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Eine lebende Genbank

Mann schaut erfreut auf den Apfel in seiner Hand

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

3. Dezember 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Rohrdorf / Landkreis Rosenheim – Lebende Genbank: der Landkreis Rosenheim will sich intensiv für den Erhalt alter Apfel- und Birnensorten einsetzen und hat deshalb einen ersten Sorten-Erhaltungs-Garten in Höhenmoos (Rohrdorf) erreichtet.

Frisch gepflanzte Bäume vor Bergkulisse

Die Bäumchen wachsen auf einem Grundstück in Rohrdorf vor traumhafter Bergkulisse. Fotos: @Landratsamt Rosenheim

Der Landkreis pachtet das Grundstück von der Gemeinde Rohrdorf. Mit der Beteiligung von ehrenamtlichen Helfern wurden am Freitagvormittag die ersten Bäume gepflanzt. Landrat Otto Lederer hat zusammen mit Maria Haimmerer, zweiter Bürgermeisterin der Gemeinde Rohrdorf, den beiden Kreisfachberatern des Landkreises Rosenheim, Roman Pröll und Susanne Summerer, der Projektmanagerin von „Apfel.Birne.Berge“, Eva Bichler-Öttl, Prof. Dominikus Kittemann von der Hochschule Weihenstephan, dem Pomologen Georg Loferer sowie zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinde, des Landschaftspflegeverbandes, der Obst- und Gartenbauvereine und des Kreisverbandes die Pflanzaktion eröffnet.

„Unsere Region soll reicher werden. Reicher an Arten und reicher an dem, was uns schon seit vielen Jahren ausmacht“, betont Landrat Otto Lederer. „Mit diesem Sorten-Erhaltungs-Garten möchten wir einen großen Teil dazu beitragen, dass all die alten und vergessenen Sorten wieder in unsere Region zurückkommen und so einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege und Sortenvielfalt leisten.“ Finanzielle Unterstützung für das Projekt kommt von der Regierung von Oberbayern. 

Landrat Otto Lederer, Projektmanagerin Eva Bichler-Öttl, Pomologe Georg Loferer und Maria Haimmerer, zweite Bürgermeisterin von Rohrdorf beim Baumpflanzen

Landrat Otto Lederer, Projektmanagerin Eva Bichler-Öttl, Pomologe Georg Loferer und Maria Haimmerer, zweite Bürgermeisterin von Rohrdorf (von links) beim Baumpflanzen. 

Rohrdorfs zweite Bürgermeisterin Maria Haimmerer erinnerte sich an den eigenen Obstgarten aus ihrer Kindheit und weiß: „Als die modernen Sorten kamen, sollte alles, was alt war, weg. Jetzt geht der Trend wieder zum Alten und Traditionellen. Das freut mich sehr.“

In den kommenden Monaten und Jahren
sollen noch weitere Bäume gepflanzt werden.

180 Bäume wurden gepflanzt – 53 Hochstämme und 130 Spindelbäume. Diese Pflanzaktion ist der Auftakt für den Sorten-Erhaltungs-Garten. In den kommenden Monaten und Jahren sollen noch weitere Bäume angepflanzt werden, etwa zwei Drittel davon sind unbekannte Sorten, etwa ein Drittel seltene oder besonders ungewöhnliche
Pink Lady, Granny Smith oder Golden Delicious – diese Sorten hört man in Zusammenhang mit Äpfeln heute häufig. So viele verschiedene Sorten gibt es, manche Hunderte von Jahre alt und längst vergessen.

262 vergessene Apfel-
und Birnensorten wurden entdeckt

Seit 2015 macht sich das Biodiversitätsprojekt „Alte Obstsorten im oberbayerischen Alpenvorland“ auf die Suche nach genau solch alten, längst vergessenen oder unbekannten Sorten, gab Projektmanagerin Eva Bichler-Öttl einen kurzen Rückblick: „Wir waren überrascht, wie viele vergessene Sorten es gibt. Wir waren aber auch entsetzt, denn: Wie viel geht uns da verloren, wenn wir nicht handeln?“ 262 vergessene Apfel- und Birnensorten wurden entdeckt, darunter zum Beispiel auch Dörrbirnen, Schnapsbirnen, Mostäpfel oder Tafeläpfel.

An dem Projekt beteiligen sich die Landkreise Traunstein, Rosenheim, Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, das Berchtesgadener Land sowie der Bezirksverband Oberbayern für Gartenkultur und Landespflege.

Pomologe Georg Loferer erklärte die Vorgehensweise: „Die bisher unbekannten Sorten werden sorgfältig dokumentiert und genetisch weiter untersucht.“ Ziel sei es, die wiederentdeckten Obstbäume nachzuziehen. „Anschließend werden die Sorten in allen teilnehmenden Landkreisen ausgepflanzt.“ Sorten, die vor dem Aussterben bedroht sind, sollen zunächst an öffentlichen Orten zugänglich gemacht werden, so wie hier in Höhenmoos. Später, in ein paar Jahren, soll es diverse alte Obstbäume über ausgesuchte Baumschulen zu kaufen geben.

6 Personen beim Pflanzen eines kleinen Birnbaums

Der erste Birnbaum wird eingepflanzt.

Professor Dominikus Kittemann von der Hochschule Weihenstephan nannte den Sorten-Erhaltungs-Garten eine „lebende Genbank“ und freut sich besonders über den Austausch, der hier angestoßen wurde.
Im Rahmen dieses Projekts werden nun diese unbekannten oder „vergessenen“ Sorten nachgezogen. Kreisfachberaterin Susanne Summer freut sich, dass mit dem Projekt in Höhenmoos die Ergebnisse der zurückliegenden Jahre nun sichtbar sind. „In den kommenden zwei Jahren sind sie hoffentlich dann auch schmeckbar.“ Denn die Früchte dieser alten Sorten sollen Interessierte im Sorten-Erhaltungs-Garten in Höhenmoos später einmal probieren können.
(Quelle: Landratsamt Rosenheim / Beitragsbild, Fotos: @Landratsamt Rosenheim. Beitragsbild zeigt Promologe Georg Loferer mit einem Paradiesapfel)

 

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