Hilpoltstein / Bayern – In der Weihnachtszeit sind sie beliebte Deko: Misteln. Die kugelig wachsenden Pflanzen werden gern über Türrahmen gehängt – nach altem Brauch soll ein Kuss unter dem Mistelzweig für Liebesglück sorgen. Die Laubholz-Mistel hat allerdings wenig Romantisches an sich. Deutschlandweit ist sie stark auf dem Vormarsch, für Obstbäume wird sie zunehmend zur Gefahr – vor allem mit Blick auf Streuobstwiesen.
„Die Pflanzen leben als Halbschmarotzer und entziehen dem Wirt mit ihren Saugwurzeln Wasser und Nährstoffe. Besonders gefährlich wird es für Bäume, die nicht regelmäßig gepflegt werden“, so Franziska Wenger, LBV-Streuobst-Expertin. „Für einige Gegenden insbesondere in Süd- und Mitteldeutschland sind Misteln darum inzwischen zum massiven Problem geworden.“ Der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) zeigt, welche negativen Auswirkungen die beliebte Weihnachtsdeko auf die heimischen Streuobstwiesen hat.
Befallene Obstbäume alle
vier Jahre konsequent beschneiden
Der LBV rät, alle vier Jahre im Spätwinter und zeitigen Frühjahr befallene Obstbäume konsequent zu beschneiden. „Äste mit Mistelbefall sollten mindestens 30 bis 50 Zentimeter ins gesunde Holz zurück abgesägt werden. Damit kann die Ausbreitung der Misteln meist gestoppt werden, wenn der Baum noch nicht zu stark angegriffen ist“, sagt Franziska Wenger. Andere Bekämpfungsmethoden, wie etwa das Abschneiden der Misteln oder ihr Abdecken mit schwarzer Folie haben sich nicht als erfolgreich erwiesen.
Für die Verbreitung der Misteln hat sich die Natur einen besonderen Trick einfallen lassen: Ihre weißen Früchte sind sehr klebrig. „Viele Vögel naschen gern an den Beeren. Ein Teil der Früchte bleibt dabei an ihren Schnäbeln haften. Wetzen die Vögel den Schnabel an einem Zweig oder hinterlassen dort ihren Kot, kleben die Mistelsamen an der Rinde des künftigen Wirtsbaumes fest. So kann sich die Mistel über viele Kilometer verbreiten“, erklärt Wenger. Bei vielen Vogelarten wie der Mistel-, Sing- und Wacholderdrossel stehen die Mistelbeeren auf dem Speiseplan. Misteln können bis zu 70 Jahre alt werden. Sie wachsen eher langsam. Erst im zweiten Jahr bildet sich der erste verzweigte Spross mit ledrigen Laubblättern. Bis die Pflanze ihre typische kugelige Form erreicht, vergehen viele weitere Jahre.
Mistel rückt auch
in höhere Lagen vor
Als Ursachen für die Ausbreitung der Mistel sieht der LBV vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobstbeständen und die Klimakrise. Daneben begünstigen lange Trockenphasen und der daraus resultierende Stress für die Obstbäume den Vormarsch der Mistel. Gleichzeitig rückt die Mistel auch in höhere Lagen vor, inzwischen befällt sie Bäume in Lagen über 1.000 Meter. „In vielen Gegenden hält sich zudem das hartnäckige Gerücht, Misteln stünden unter besonderem Schutz – das ist falsch. Sie dürfen geschnitten werden und das sollten sie auch“, so Franziska Wenger.
Gegen die Verbreitung von Misteln vorzugehen ist eine wichtige Maßnahme, um die gesetzten Ziele aus dem Bayerischen Streuobstpakt zu erreichen. „Private Streuobstwiesenbesitzerinnen und -besitzer sollten daher besonderen Wert auf eine regelmäßige fachgerechte Pflege ihrer Streuobstbäume legen und Misteln frühzeitig entfernen“, sagt Franziska Wenger. Verbraucher*innen können beim Kauf in Gartencentern oder Blumengeschäften die Herkunft der Misteln meist nicht eindeutig erkennen. Zu privaten Zwecken dürfen Misteln in kleinem Umfang gesammelt werden, solange der Baum dabei nicht beschädigt wird. Die Mistel sollte daher abgeschnitten und nicht abgerissen werden. Außerdem muss der Besitzer der Streuobstwiese um Erlaubnis gefragt werden.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)
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