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Astronomie als „trojanisches Pferd“

Professor Dr. Elmar Junker beim Teleskop der Sternwarte Rosenheim

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

2. Dezember 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Rosenheim – Seit 35 Jahren gibt es die Sternwarte Rosenheim. Leiter ist seit 2005 Professor Dr. Elmar Junker. Innpuls.me hat mit ihm über die ersten Anfänge der Sternwarte gesprochen und warum der Blick in die Sterne so viele Menschen fasziniert.

Die Sternwarte Rosenheim

Die Sternwarte Rosenheim auf dem Dach der Technischen Hochschule Rosenheim. Foto: Karin Wunsam

Frage: Die Liste der Städte mit einer Sternwarte ist sehr überschaubar (siehe hier). Wie kam es dazu, dass vor 35 Jahren eine derartige Anlage gerade hoch oben auf der Hochschule Rosenheim entstand?
Antwort: Gründer der Sternwarte war Professor Aribert Nieswandt. Beim Studium Generale konnte man damals aus rund 60 Fächern auswählen. Sehr begehrt war damals wie heute die Astronomie. Die Beobachtung der Sterne war in den 1980ern zunächst nur mit einem mobilen Fernrohr irgendwo im Nirgendwo auf freiem Feld möglich. Das wollte Professor Nieswandt ändern, um die Vorlesungszeit nicht für Transport und Aufbau zu verbrauchen. 

Frage: Und er kam anscheinend mit seiner Idee einer festen Sternwarte in der Stadt auch gut bei den Rosenheimer an.
Antwort: Die Unterstützung war tatsächlich groß. Es wurden Spenden gesammelt und das auch sehr medienwirksam. 1987 wurde das Observatorium dann mit seinem 35 Zentimeter großen Spiegel und der Rundkuppel eröffnet. Damit ist Rosenheim nur eine von drei (Fach-)Hochschulen in Deutschland mit einer Sternwarte.

Blick in das Teleskop der Hochschule Rosenheim

Blick in das Teleskop der Hochschule Rosenheim.

Frage: Der Standpunkt hoch oben auf der Hochschule ist natürlich ideal?
Antwort: Ja, hoch ist gut, da die Technische Hochschule aber mitten in der Stadt steht, ist die Lichtverschmutzung ein gewisses Problem. Darum haben wir eine Art Vorhänge auf dem Dach angebracht, mittels denen wir das Licht von der Stadt für die Beobachtungen mit bloßem Auge etwas ausblenden können. Bei der Fernrohrbeobachtung hilft auch die Kuppel, da sie Streulicht nur aus einem Spalt reinlässt.

Professor Dr. Elmar Junker zieht die blauen Vorhänge zu, um die Lichtverschmutzung von der Sternwarte Rosenheim abzuhalten.

Mittels „Vorhängen“ wird die Lichtverschmutzung zumindest etwas von der Sternwarte Rosenheim abgehalten.

Frage: Aus Sicht der Forschung ist auch der Spiegel mit 35 Zentimetern etwas klein, oder?
Antwort: Die nächstgelegene Profi-Sternwarte gibt es auf dem Wendelstein. Sie wird von der Ludwig-Maximilians-Universität in München betrieben und hat vor zehn Jahren von 80 Zentimeter auf einen zwei Meter großen Spiegel aufgerüstet Das ist auch nötig, um wissenschaftlich arbeiten zu können.  Wir nutzen unsere Sternwarte für die Studenten im Studium Generale und für öffentliche Führungen, ähnlich wie eine Volkssternwarte. Dafür reicht ein Spiegel mit 35 Zentimeter völlig aus.

Frage: Volkssternwarte bedeutet für alle. Wer nutzt denn neben den Studenten die Rosenheimer Sternwarte?
Antwort: Jung und Alt gleichermaßen bei den öffentlichen Montagsführungen und für Sonderführungen. Die Faszination Weltraum ist nach wie vor hoch, auch schon bei Kindern. Bis 10 Jahre gehen Dinosaurier und Weltall als Thema doch immer…., aber fast alle Menschen sind vom Weltall begeistert.

Frage: Wie erklären Sie sich diese Faszination?
Antwort:  Mittels der Erfindung Teleskop können wir Sterne und Planeten, die Millionen von Kilometern weg sind, nahe ranholen, durch die Raumfahrt von Sonden in den Weltraum reisen ohne uns selbst dafür bewegen zu müssen. Das ist schon aus technischer Sicht enorm faszinierend. Auch die aktuellen Mondmissionen in USA und China begeistern viel. Dann gibt es natürlich auch noch die philosophische Betrachtungsweise. Tief in uns drin sind wir immer auf der Suche nach unserem Platz im Weltall. Sind wir wirklich einzigartig oder gibt es noch etwas anderes da draußen im Weltall? Woher kommen wir, wo gehen wir hin?

Frage: Und gibt es noch anders Leben, was meinen Sie?
Antwort: Ich glaube, nachdem wir nun schon so viele Exoplaneten entdeckt haben, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir auch Leben in irgendeiner Form außerhalb unseres Planeten entdecken. Und wenn das passieren sollte, wird sich einiges ändern. Denn dann verlieren wir Menschen ja quasi unsere Einzigartigkeit.

Frage: Dann macht der Blick hinauf ins Weltall auch demütig?
Antwort: Auf alle Fälle gehört Demut zum Beruf des Astronomen. Man nimmt sich selbst nicht mehr so wichtig.

Frage: Sie sind seit 2005 Leiter der Sternwarte Rosenheim. Was ist seitdem alles in unserer Sternwarte passiert?
Antwort: Zu den Führungen kommen jedes Jahr mehr als 700 Besucher. Neben technischen Verbesserungen sind seitdem auch neue Angebote für die Öffentlichkeit hinzugekommen. Vor allem das öffentliche Astro-Kolloquium ist sehr beliebt. Seit 2005 wurden dadurch bei bislang 70 Veranstaltungen über 17.000 Zuhörer zu uns an die Hochschule gelockt. Seit 2017 werden die Vorträge auch aufgezeichnet und sind online zugänglich. Damit haben wir noch einmal mehr als 1,1 Millionen Menschen erreicht.

Frage: Dabei handelt es sich dabei ja oft auch um hochwissenschaftliche Themen.
Antwort: Ja, aber man kann sie jedermann populärwissenschaftlich erklären und unsere Referenten machen das sehr gut. Das ist das Schöne an der Astronomie. Sie ist dadurch auch ein trojanisches Pferd, mit dem wir Naturwissenschaft unter die Leute bringen.
(Quelle: Interview: Karin Wunsam / Beitragsbild, Fotos: Karin Wunsam)

Weitere Infos zur Sternwarte Rosenheim gibt es hier: 

Hier stellt Professor Dr. Elmar Junker die Sternwarte Rosenheim mit einem Video vor, gefunden auf Youtube:

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