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Nachwuchs im Kleintiergehege

Winzige Baby-Maus auf der Hand

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

18. November 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Bayern / Deutschland – Die wildlebenden Vorfahren und Verwandten vieler in deutschen Haushalten lebenden Kleinsäuger – beispielsweise Kaninchen, Meerschweinchen oder Degu – leben natürlicherweise in Gruppen und Familienverbänden. Das enge Zusammenleben hat viele Vorteile: So bieten die Artgenossen Schutz, helfen bei der Nahrungssuche, der Fellpflege oder der Aufzucht der Jungen. Im Umkehrschluss bedeutet das Alleinsein oder eine Einzelhaltung immer einen erheblichen Stress für diese Tiere. Doch wie kann bei einer verhaltensgerechten Paar- oder Gruppenhaltung eine ungewollte Vermehrung vermieden werden?

Kleinsäugerarten mit einem ausgeprägten Sozialverhalten und vielen (positiven) Sozialkontakten benötigen für ihr Wohlbefinden und um ihr normales Verhalten ausleben zu können zwingend Artgenossen. Eine Einzelhaltung aller als Heimtiere gehaltenen Kleinsäugerarten – mit Ausnahme des Goldhamsters und der Zwerghamsterarten – ist ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Da die Kommunikation zwischen den Tieren über komplexe artspezifische Laute, Gerüche und/oder Körperhaltungen erfolgt, können weder der Mensch noch andere Tierarten (zum Beispiel die früher leider häufige Vergesellschaftung eines Kaninchens mit einem Meerschweinchen) den Kontakt zu Artgenossen ersetzen.

Minimum sind
zwei Tiere

Vor dem Erwerb von Kleinsäugern muss die zukünftige Gruppengröße daher genau geplant und wohl überlegt werden. Dabei gilt die Vergesellschaftung zweier Tiere (die sogenannte Paarhaltung) als das absolute Minimum. In den meisten Fällen ist eine Gruppenhaltung von drei bis fünf Tieren verhaltensgerechter. Natürlich erfordert die Haltung einer Gruppe mehr Platz, doch dafür fühlen sich die Tiere – die richtige Zusammensetzung vorausgesetzt – wohler und zeigen deutlich mehr soziale Interaktionen. Übrigens werden auch paarweise oder in der Gruppe gehaltene Tiere zahm.

Ungewollte Überraschungen
vermeiden

Um keine böse Überraschung in Form vieler ungewollter Jungtiere zu erleben, sollte nicht nur eine geeignete Vermeidungsstrategie gewählt werden, sondern es muss auch das Geschlecht der Tiere sicher bestimmt werden. Dies mag vielleicht banal klingen, aber gerade bei (kleinen) Jungtieren ist eine Geschlechtsbestimmung häufig nicht einfach, da die typischen Geschlechtsmerkmale (wie beispielsweise sichtbare Hodensäcke) noch nicht so deutlich ausgeprägt sind. Zudem können einige Kleinsäuger – beispielsweise Farbratten und -mäuse – die Hoden in die Leibeshöhle ziehen, was ein sicheres Erkennen des Geschlechtes zusätzlich erschwert.

Zwei Meerschweinchen. Eines mit glattem Fell und eines mit langem Fell

Auch der richtige Zeitpunkt spielt bei der Vermeidung von Trächtigkeit eine wichtige Rolle. Wer glaubt, bei Jungtieren erstmal auf Zeit spielen und das weitere Vorgehen in Ruhe planen zu können, erlebt womöglich schneller als gedacht eine unliebsame Überraschung. Das hat mehrere Gründe: Bei vielen Kleinsäugerarten das Erreichen der Geschlechtsreife und die Selbstständigkeit nahe beieinander und können sich sogar überschneiden. So sind erfahrungsgemäß Meerschweinchen, Farbratten und Degus bereits mit fünf bis sechs Wochen, Zwergkaninchen mit einem Alter von acht bis zehn Wochen geschlechtsreif. Werden junge, noch nicht ausgewachsene Weibchen trächtig, birgt dies zudem erhebliche gesundheitliche Risiken. Daher müssen Männchen und Weibchen vor dem Erreichen der Geschlechtsreife immer getrennt werden.

