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Neues von der Kiefesfeldner Wachtl-Bahn

Mann bei historischen Waggon

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

2. November 2021

Lesezeit: 4 Minute(n)

Kiefersfelden / Bayern Die nostalgische Wachtl-Bahn war eines der touristischen Highlights im Landkreis Rosenheim. 2017 wurde der Fahrbetrieb der Schmalspurbahn eingestellt. Doch der betreibende Verein, die Museums Eisenbahn Gemeinschaft Wachtl e. V., stellt aktuell die Weichen für den Neustart.

 

 

Nostalgie pur: selbst die alten Fahrkarten sind noch original erhalten. Fotos: Staudhammer / Dinner

Auf dem Vereinsgelände der Museums Eisenbahn Gemeinschaft Wachtl liegt Hoffnung in der Luft. Die Mitglieder, allen voran Erster Vorstand Josef Moser, Zweiter Vorstand Arno Kramer, Dritter Vorstand Maximilian Schrott, Jochen von Hagen als Schriftführer und Erwin Rinner als Präsident, sowie als ältester Aktiver Wolfgang Küpper verbringen fast ihre gesamte Freizeit auf dem Areal. Es tut sich aktuell einiges. Im Erdgeschoß des Vereinsheims entsteht ein Schulungsraum mit Fahrsimulator. Im Obergeschoss ist eine Modell-Eisenbahnanlage im Aufbau, sie soll nach Fertigstellung, als Einstieg zum Thema Bahn für Kinder dienen. Außerdem gibt es seit kurzem einen gemütlichen, überdachten Freisitz mit Außenküche.

Viel Bewegung also innerhalb des Vereins, der sich Ausbildung, Prüfung, Jugendförderung und Fortbildung seiner Mitglieder auf die Fahnen geschrieben hat. Vor allem geht es ihm aber um den Erhalt eines Kulturerbes. Denn unter den Schmalspurbahnen mit 3Fuß Spurweite ist die Wachtl-Bahn eine der ältesten der Welt, und wahrscheinlich die älteste die zwischen zwei Ländern verkehrte. Historisch wertvoll sind auch die drei Personenwagen, die ursprünglich 1910 für die Wendelstein-Zahnradbahn gebaut wurden und 1991 bis 1993 nach Kiefersfelden in den Besitz der MEGW e. V. kam. „Derartige Waggons, gleich gar in so gutem Zustand“, sieht man heutzutage selten, so Josef Moser, zumindest aber in Oberbayern. Vieles ist noch im Original-Zustand, sogar Fahrtickets aus längst vergangenen Zeiten sind noch vorhanden.

Die Geschichte der „Wachtlbahn“ reicht bis in das Jahr 1830 zurück. Gebaut wurde die Bahnstrecke mit damaligen bayrischen drei Fuß (820mm) zuerst für den Holztransport  und ca. 30 Jahre später auch für den Transport von Steinen. Die Bahn führte zuerst bis zum Gießenbach und versorgte die dortigen Brennöfen mit Material von einem Steinbruch in Wachtl in Tirol. Die Bahn wurde ca. 1860 bis zur neuen Inntalbahn nach Kiefersfelden (Strecke Rosenheim – Kufstein) verlängert, um den Zement der Firma Perlmoser zu verfrachten. Ein 1927 neugebautes Zementwerk in Kiefersfelden erforderte die Ertüchtigung der Bahn sowie einen weiteren Eigentümerwechsel.

Als die Wagons noch mit
Pferden gezogen wurden

Die Wagons wurden übrigens zu dieser Zeit noch mit Pferden gezogen, wie Arno Kramer erklärt: „Die Spur war so breit, dass ein Pferd in der Mitte gehen konnte“. Das Zementwerk ging dann später in die Hände der Heidelberger Zement über, die die Bahn 1968 – 1970 elektrifizierte und auf die heutige Spurweite von 900mm umbaute.
Nach den Pferden kamen die Dampfeisenbahnen und danach die Dieselloks und im Zuge des Umbaus nun die Elektroloks. Doch damals waren das auch schon Veteraninnen.

