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Interview mit Tierrechtsaktivist Andreas Kulot

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

23. Januar 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Rosenheim – Ponykarussells stehen seit vielen Jahren in der Kritik. In vielen Städten ist die umstrittene Jahrmarkt-Attraktion bereits verboten. Am Dienstag, 25. Januar wird nun auch im Rosenheimer Stadtrat über ein Verbot der Ponykarussells auf dem Herbstfest und anderen Brauchtumsveranstaltungen in der Stadt abgestimmt (wir berichteten). Bevor die Sitzung beginnt, demonstrieren Tierrechts-Aktivisten von „Animals United e.V.“ auf dem Rathaus-Vorplatz. Einer, der sich dabei für die Rechte der Pferde einsetzt, ist Andreas Kulot. Im Gespräch mit Innpuls.me erzählt der 45-jährige Rosenheimer, wie er zum Tierrechts-Aktivisten geworden ist und wie sich dadurch sein Leben verändert hat.

Frage: Herr Kulot, sind Sie nie auf einem Volksfest auf einem Pony geritten?
Antwort: Doch als Kind und sicher hat es mir damals auch gefallen. Aber das war auch noch eine ganze andere Zeit. Wir wurden ja fast alle in dieser “Normalität” erzogen, auch was viele andere Themen betrifft.

Frage: Wie meinen Sie das?
Antwort: Tierrechte, Vegetarier, Veganer – all das war zu dieser Zeit doch überhaupt noch
kein Thema.

Frage: Wann wurde es für Sie zum Thema?
Antwort: Vor 3 Jahren. Da kam ich mit Demonstrant*innen über das Thema Tierleid ins
Gespräch. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen, es bringt nichts, dass ich mich
bewusst ernähre und nur Fleisch in Bio-Qualität kaufe. Die Tiere haben vielleicht ein besseres Leben, aber auch sie werden nur gezüchtet, damit sie für uns Menschen getötet werden.

Frage: Und mit dieser Erkenntnis haben Sie dann ihr Leben von einen auf den anderen Tag komplett umgestellt?
Antwort: Ja, so war es tatsächlich. Fleisch, Wurst und Milchprodukte, was ich noch im
Kühlschrank hatte, habe ich verschenkt. Das war es dann.

Frage: Aber es geht ja bei diesem Thema nicht nur um unsere Nahrung, sondern auch um
Kleidung und so weiter. Selbst viele Möbel enthalten Leim und dieser wird auch aus
Tierknochen hergestellt.
Antwort: Das stimmt natürlich. Möbel und Kleidung, die ich bereits besaß, habe ich auch
behalten. Es würde ja keinen Sinn machen, Dinge wegzuwerfen, die noch brauchbar sind.
Aber wenn ich seitdem etwas Neues brauche, achte ich sehr genau auf, dass es ohne Tierleid entstanden ist.

Frage: Ein Leben ganz ohne tierische Produkte stelle ich mir sehr schwierig vor.
Antwort: Ist es aber überhaupt nicht. Die Umstellung dauert ein paar Woche, aber danach
stellt sich eine neue Selbstverständlichkeit ein.

Frage: Fehlt Ihnen nicht manchmal eine Scheibe Wurst, ein gekochtes Ei oder ein saftiger
Schweinebraten?
Antwort: Nein, wirklich nicht. Außerdem gibt es mittlerweile schon so viele gute,
schmackhafte Alternativen.

Frage: Kritiker der veganen Lebensweise sagen häufig, dass es verlogen sei, dass
Ersatzprodukte dann doch wieder als Wurst und Co. bezeichnet werden.
Antwort: Ja, ich weiß. Ich verstehe nicht warum. Ich verzichte ja nicht auf tierische Produkte, weil sie mir nicht geschmeckt haben, sondern weil ich nicht will, dass Tiere für mich leiden und sterben müssen. Außerdem: Es gibt rund 25.000 verschiedene tierfreie Lebensmittel, von denen wir Menschen uns gesund und schmackhaft ernähren können. Und was tun wir? Wir bauen fast unsere komplette Ernährung auf nur fünf Tiere auf. Das macht doch überhaupt keinen Sinn.

Frage: Wie hat Ihre Familie ihren Ernährungswandel aufgenommen?
Antwort: Bei Familienfesten koche seitdem immer ich, und alle sind dann immer ganz
begeistert, wie lecker vegane Gerichte sind.

Frage: Ein Tierrechts-Aktivist macht doch aber sicher noch mehr, als seine Ernährung tierfrei auszurichten.
Antworten: Ich nehme an Demonstrationen und Kundgebungen teil und hoffe dadurch, mit
den Menschen ins Gespräch zu kommen. Beispielsweise in der Fußgängerzone oder auch mal vor Rosenheimer Metzgereien.

Frage: Das kommt bei den Metzgereien aber bestimmt nicht so gut an.
Antwort: Nein, natürlich nicht und auch nicht bei allen Passanten. Aber wir erreichen
dann doch immer einige Leute, die durch uns dann zum Umdenken angeregt werden.

Frage: Diese Hoffnung haben Sie dann wohl auch für die Demonstration vor dem
Rosenheimer Rathaus am kommenden Dienstag, bei der es um das Verbot des Ponykarussells auf dem Rosenheimer Herbstfest geht.
Antwort: Genau, da ist es auf alle Fälle wichtig, dass wir Präsenz zeigen. Ein Verbot ist auch für Rosenheim überfällig. Der Tierschutz wird da einwandfrei nicht gewährleistet.

Frage: Aber kann da der Schuss nicht auch nach hinten losgehen? Was passiert mit den
betreffenden Ponys, wenn sie plötzlich quasi arbeitslos sind.
Antwort: Das wird nicht passieren. Die Ponys gehören zu einem Reiterhof und da kann man ja trotzdem noch ausreiten. Nur nicht mehr ständig im Kreis. Das ist schon mal eine kleine Verbesserung für die Tiere.

Frage: Und wenn dann doch einige Pferde genau durch dieses Verbot ihr Leben verlieren?
Antwort: Es werden höchstwahrscheinlich nur keine neuen nachgezüchtet. Das ist besser als jahrelanges Leid. Davon bin ich überzeugt. Bringt der Besitzer die Ponys nach dem Verbot sofort zum Pferdemetzger ist ja auch klar, wie es mit der angeblichen im Betrieb Tierliebe tatsächlich steht.

Frage: Was passiert, wenn sich der Rosenheimer Stadtrat nicht für ein Verbot des
Ponykarussells ausspricht?
Antwort: Davon gehe ich nicht aus. Ich bin mir sicher, dass es ein Verbot geben wird, nachdem sich ja auch schon die Stadt München so entschieden hat. Aber wenn wirklich nicht, dann werden wir nicht leiser, sondern lauter.
(Beitragsbild: Andreas Kulot)

Das Interview führte Karin Wunsam

 

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