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Bauern-Großdemo am 8. Januar: Was ist für Rosenheim geplant?

Traktorsitz

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

4. Januar 2024

Lesezeit: 4 Minute(n)

Rosenheim / Bayern / Deutschland – Der 8. Januar naht. Die Spannung ist groß, was an diesem Tag alles passiert. Die Bauern rufen an diesem Tag als Reaktion auf die geplanten Sparpläne der Bundesregierung im Agrar-Sektor zur Großdemo auf – und immer mehr landwirtschaftsnahe aber auch ferne Betriebe, Organisationen, Vereine und auch Privatpersonen springen auf diesen Zug auf. Was ist zu erwarten – speziell bei uns in Rosenheim? Innpuls.me hat sich umgehört und auch mit Josef Andres, Kreisobmann für Rosenheim beim Bayerischen Bauernverband (BBV) gesprochen. 

Viele bunte Gummistiefel auf einer Treppe.

Gummistiefel sind zum Symbol der Aktionswochen der Landwirte geworden. 

Die Bundesregierung will die Steuerbegünstigungen beim sogenannten Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen streichen. Die Landwirte wollen das nicht hinnehmen und starten nun ab dem am kommenden Montag (8.1.2024) deutschlandweit eine Aktionswoche. in Abstimmung mit „Land schafft Verbindung“ (LSV).

In Bayern wird zum Auftakt am 8. Januar eine Großdemo mit Kundgebung in München stattfinden. Start ist ab 11 Uhr am Odeonsplatz. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Beteiligung daran von Landwirten aus dem südoberbayerischen Raum sehr groß sein wird.
„Rund 1000 Traktoren werden nach München fahren“, meint Josef Andres. Außerdem organisiert der BBV auch Busfahrten für Landwirte und deren Angehörige von verschiedenen Stellen im Landkreis Rosenheim aus nach München. Auch da ist die Resonanz groß. Es mussten sogar zusätzliche Busse engagiert werden.

Autobahnen sollen in Bayern freibleiben

Anders als in einigen anderen Bundesländern sollen die Autobahnen in Bayern aber bei der Protestaktion der Bauern frei bleiben. „Unsere Aktion haben wir genau mit der Polizei abgesprochen“, so Andres.
Nach der Demo in München am 8. Januar sind für Bayern dann erst mal drei weitere Großkundgebungen der Landwirte geplant: Am 10. Januar in Augsburg ab 11 Uhr beim Plärrer und am 12. Januar in Nürnberg al 11 Uhr beim Volksfestplatz. Höhepunkt der Aktionen ist am 15. Januar die Großkundgebung in Berlin vor dem Brandenburger Tor, an der sich auch wieder viele  Landwirte aus Bayern beteiligen wollen.
Zusätzlich sollen in den kommenden Tagen weitere regionale Aktionen stattfinden.
Eine Übersicht dazu findet sich hier:

Speziell für Stadt- und Landkreis Rosenheim ist aber derzeit noch keine Protestaktion des BBV in Planung.
Das muss jetzt aber nicht heißen, dass es bei uns ruhig bleiben muss. Denn neben den Landwirten wollen immer mehr andere Betriebe, Vereine, Organisationen und auch Privatleute am kommenden Montag protestieren.
Über diverse Social-Media-Kanäle vernetzen sie sich aktuell. Es bilden sich immer mehr Gruppen. Beim Blick auf diese wird klar, dass auf alle Fälle eine ganze Reihe von landwirtschaftsnahen Betrieben am kommenden Montag aus Solidarität heraus geschlossen bleiben werden, darunter auch Metzgereien und Gaststätten. Wer da einen Besuch eingeplant hat, also unbedingt vorab informieren. Die Liste derer, die sich beteiligen wird ständig länger.

Auffällig beim Check der mittlerweile Tausenden von Einträgen  auf Whatsapp, Facebook und Co. ist aber auch, dass der Protest  längst nicht mehr nur ein landwirtschaftlicher Protest ist. Auch aus vielen anderen „Lagern“ heraus formiert sich Widerstand – der sich vor allem gegen die Ampel-Regierung richtet. Ob das alles nun nur viel heiße Luft um nichts ist oder am kommenden Montag dann tatsächlich, wie in einigen Posts und Tweets angekündigt, doch auch das öffentliche Leben im Raum Rosenheim lahmlegt, lässt sich derzeit nur sehr schwer abschätzen.  Viele Gruppierungen halten sich da sehr bedeckt. Einige planen eigene Demos und Kundgebungen und wollen diese auch rechtlich korrekt anmelden und mit der Polizei absprechen.  Es finden sich aber auch durchaus Einträge, die darauf schließen lassen, dass es auch zu unangemeldeten Aktionen kommen könnte.