Die Strategie „Nur einen Wurf“ birgt ebenfalls Gefahren, denn viele Kleinsäuger haben nicht nur große Wurfzahlen, sondern Weibchen werden oftmals auch direkt nach der Geburt der Jungtiere wieder gedeckt, sodass schnell ein zweiter Wurf folgen kann. Bei Farbmäusen oder -ratten kann es somit binnen kürzester Zeit zu über zwanzig Jungtieren kommen.
Gleichgeschlechtliche Gruppen oder Kastration?
Um eine ungewollte Vermehrung zu vermeiden, hat sich neben der Haltung gleichgeschlechtlicher Tiere auch die Kastration männlicher Tiere bewährt.
Die Vergesellschaftung gleichgeschlechtlicher Tiere ist eine Möglichkeit, Trächtigkeit zu vermeiden. Jedoch ist dies nicht bei allen Kleinsäugerarten möglich. So können beispielsweise männliche Farbratten miteinander vergesellschaftet werden, männliche Farbmäuse jedoch nicht. Zudem erfordern insbesondere „Männergruppen“ mehr Erfahrung, um mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen. Gut geeignet für eine eingeschlechtliche (Gruppen-)Haltung sind beispielsweise Farbratten (Männchen/Weibchen), Farbmäuse (Weibchen), Chinchilla (Männchen/Weibchen), Mongolische Rennmäuse (Männchen) und Degus (Männchen/Weibchen).

Babykaninchen - erst wenige Tage alt auf weißer Decke

Die Kastration ist ein operativer Eingriff unter Narkose, bei der die Geschlechtsorgane – also die Hoden (Orchiektomie), die Eierstöcke (Ovarektomie) oder die Eierstöcke und die Gebärmutter (Ovariohysterektomie) – entfernt werden. Die Operation sollte nur von kleinsäugerkundigen Tierärzten durchgeführt werden, die auch den richtigen Zeitpunkt für die Kastration bestimmen. Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, Tiere vor dem Erreichen der Geschlechtsreife zu kastrieren. Diese sogenannte Frühkastration bietet den Vorteil, dass die Tiere direkt nach der Kastration wieder in Gruppen integriert werden können und dadurch zumeist besser sozialisiert sind. Einige Zoofachhandlungen und Züchter bieten frühkastrierte Tiere, beispielsweise Kaninchen, an.
Wird die Kastration bei Männchen nach dem Eintreten der Geschlechtsreife durchgeführt, müssen diese für mehrere Wochen von den Weibchen getrennt werden, beispielsweise mithilfe von Gittern im Kleintierheim. Diese Maßnahme erklärt sich dadurch, dass Spermien auch außerhalb der Hoden, zum Beispiel in den Samenleitern, vorkommen können und erst absterben müssen, um das Ziel der Kastration zu erreichen und damit ungewollte Trächtigkeit zu vermeiden. Nach Literaturangaben dauert es bis zu 70 Tage, bis alle Spermien sicher abgestorben sind und die Männchen wieder integriert werden können. Diese lange Zeit der Trennung kann die Vergesellschaftung jedoch schwierig machen. Trotzdem kann eine spätere Kastration sinnvoll sein. Studien haben beispielsweise gezeigt, dass bei Meerschweinchen die Anwesenheit spätkastrierter Männchen krankhafte Veränderungen der weiblichen Geschlechtsorgane reduzieren kann.
Um ungewollte Trächtigkeit zu vermeiden, werden bei Kleinsäugern in der Regel nur die Männchen kastriert, da bei ihnen die Operation weniger komplex ist. Weibliche Tiere sollten dagegen nur kastriert werden, wenn gesundheitliche Probleme es erforderlich machen oder spätere Gesundheitsprobleme vermieden werden können. So empfehlen Tierärzte in den letzten Jahren beispielsweise die Kastration weiblicher Kaninchen.
(Quelle: Pressemittelung IVH/BNA / Beitragsbild, Fotos: re)

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