Rosenheim / Bayern – Immer mehr Traditionen und Bräuche geraten in Vergessenheit. So ist es auch mit den Seelenzöpfen und Seelenbroten. Dieses frühere bayerische Kultgebäck zu Allerheiligen und Allerseelen ist heute kaum noch zu finden.
Das entscheidende Detail sind die beiden Löcher, durch die nach altem Glauben die Seelen der Toten schlüpfen konnten. Fotos: Wunsam
Der Seelenzopf wurde früher nur an Allerseelen, dem Tag nach Allerheiligen gebacken. Man verschenke ihn oft an „Seelenleute“ – das bedeutete Bedürftige.
Jedes „Vergelt`s Gott“ für diese Spende erlöste nach altem Glauben eine Seele aus dem Fegefeuer.
Die etwas 30 Zentimeter langen Teig-Zöpfe werden nur an den beiden Enden geflochten. In der Mitte laufen sie parralel. Früher hatte das einen beonderen Grund, wie eine 88-jährige Neubeurerin noch weiß. „Durch das Loch in der Mitte konnten die Seelen schlüpfen“, erzählt sie. Die Seniorin kann sich noch erinnern, dass in früheren Zeiten mancherorts diese besonderen Hefe-Zöpfe auf die Gräber gelegt wurden. Man sei davon ausgegangen, dass die Seelen der Verstorbenen in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen an den Ort des irdischen Wirkens zurückkehren und die bereitgestellten Speisen nehmen.
Die Form des Zopfes hatte auch ihren Sinn. Sie erinnert an einen geflochtenen Haarzopf. Diesen gaben Frauen früher oft ihren verstorbenen Männern mit ins Grab – als Zeichen ihrer Lebenskraft.
Lebenskraft
weit
Der Seelenzopf wurde aber auch gerne an lebende Menschen verschenkt – denen man damit symbolisch ein Stück seiner eigenen Lebenskraft weitergeben wollte, beispielsweise dem Patenkind, damit es durch den harten Winter kommt. Manchmal wurde in das Gebäck auch ein Geldschein oder eine Münze eingebacken. Das nannte man dann „Zopfgeld.“
ergeben
Seelenbrot in Form von
Hirschen und Hennen
Aus dem Seelenzopf hat sich dann etwas später das Seelenbrot entwickelt – für Mädchen in Form einer Henne und für Buben in Form eines Hirschen. Auch diese wurden zu Allerseelen den Patenkindern geschenkt. Zu Zeiten, in denen es noch keine Lebensmittelüberfluß gab, war dieses Gebäck für die Beschenkten etwas ganz Besonderes. „Mein Vater hat die Figur aus Teig sogar immer mit ins Bett genommen. So sehr hat er sich darüber gefreut“, erinnert sich die 88-jährige.
Wer jetzt Lust bekommen hat, selbst einen Seelenzopf zu backen. Hier ein einfaches Rezept:
Zutaten:
– 500 g Weizenmehl
– 1/2 Würfel Hefe frisch – oder Trockenhefe
– 50 g Zucker
– ca. 150 ml lauwarme Milch
– 75 g Butter, flüssig , abgekühlt
– 1 Tl Salz
– 2 Eier
– 1 Eigelb
– 1 EL Wasser
Zubereitung:
Das Mehl in eine Schüssel geben und eine Mulde in die Mitte drücken. Die Hefe hineinbröckeln, mit 1 TL vom Zucker bestreuen und mit etwas von der lauwarmen Milch zu einem kleinen Vorteig anrühren. Die Schüssel mit einem Tuch abdecken und an einem warmen Ort ca. eine halbe Stunde gehen lassen.
Nun den Vorteig mit dem Mehl mischen. Restlichen Zucker, Salz, flüssige Butter und die 2 Eier zugeben und verkneten. Langsam von der restlichen Milch dazugießen, bis sich ein elastischer Teig ergibt. Er darf nich zu weich sein. Den Teig in 18 gleichgroße Stücke teilen. Diese noch mal eine gute halbe Stunde an einem warmen Ort ruhen lassen.
Dann jeweils 3 Stücke zu Strängen von ca. 30 cm rollen und mit dem Zopfflechten beginnen. In der Mitte paralell laufen lassen nicht vergessen. Am Ende wieder zusammenflechten.
Die 3 Zöpfe auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen. Mit dem mit Wasser verquirltem Eigelb bestreichen. Bei 180 Grad ca. eine halbe Stunde backen. Bis sie eine schöne goldgelbe Färbung angenommen haben.
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