Offen ist derzeit außerdem, inwieweit sich die Spediteure in die Protestaktionen einbringen und ob dann auch noch die Lokführer (GDL) ab dem 8. Januar in den Streik treten. Dann wäre auf alle Fälle Chaos vorprogrammiert. Schon jetzt überlegen deswegen einige Eltern, ob sie ihre Kinder am Montag erst gar nicht zur Schule schicken. „Meine Buben lasse ich da auf alle Fälle lieber daheim. Die müssen mit Bus und Bahn zur Schule. Ich bin mir sicher, irgendetwas fällt da auf alle Fälle aus“, schreibt bspw. eine besorgte Mutter auf Facebook. 

Zurück zu den Landwirten: Der BBV distanziert sich ausdrücklich von angekündigten Protesten von Trittbrettfahrern. „Natürlich können aber auch Privatleute zu der Demo nach München fahren und daran teilnehmen“, so Andres. Außerdem sei auch stiller Protest mittels Gummistiefel möglich: „Gummistiefel sind zu einem bekannten Symbol für unsere Aktionswochen geworden. Wer sie am 8. Januar vor die Haustüre, in die Autorückscheibe, an den Gartenzaun oder in die Einfahrt stellt, tut damit seine Solidarität mit uns Bauern kund“.

SharePic der Bauern zum Gummistiefel-Protest. Foto: Copyright BBV

Mit diesem SharePic wirbt der BBV um stille Unterstützung für den 8. Januar. Foto: BBV

Von Seiten der regionalen Politik gibt es aktuell noch wenig offizielle Stimmen. Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) hat aber nun einen Brandbrief  an Finanzminister Lindner geschickt. „Mein Wahlkreis Rosenheim ist, Gott sei Dank, nach wie vor geprägt von bäuerlichen Familienbetrieben und einer funktionierenden Almwirtschaft. Gerade in diesem Bereich ist aber, wie Sie sich vorstellen können, die Stimmung auf einen absoluten Tiefpunkt gelangt. Und das zu Recht. Es geht nicht nur um einfache Befindlichkeiten oder Unzufriedenheit, es geht für viele um die Existenz“, schreibt sie darin.

Ludwig befürchtet Verlagerung der Nahrungsmittelproduktion ins Ausland

Die von der Bundesregierung geplante Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft werde die Position der deutschen Landwirtschaft hier und im Europäischen Vergleich weiter verschlechtern. Die Produktion in Deutschland könne nicht in gewohnter Qualität zu günstigen Preisen stattfinden. „Die Regale in den Supermärkten werden aber trotzdem weiterhin gefüllt sein. Die Waren werden dann nur in anderen Ländern produziert und nach Deutschland importiert“, befürchtet die Rosenheimer Politikerin. Statt der Verlagerung der Nahrungsmittelproduktion ins Ausland Vorschub zu leisten, sollte man politisch überlegen, wie man langfristig die Produktion im eigenen Land sichern kann.
Darüber hinaus trage die öffentliche Diskussion der geplanten Maßnahme nicht zur Vertrauensbildung bei: „Man hat den Eindruck, als würde die Bundesregierung etwas beschließen, für das im Nachhinein niemand die Verantwortung übernehmen möchte“. Dieses Verhalten schade dem Vertrauen in demokratische Entscheidungsprozesse und leiste radikalen Kräften Vorschub.
Abschließend bittet Ludwig Lindner dringend „von den Einsparplänen Abstand zu nehmen“.
(Quelle: Artikel: Karin Wunsam / Beitragsbild, Foto: re / SharePic: BBV)

2 Kommentare

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    Die Ampel ist nicht anders zu belehren, und beglückwünschen sich immer selber wie gut sie regieren, sehr gut war schon längst überfällig.

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  2. Avatar

    Eine Mehrheit der Deutschen ist überzeugt, dass eine andere Regierung es nicht besser könnte. Bei den Protesten wird vielfach mit zweierlei Maß gemessen. Die Protestaktionen der Letzten Generation (Klimaaktivisten) werden kriminalisiert, wohingegen die Bauern bei ihren Verkehrsbehinderungen Zustimmung finden. Da stimmt etwas nicht. Wenn die Menschheit so weiter macht, wird es für alle noch unermesslich viel unangenehmer und teurer. Jeder muss seinen bzw. ihren Beitrag leisten, um die Erde bewohnbar zu erhalten.

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