sehr resilient, das heißt, sie sind sehr widerstandsfähig und können sich an verschiedene Bedingungen anpassen. In neue Gruppen lassen sie sich meist problemlos eingliedern“, erklärt Niemann.
Als sehr aktive und hochintelligente Tiere brauchen Wellensittiche Beschäftigung und Artgenossen. Die Expertin empfiehlt dafür vier Tiere in einem gleichen Geschlechterverhältnis, mindestens aber ein Paar. Außerdem sollte es keinesfalls mehr Weibchen als Männchen geben. „Worauf sich angehende Vogelhalter immer einstellen sollten: Ein Wellensittich kann einfach nicht still sein, sie müssen immer plappern. Das macht es oft auch nicht so einfach, sie mit anderen Arten gemeinsam zu halten, weil diese zu anderen Zeiten aktiv sind oder generell mehr Ruhe brauchen“, so die Vogelexpertin. Beispielsweise mit Katharinasittichen kann die gemeinsame Haltung aber funktionieren, wenn alle Vögel ausreichend Platz und Rückzugsräume haben und genau darauf geachtet wird, dass jede Art das richtige Futter bekommt.
Kanarienvögel und Nymphensittiche mindestens paarweise halten
Auf dem zweiten und dritten Rang wechselten sich Kanarienvögel und Nymphensittiche in den vergangenen Jahren regelmäßig ab. Sie sollten ebenfalls mindestens als Paar gehalten werden, denn sie beschäftigen sich am liebsten mit ihren Artgenossen. Auch hier bieten sich ein Weibchen und ein Männchen oder aber zwei Männchen an. Außerdem sollte man den Vögeln ausgiebige Möglichkeiten zum Freiflug sowie Licht und Aufmerksamkeit bieten. Gerade Kanarienvögel belohnen das mit ihrem schönen Gesang.
Bei Nymphensittichen sollten Halter allerdings auch eine Schulung bei einem Vogelexperten machen, da die Weibchen zum „Dauerlegen“ neigen, also immer wieder Eier legen und bebrüten wollen, was sehr an den Kraftreserven zehrt. Erste Anlaufstelle kann hierfür immer der vogelkundige Tierarzt sein, der sich um die Vögel kümmert. Dieser kann grundlegende Tipps und Ratschläge erteilen, ist meistens aber auch gut vernetzt und kann bei Bedarf geeignete Experten empfehlen. Biologen und Verhaltensberater können bei solchen Verhaltensproblemen noch einmal tiefergehender unterstützen. „Es gibt viele Trigger, die einen Nymphensittich zum Eierlegen animieren können, beispielsweise Nistgelegenheiten. Daher sollte man in der Voliere nichts anbieten, was wie ein Nistkasten wirken könnte und auch beim Freiflug sollte man unbedingt dunkle Ecken vermeiden, etwa im Bücherregal“, erklärt Niemann. „Um eine Nachzucht zu verhindern, sollte man zudem energiearm füttern, also wenig gesättigte Fettsäuren, keine Sonnenblumenkerne. Wer sich im Vorfeld gut darüber informiert, worauf er achten muss, hat mit Nymphensittichen sehr pflegeleichte Bewohner im Haus.“
Kleinpapageien für geübte Vogelfreunde
Kleinpapageien brauchen eine gute Erziehung, damit das Zusammenleben mit ihren Haltern funktioniert. Vor dem Kauf sollte man sich deshalb gut informieren und etwa im Zoofachhandel beraten lassen. Notwendig sind viele Beschäftigungsmöglichkeiten und ein großes Angebot an Ästen zum Knabbern und Nagen. Damit pflegen die Vögel ihre Schnäbel. Viele Papageienarten haben eine hohe Lebenserwartung und begleiten einen das ganze Leben, wenn man sie ausreichend beschäftigt und eine Auge auf ihre Gesundheit hat. „Wichtig ist aber darauf zu achten, wie alt die Vögel sind, für die man sich entscheidet. Die Pubertät von Kleinpapageien kann eine sehr anstrengende Zeit sein und tritt je nach Tier und Art in einem Alter zwischen ein und fünf Jahren ein. Der vorher zutrauliche Vogel testet dann verstärkt seine Grenzen aus und will sich mitunter nicht mehr berühren lassen. Darauf sollte man vorbereitet sein, damit man nicht überfordert wird“, so die Expertin. Zudem macht sie auf ein Problem im Internet aufmerksam: „Kleinpapageien werden als eher außergewöhnliche Tiere gerne auf Social Media gezeigt, ohne dabei eine richtige Vogelhaltung zu vermitteln. Immer wieder werden im Gegenteil sogar Haltungsfehler gezeigt, ohne darauf einzugehen. Solche Beiträge sind daher immer mit Vorsicht zu genießen.“
Vorab informieren und beraten lassen
Egal was für Vögel man halten möchte, es ist essenziell, sich vorab über die Ansprüche und Bedürfnisse der Tiere zu informieren. Erste Anlaufstellen dafür sind Vereine. Eine Übersicht dazu findet sich etwa beim Deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund e.V. auf der Seite https://www.vogelbund.de/dkb-landesverbande/. Auch der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) bietet eine Online-Tierarztsuche an, bei der man zum Beispiel nach Spezialisten für kleine Ziervögel oder Papageien suchen kann: https://www.tieraerzteverband.de/bpt/ueber-den-bpt/mitgliedersuche/. Aufmerksame Halter können ihren Schützlingen so beste Bedingungen bieten und etwaige Probleme frühzeitig erkennen und behandeln lassen.
(Quelle: Pressemitteilung IVH / Beitragsbild: Symbolfoto re)