Ausflugsfahrten mit
der Wachtl-Bahn

Der Traum einiger Kieferer war es lange Zeit, dass die Bahn auch für die Personenbeförderung genutzt wird. Mit dem Befürworter und Geburtshelfer Herrn Direktor Peeters gelang die Gründung der „Museums-Eisenbahn-Gemeinschaft Wachtl“ am 17.12.1990. Somit ging dieser Traum in Erfüllung. Am 6. Juli 1991 fand die erste Ausflugsfahrt statt – entlang des Kieferbachs, Klausenbachs und der Thierseer Ache. Wanderern erschlossen sich zahlreiche Ausflugsziele wie die Gießenbachklamm, die Oberaudorfer Almen und das Tiroler Seengebiet. Gepflegte Gasthäuser in der Nähe der sechs Haltestellen berechtigten zu der umgedeuteten Bezeichnung „Lokalbahn“. „Da diese Lokale aber während der Fahrt nichts nutzten, kam es gerade recht, dass die Wendelsteinbahn einen weiteren Wagen abgeben wollte. Dieser wurde 1993 dann zum Barwagen umgebaut. Der Verein stellte sich schon mehrfach Zäsuren, die ihn stets danach besser stellten. So 1994 als der Verein zu einem eigenständigen Bahnverkehrsanbieter wurde und kein Personenverkehr angeboten werden konnte. Ebenso 2003 als das Rohrdorfer Zementwerk das aufgelassene Werk in Kiefersfelden übernahm, konnte zunächst zwei Jahre kein Personenverkehr angeboten werde. Doch mit nicht unerheblicher Unterstützung des Rohrdorfer Zementwerkes (Bereitstellung von Lokomotiven und Übernahme aller Betriebskosten, sowie die Vermittlung des Vereinsheimes!) konnte der Personenzug weiterfahren!

Für das Ende des Personenverkehrs vor vier Jahren waren verschieden Gründe verantwortlich. Doch das ist für die Mitglieder des Vereins nur eine weitere Zäsur. Um diese zu überwinden suchten sie Förderer, wie z. Bsp. die Fa. Knorr Bremse oder einige Privatpersonen, also statt über die Vergangenheit zu grübeln, konzentrieren sie sich jetzt viel lieber auf die Zukunft. „Unser größter Wunsch ist es, dass endlich wieder Fahrten stattfinden können“, so Sepp Moser. Wichtig für die Wiederaufnahme der Fahrten ist, dass die Firma Rohrdorfer Zement, der die Gleisanlagen ja mittlerweile gehören und die Kiefersfeldener Gemeinde den Neuanfang unterstützen. Um das zu erreichen, plant und baut der Verein aktuell für die Zukunft. „Wir wollen zeigen, wie wichtig die Wachtlbahn als Kulturerbe, für die Bevölkerung aber auch als gutes Aushängeschild für Gemeinde und Unternehmen ist“.
Eines ist aber auch bereits klar: so wie vor der Stilllegung wird es auch bei einer Wiederaufnahme des Fahrbetriebs nicht mehr werden. Öffentliche Fahrten wie in der Vergangenheit können rechtlich wohl nicht mehr angeboten werden. „Wer mitfahren will, wird eine Mitgliedschaft bei unserem Verein eingehen müssen, wenn vielleicht auch nur auf Zeit. An diesem Konzept arbeiten wir aber noch“, erklärt Arno Kramer. Er könnte sich den Einsatz auch für geschlossene Gesellschaften wie etwa bei Hochzeiten, Firmenfeiern oder Geburtstagen vorstellen.
Wann die Wachtlbahn tatsächlich wieder freie Fahrt bekommt, steht aktuell noch in den Sternen, aber davon lassen sich die Mitglieder nicht entmutigen, ganz im Gegenteil: „Wir machen einfach unbeirrt weiter. Dann muss es einfach klappen.“

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