München / Bayern – Vor 40 Jahren wurden die ADAC Stauberater ins Leben gerufen. Längst sind die „Gelben Engel“ der Urlauber zur festen Institution geworden und stehen mittlerweile sogar im Duden. Hier ein Rückblick.
Die Pioniere von damals: Am 17. Juni 1982 gingen die ADAC Stauberater erstmals auf Patrouille, unter ihnen die Grüner Nikolaus Dezasse (zweiter von links) und Martin Mühlbauer (dritter von links). Foto: Copyright ADAC
Es ist eine Situation, die jeder kennt: Gerät man in einen Stau, interessieren genau zwei Fragen: „Wie lange wird es dauern?“ und „gibt es Umfahrungen?“. Genau diese Situation erlebten Nikolaus Dezasse (74) und Martin Mühlbauer (73) auf einer Dienstreise Anfang der 80-er Jahre. Die beiden Mitarbeiter des ADAC Südbayern waren in einem Mega-Stau auf der Brennerautobahn bei Innsbruck gefangen. Über eine Stunde kein Vor oder Zurück, keine Informationen, nichts. Auch in den Verkehrsnachrichten im Radio hofften die beiden vergebens auf Informationen. Es war die Geburtsstunde der ADAC Stauberater. Zurück in ihren Büros feilten sie die Idee aus und gingen in die Umsetzung. Fünf Stauberater-Motorräder sollten auf den südbayerischen Autobahnen unterwegs sein. Es mussten die Maschinen organisiert werden, Ausrüstung war notwendig – und Ausnahmegenehmigungen, damit die Helfer bei Stau die Autobahn betreten durften. „Wir mussten sogar den damaligen bayerischen Innenminister Edmund Stoiber persönlich von der Idee überzeugen, um an die Befreiung von der StVO zu kommen“, erinnert sich Nikolaus Dezasse.
Der Aufbruch
ins Ungewisse
Am 17. Juni 1982 war es schließlich soweit: Mühlbauer, Dezasse und vier weitere Pioniere gingen erstmals auf Patrouille. Ihre Mission: Staugeplagten Urlaubern zu helfen. Was auf sie zukam: unbekannt. Mit einfachem Werkzeug für Pannen und Erste-Hilfe-Material für Unfälle ausgerüstet schlengelten sie sich durch die oft kilometerlangen Blechlawinen. Über Funk konnte das Team Informationen über Staulänge, Unfallursache oder beispielsweise die Dauer der Aufräumarbeiten austauschen. Der Kontakt zur Autobahnmeisterei und Polizei war nur über die Notrufsäulen möglich. „In Zeiten des aufblühenden Auto-Tourismus und der Gastarbeiter, die zu Beginn der Ferien insbesondere in das frühere Jugoslawien und in die Türkei aufbrachen, gab es nicht selten stehenden Verkehr und die Menschen spielten Federball auf der Autobahn oder holten ihre Campingtische und -hocker aus den Autos“, erinnert sich Mühlbauer. Die tätige Hilfe der Stauberater stieß auf enorm positive Resonanz und die Gelben Engel der Urlauber wurden zur festen Institution. 1988 wurde der Begriff „Stauberater“ sogar in den Duden der deutschen Rechtschreibung aufgenommen und die Popularität nahm zu. Es folgten Fernsehauftritte in den Talkshows von bekannten Moderatoren wie Alfred Biolek, Robert Lemkes oder Dieter-Thomas Heck sowie Auszeichnungen, wie beispielsweise 1988 die Auszeichnung für besondere Verdienste zur Verbesserung der Mobilität im Tourismusverkehr anlässlich der Internationalen Touristikmesse in Berlin.
Stauberater Martin Mühlbauer (links) bei Dieter-Thomas Heck in der Show. Foto: Copyright ADAC
Mit den Jahren änderten sich auch die Aufgaben der Stauhelfer: Handys machten den Gang zur Notrufsäule überflüssig, Navigationsgeräte ersetzten Landkarten und Smartphones zeigten die Auslastung der Straße in Echtzeit. Auch der Charakter des Staus änderte sich. Wie, weiß Tanja Langer (53), langjährige Stauberaterin und eine von zwei Frauen in dem sonst männerdominierten Team. Aus Stillstand wurde zähfließender Verkehr, da auf den Schilderbrücken über der Fahrbahn je nach Auslastung automatisch das Tempo reguliert werden kann. „Früher fuhren die Autofahrer in unübersichtlichen Kurven manchmal nahezu ungebremst ans Stau-Ende. Zum Teil schlimme Auffahrunfälle waren die Folge“, erinnert sich die Münchnerin. Aber auch die Rettungskette wurde optimiert: Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr sowie Abschleppdienst gelangen heute sehr viel schneller an die Unfallstelle. Die A8 Stuttgart – München wurde auf sechs Streifen ausgebaut und auf der A9 München – Nürnberg wird die Pannenspur je nach Auslastung für den Verkehr freigegeben. Geändert haben sich auch die Reisegewohnheiten: „Statt einer mehrwöchigen Sommerreise unternehmen die Menschen mehrere Kurzurlaube oder machen Tagesausflüge“, zieht Tanja Langer den Vergleich zu früheren Jahren. Trotz aller technischer Neuerungen ist die Tätigkeit des Stauberaters durch nichts zu ersetzen. „Die Menschen schätzen den persönlichen Kontakt gerade in Ausnahmesituationen wie einem Unfall oder einer Panne, wenn die Urlaubsträume wie ein Kartenhaus zusammenfallen“, erzählt Langer und sieht in der Hilfe für andere Menschen auch die Motivation, das Wochenende auf der Autobahn zu verbringen, während andere am Badesee liegen.
Nikolaus Dezasse war einer der Gründer der ADAC Stauberater. Seit 40 Jahren sind die „Gelben Engel“ der Urlauber Sommer für Sommer im Einsatz und helfen den Autofahrern auf dem Weg in die schönsten Wochen des Jahres. Foto: Copyright ADAC
Bis einschließlich 11. September sind die südbayerischen ADAC Stauberater jeweils an den Wochenenden noch im Einsatz. In ihren Koffern dabei haben sie Getränke, Spielsachen für Kinder, Landkarten für Umfahrungen sowie Verbandsmaterial, um bei Unfällen schnelle Erste-Hilfe leisten zu können.
Unterwegs sind sie auf der A9 München – Nürnberg, im Abschnitt zwischen Ingolstadt und dem Autobahnkreuz München-Nord, auf der A99 Ostumfahrung München, der A8 Ost München – Salzburg bis zum Grenzübergang sowie auf der Inntalautobahn A93 von Rosenheim bis zur Landesgrenze bei Kiefersfelden. Parallel zu den Stauberatern ist das mobile ADAC StauStudio unterwegs. Die rollende Verkehrsredaktion liefert aktuelle Meldungen in die Hörfunkstudios von Bayern 1 und Bayern 3 sowie den lokalen Rundfunksendern Radio Arabella, Radio Top FM, 95,5 Charivari München, Radio Gong 96,3, Radio Charivari Rosenheim sowie Radio Alpenwelle. Im vergangenen Jahr legten die 20 Stauberater insgesamt rund 36.000 Kilometer zurück.
(Quelle: Pressemitteilung ADAC / Beitragsbild, Fotos: ADAC)
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