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Markus Ostermair stellt Debütroman vor

Markus Ostermair bei der Lesung. Foto von Johannes Müller

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

4. Juli 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Rosenheim – Der mehrfach ausgezeichnete Autor Markus Ostermair kam für eine Lesung nach Rosenheim. Im Hinterhof der kleinen ehrenamtlich betriebenen „Bibliothek_A“ (ehemals Buchhandling Irrlicht) stellte er seinen Debütroman „Der Sandler“ vor. Unser Kollege Johannes Müller war dort.

Während Ostermair aus seinem Roman liest, scheint die Sonne in die Hofeinfahrt vor dem Rosenheimer „Z“. Auch im Roman ist es Sommer. „Ich wollte keinen Winterroman schreiben“ sagte Ostermair in der anschließenden Diskussion zu seinem Roman. Obdachlosigkeit sei für viele Menschen jederzeit ein Problem, nicht nur im Zeitraum der Fernsehbeiträge rund um Weihnachten. Sechs Tagen und sechs Nächten sind der Rahmen in denen Ostermair in seinem Roman die soziale Realität von Obdachlosen mit einem großen Figurenpanorama schildert. Wegen der „ausgefeilten Sprache und des besonderen Detailreichtums“ wurde Ostermairs Debütroman mit dem „Bayerischen Kunstförderpreise 2021“ in der Sparte „Literatur“ ausgezeichnet. Dass er diese und weitere Auszeichnungen (u.a. Tukan-Preis der Stadt München) zurecht erhalten hatte, zeigt der studierte Germanist bei seiner Rosenheimer Hinterhoflesung.

Alltags-Beschreibung von
Straßenobdachlosen in München

In „Der Sandler“ beschreibt der Autor äußerst realistisch und vielschichtig den Alltag von Straßenobdachlosen in München. In den vorgelesen Passagen führte er die Zuhörenden nahe an das Leben der Protagonisten heran, ohne dabei in eine wertende oder romantisierende Sprache zu verfallen. Im Zentrum der Rosenheimer Lesung war das Einführungskapitel „Eintopf“ und die Hauptfigur „Karl“ wie er sich in der Suppenküche Sankt Bonifaz aufhält und manchmal von den Bildern seines früheren Lebens eingeholt wird. Bilder von seiner Frau und seiner kleinen Tochter, der Zeit als Mathematiklehrer und von dem Kind, das ihm vors Auto lief.
Zwischen den Lesepassagen berichtete Ostermair von der schriftstellerische Arbeit am Werk und von realen Erlebnissen. Acht Jahre lang hat der 1981 in Pfaffenhofen geborene Ostermair an seinem Debütroman gearbeitet. Das Thema Obdachlosigkeit hat er in seinem Zivildienst bei der Münchner Bahnhofsmission und der anschließend jahrelangen ehrenamtlich Arbeit in der Obdachlosenhilfe hautnah kennen gelernt. Von diesen Erfahrungen profitiert nicht nur der Roman, auch die Lesung wurde mit nichtfiktionalen Erfahrungsberichten untermauert.
In weiteren Lesebeispiel stellte Ostermair einen Freund von Karl, um den sich die Protagonisten gerade Sorgen machen vor: Lenz, ein Zettelschreiber und Utopist, was der Autor mit dem Vorlesen eines der „Zettel“ unterstrich. Zum Schluss las Ostermair noch eine Passage mit der Figur „Mechthild“, die sich jeden Morgen den Kopf kahl rasiert. Hier und in der anschließenden Diskussion wurden die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Wohnungslosigkeit thematisiert.
Die Lesung in der Rosenheimer Innstrasse zeigte deutlich, warum der im Osburg Verlag veröffentlichte Roman mehrere Wochen in der Spiegel Bestsellerliste zu finden war und mittlerweile in der 4. Auflage vorliegt: Ostermaier verleiht wohnungslosen Menschen eine authentische Stimme und gibt ihnen so ein Stück Würde zurück. Mit dem Buch zeichnet er eindrucksvoll ein überzeugendes Gegenbild zur Münchener Schickeria, an der sich auch das Leben in Rosenheim allzu gerne orientiert. Seit Mai 2021 gibt es den Roman übrigens auch als Sonderdruck von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit für die Verwendung an Schulen und im September 2021 erschien eine bibliophile Ausgabe der Büchergilde Gutenberg. Wie Ostermair nach der Lesung beim gemeinsamen Essen mit dem Publikum erzählte, wird demnächst eine ungekürzte Hörbuchfassung bei Finch&Zebra erscheinen.
Die Lesung war bereits der zweite Teil einer im Rahmen von der Bundesregierung mit dem Programm „Neustart Kultur“ geförderten Autor:innen Lesereihe. Als nächstes kommt am Samstag, 16. Juli die feministische Schriftstellerin Jovana Reisinger nach Rosenheim und liest aus ihrem für den Bayerischer Buchpreis nominierten Werk Spitzenreiterinnen. In diesem, ihrem zweiten, Roman feiert Reisingers die Frauen, die sie nach Frauenzeitschriften benennt. Sie zeigt auf, welchen Rollenzwängen und welcher Gewalt Frauen in unserer Gesellschaft unterworfen sind. Und es werden Tipps, Tricks und Geschlechterstereotype verhandelt. Diese Veranstaltung beginnt um 16 Uhr mit Kaffee & Kuchen ehe ab 18 gelesen wird.
(Quelle: Artikel: Johannes Müller / Beitragsbild: Johannes Müller)

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