Hilpoltstein / Augsburg / Bayern – Wiesenbrüter sind die am stärksten gefährdete Artengruppe der Vögel in Bayern. Um die Bestände zu erfassen und zu erfahren, wie es um einzelne Arten steht, waren 2021 über 450 Ehrenamtliche im ganzen Freistaat unterwegs. Koordiniert hat diese siebte landesweite Kartierung der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU).
Die wissenschaftliche Erfassung bedrohter Arten wie Brachvogel, Wachtelkönig und Braunkelchen erfolgt alle sechs Jahre. Heute haben LBV und LFU die Ergebnisse vorgestellt. „Mit großem Engagement haben die zahlreichen Aktiven über 1.300 Wiesenbrüterflächen mit einem Gesamtflächenumfang von knapp 194.000 Hektar untersucht. Das waren so viele Gebiete, wie noch nie zuvor – darunter erstmals auch 509 Feldvogelflächen, auf denen vor allem Kiebitze brüten“, so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer. Einige Arten konnten ihr niedriges Bestandsniveau seit der letzten Kartierung zwar halten oder schwach erhöhen. Die langfristigen Trends sind aber weiterhin bei allen untersuchten Arten negativ. Sorgenkinder unter den Wiesenbrütern sind die Uferschnepfe und das Braunkehlchen. Sie drohen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in Bayern auszusterben. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die bisherigen Schutzbemühungen nicht ausreichen, um die Wiesenbrüter in Bayern in einen günstigen Erhaltungszustand zu bringen. Konkrete und umfangreiche Schutzmaßnahmen im Sinne der 2015 vom Bayerischen Landesamt für Umwelt veröffentlichten Wiesenbrüteragenda sind für den Erhalt der Wiesenbrüter in Bayern nötiger denn je.
Viele Arten sind vom Aussterben bedroht
Zu den 2021 erfassten wiesenbrütenden Vogelarten zählen Brachvogel, Rotschenkel, Uferschnepfe, Bekassine, Braunkehlchen, Wiesenpieper und Grauammer. Sie alle sind in Bayern als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Ebenfalls erfasst wurden Wachtelkönig und Kiebitz, die in Bayern als „stark gefährdet“ gelten. „Die Bestände des Brachvogels haben sich nach einem Tief im Jahr 2006 stabilisiert. Der Rotschenkel kann seit den 1980er Jahren sein niedriges Bestandsniveau zumindest halten. Beides kann als ein Ergebnis der Bemühungen im Wiesenbrüterschutz und des Artenhilfsprogramms gewertet werden. Bei der Uferschnepfe nehmen die Bestände dagegen weiterhin deutlich ab. Wir befürchten deshalb, dass die Art in den nächsten Jahren in Bayern aussterben wird. Zum Arterhalt sind weitere Anstrengungen nötig“, sagt Christian Tausch, Leiter der Abteilung Naturschutz im LfU. Beim Braunkehlchen hat der Bestand seit 1998 ganze 64 Prozent eingebüßt. Der Rückgang gegenüber der letzten Erfassung in den Jahren 2014/15 beträgt 19 Prozent und ist anhaltend besorgniserregend.
Bereits seit vielen Jahren setzen sich ehren- und hauptamtliche Gebietsbetreuer und Gebietsbetreuerinnen stark für die gefährdeten Wiesenbrüter ein. Auch spezielle Schutzprojekte der Naturschutzverwaltung und -verbände sind durchaus erfolgreich. Dieses Engagement genügt allerdings nicht, um die sensible Artengruppe in der gesamten Fläche ausreichend zu schützen und langfristig zu erhalten. „Es ist erforderlich, mindestens für die Vorranggebiete, die von hoher Bedeutung für Wiesenbrüter sind, verbindliche Ziele festzulegen. Für deren Umsetzung müssen ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Nur so wird es gelingen, dass wir und unsere Kinder Kiebitz, Braunkehlchen und weitere größtenteils vom Aussterben bedrohten Vogelarten auch in Zukunft in Bayern beobachten können“, betont der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer.
Der Lebensraum der Wiesenbrüter sind offene Landschaften, die in der Regel intensiv landwirtschaftlich genutzt werden. Maßnahmen wie beispielsweise die Verlegung des Mahdzeitpunktes zu einem späteren Termin und eine geringere Frequenz der Mahd sowie der Verzicht auf Grünlandumbruch hilft, die Wiesenbrüter zu schützen. „Agrarumweltprogramme unterstützen landwirtschaftliche Betriebe auch finanziell bei der Umsetzung der Artenschutzmaßnahmen und machen diese gegenüber anderen Nutzungsansprüchen konkurrenzfähig“, sagt Christian Tausch. Uferschnepfe, Bekassine und andere wiesenbrütende Vögel leiden auch unter trockenen Böden, weil es in den letzten Jahren zu wenig geregnet hat. Zudem wurden in den letzten Jahren zahlreiche Gebiete aktiv entwässert, darunter auch solche mit besonderer Bedeutung für den Wiesenbrüterschutz. Gezieltes Wassermanagement und intensive Gebietsbetreuung versuchen dem Lebensraumverlust der Wiesenbrüter entgegenzuwirken. Spaziergänger mit freilaufenden Hunden und andere Freizeitsuchende können die Vögel außerdem beim Brüten stören. Wenn Menschen auf Wegen bleiben und störungsfreie Kernzonen konsequent umgesetzt werden, schützt das die stark gefährdeten Vögel.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)
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