Hilpoltstein / Bayern – Die ersten Rauch- und Mehlschwalben kehren jetzt aus ihren afrikanischen Wintergebieten nach Bayern zurück. „Leider werden die fliegenden Frühlingsboten von Jahr zu Jahr weniger. Denn sie stehen gleich doppelt unter Druck: Zum einen finden sie weniger Insekten als Nahrung, zum anderen wird es für sie immer schwieriger geeignete Nistplätze zu finden“, sagt die LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson. Seit 2017 würdigt der bayerische Naturschutzverband LBV deshalb gemeinsam mit seinem bundesweiten Partner NABU Naturfreunde, die Schwalbennester an ihrem Wohnhaus, an der Garage, in der Scheune oder an einem landwirtschaftlichen Betrieb erhalten oder künstliche Nisthilfen anbringen. Allein in Bayern wurden bereits mehr als 1.000 Gebäude mit der Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“ ausgezeichnet.
Die Mehlschwalbe ist gefährdet, die Rauchschwalbe steht seit 2004 auf der Vorwarnliste der Roten Liste bedrohter Arten Deutschlands. Die Hauptgründe für die anhaltenden Bestandsrückgänge beider Vogelarten sind der Mangel an Insekten, weniger natürliche Nistbaumaterialien und die zunehmend fehlenden Nistmöglichkeiten durch Modernisierung. „Die Fassaden von Neubauten – häufig Zweckbauten aus Stahl und Glas – sind zu glatt. Hier halten die Nester nicht und oft fehlt der schützende Dachüberstand“, weiß die LBV-Biologin.
Nistmöglichkeiten der Schwalben
gehen immer weiter zurück
Doch auch im ländlichen Bereich gehen die Nistmöglichkeiten für diese gefährdeten Arten zurück. „Nach Umbau und Modernisierung alter Gebäude und Höfe sind die Fassaden oft ungeeignet für Mehlschwalbennester oder die Vögel werden vergrämt“, sagt Angelika Nelson. Den nahverwandten Rauchschwalben mit dem tief gegabelten Schwanz macht zusätzlich die Veränderung der Viehhaltung zu schaffen. Moderne Ställe ohne Einflugmöglichkeiten oder mit starker Durchlüftung berauben sie ihrer Nistplätze.
Mehl- und Rauchschwalben aber auch ihre Nester stehen unter Schutz und dürfen nicht entfernt werden. Nisthilfen für beide Schwalbenarten sind im Fachhandel erhältlich oder können selbst gebaut werden. „Stört der herunterfallende Kot, kann ca. 60 cm unter dem Nest ein Kotbrett angebracht werden. Dieses sollte 25 cm tief sein und an den Seiten 10 bis 20 cm über den Nestrand herausragen“, so die LBV-Biologin.
Schwalben sind auf Lehm, Ton oder
schlammige Erde zum Nestbau angewiesen
Schwalben sind auf Lehm, Ton oder schlammige Erde für das Bauen ihrer Nester angewiesen. Dieses natürliche Baumaterial fehlt zunehmend, weil zum Beispiel ehemals lehmige Wege asphaltiert wurden. „Jeder kann Schwalben mit Baumaterial in der Nähe des Gebäudes helfen, indem man eine geeignete Bodenstelle feucht hält. Alternativ rührt man etwas Lehm mit Wasser in einer Tonschale an und bietet diese den Schwalben an einer katzensicheren Stelle an“, sagt Angelika Nelson.
Neben der Sicherung und Neuschaffung von Nistplätzen trägt der Erhalt einer abwechslungsreichen, naturnahen Umgebung von Ortschaften und Städten zur Stabilisierung der Schwalbenbestände bei. Zu den dafür nötigen Maßnahmen gehört die naturnahe Gartenpflege, die Anpflanzung heimischer Sträucher und Bäume sowie die Erhaltung und Neuanlage von Dorfteichen. Auch große Naturschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel die Renaturierung von Feuchtgebieten, hilft den Insektenjägern sehr. „Wir dürfen nicht vergessen, dass Schwalben für die Aufzucht einer Brut von vier bis sechs Jungen bis zu 1,2 Kilogramm Insekten benötigen. Das entspricht grob geschätzt 12.000 Insekten. So helfen die Schwalben auch den Menschen, indem sie die Anzahl der Stechmücken verringern“, so Angelika Nelson.
LBV-Auszeichnung
„Schwalbenfreundliches Haus“
Hausbesitzer können sich für die LBV-Auszeichnung „Schwalbenfreundliches Haus“ über das Online-Meldeformular bewerben unter www.lbv.de/schwalbenhaus. „Diese Plakette schafft mehr Aufmerksamkeit für Rauch- und Mehlschwalbe bei Nachbarn und Spaziergängern. Jeder Einzelne kann so diese beiden gefährdeten Schwalbenarten direkt am Haus wirksam und einfach schützen, damit sie weiterhin nach dem alljährlichen Zug wieder ein Zuhause finden“, betont Angelika Nelson.
(Quelle: LBV Bayern / Beitragsbild: re)
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