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Österreichische Bartgeier für Bayern

Bartgeierküken wird gewogen und gefüttert. Foto: Copyright Richard-Faus-Bartgeier-Zuchtstation

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

27. April 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

Berchtesgaden / Österreich – Große Freude bei dem bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden: Auch 2023 wird es zwei junge Bartgeier aus dem europäischen Bartgeier-Zuchtnetzwerk der Vulture Conservation Foundation (VCF) – diesmal aus dem Nachbarland Österreich – für die Auswilderung der gefährdeten Vogelart in Bayern geben.

„Die vier bereits ausgewilderten Bartgeier der ersten beiden Projektjahre stammten aus Spanien. In diesem Jahr werden wir zwei Jungvögel aus Österreich erhalten, die die Population der majestätischen Art in den Ostalpen langfristig stärken soll“, sagt der LBV-Projektleiter und Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Zwei kleine Bartgeier wachsen momentan im Alpenzoo Innsbruck sowie in der Richard-Faust-Bartgeier-Zuchtstation Haringsee auf.. Das gemeinsame Projekt-Team aus Bartgeier-Expert*innen wird sie Ende Mai in eine vorbereitete Felsnische im Nationalpark Berchtesgaden setzen, bis sie nach ca. drei bis vier Wochen zu ihren ersten Flügen aufbrechen.

Bartgeier-Küken haben bis jetzt noch keinen Namen

„Die bisher nur unter ihren Zuchtbuchnummern BG1168 und BG1171 bekannten Küken stammen aus zwei für die alpine Bartgeierwiederansiedlung äußerst geschichtsträchtigen Orten“, berichtet LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. BG1168 ist in Haringsee am 23. Februar geschlüpft und BG1171 hat am 26. Februar in Insbruck das Licht der Welt erblickt. Dem Alpenzoo Innsbruck gelang es in den 1970er Jahren weltweit zum ersten Mal Bartgeier in Gefangenschaft erfolgreich zu züchten und legte damit den Grundstein für Auswilderungen.
Die Richard-Faust-Bartgeier-Zuchtstation Haringsee ist eines der wenigen auf Bartgeier spezialisierten Zuchtzentren in Europa. 1986 führten die Greifvogelexpert*innen dort die weltweit erste Bartgeierauswilderung durch. Dr. Àlex Llopis Dell, Leiter des europäischen Bartgeier-Zuchtprogramms sagt: „Eine möglichst große genetische Vielfalt der lokalen Bartgeierpopulationen in den europäischen Freilassungsgebieten ist wichtig, um Inzucht zu vermeiden. Die beiden österreichischen Küken sind eine gute Ergänzung zu den vier aus Spanien stammenden, nah verwandten Jungvögeln, die bisher in Berchtesgaden ausgewildert wurden.“

Jungen Bartgeierpaaren passieren oft Fehler

Über Europa verteilt sind dieses Jahr mehr als 35 Bartgeierküken geschlüpft. Trotz dieses sehr guten Bruterfolgs in den vielen beteiligten Zoos und Zuchtstationen gab es Herausforderungen: Eine ungewöhnliche hohe Zahl von Bartgeierpaaren haben deutlich früher oder später als üblich ihre Eier gelegt. Mehrere Paare, die über viele Jahre erfolgreich brüteten, waren in diesem Jahr zu alt und fielen aus. Jungen Bartgeierpaaren passieren dagegen bei den ersten ein bis zwei Bruten häufig Fehler. Deshalb überwachen die internationalen Bartgeier-Teams diese Brut aufwändig. „Es ist komplex, die Jungvögel in die verschiedenen Auswilderungsgebiete oder zum Verbleib innerhalb des Zuchtprogramms zuzuweisen. Faktoren wie genetische Linie, Schlupfdatum oder Geschlecht spielen hier eine erhebliche Rolle. Der Schlupf der Küken gibt auch den Zeitpunkt der Auswilderung vor. In diesem Jahr werden die beiden Junggeier etwas früher, bereits Ende Mai, in Berchtesgaden ausgewildert“, sagt der Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Das Geschlecht der beiden österreichischen Bartgeierküken ist noch unbekannt. „Ob nach bisher vier weiblichen Bartgeiern in diesem Jahr auch einmal ein Männchen dabei ist, wird sich erst nach Auswertung der Blutproben der Küken zeigen. Äußerliche Merkmale, um Männchen und Weibchen zweifelsfrei zu unterscheiden, gibt es bei dieser Art nicht“, erklärt Ulrich Brendel. Das Geschlecht der ausgewilderten Tiere ist momentan nicht von großer Bedeutung, weil im gesamten Alpenraum einige Dutzend Jungvögel aus natürlichen Bruten der letzten Jahre auf Partnersuche sind. Immer wieder werden solche Wildvögel auch in den bayrischen Bergen gesichtet.

Die bisher in Berchtesgaden freigelassenen Bartgeier finden in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit Anschluss an den wildlebenden Bartgeierbestand, um mit einem Partner ein eigenes Revier zu gründen. „Unsere ausgewilderten Mädels Bavaria, Recka und Dagmar sind sozusagen im Grundschulalter und haben daher noch kein Interesse an Männchen. Ob sie sich in einigen Jahren mit einem zukünftig von uns dazugesetzten Burschen oder einem Wildvogel zusammentun, spielt für den Bestand letztlich keine Rolle“, so Toni Wegscheider.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Copyright Richard-Faus-Bartgeier-Zuchtstation)

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