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Süddeutscher Protestag der Apotheken sendet lautes Signal nach Berlin

Rund 5000 Teilnehmer nahmen an dem Protesttag der Apotheken in Stuttgart teil. Foto: Copyright BAV/Spies

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

23. November 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

Stuttgart / Bayern – Am gestrigen Mittwoch  haben geschätzt etwa 5.000 Apotheker aus ganz Bayern und Baden-Württemberg  auf dem Stuttgarter Schlossplatz demonstriert. Apotheker, Politiker sowie Vertreter der Ärzteschaft machten eindrücklich auf die bedrohliche Situation der Apotheken und des Gesundheitssystems aufmerksam. Die Präsidentin des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg (LAV) Tatjana Zambo und der 1. Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV), Dr. Hans-Peter Hubmann führten die Rednerliste an.

Als Gastgeberin eröffnete Zambo die Großkundgebung mit aufrüttelnden Worten: „Im letzten Jahr haben bundesweit bereits 400 Apotheken für immer geschlossen. In diesem Jahr werden es Richtung 600 Schließungen sein. Das sind 1000 Apotheken weniger in nur zwei Jahren! Damit muss Schluss sein. Diese Talfahrt muss gestoppt werden!“ Zambo machte selbstbewusst klar, dass die Zeit des Bittstellens für die Apothekerschaft vorbei sei, „wir fordern nun unsere gerechte Honorierung mit Blick nach Berlin ein. Wir stehen hier in überwältigender Masse, wir stehen hier mit erhobenem Haupt und einem Sack voll guter Argumente, die zeigen was jetzt nötig ist: Apotheken stärken. Jetzt! Wir kämpfen heute für unsere eigene Zukunft und für die Zukunft einer guten Arzneimittelversorgung.“ Die jüngsten Pläne Lauterbachs zu Schein-Apotheken, denen Zambo eine klare Absage erteilte, stünden diesem Ziel diametral entgegen.

„Punkt erreicht, der das Fass zum Überlaufen bringt“

Auch Dr. Hans-Peter Hubmann, 1. Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes, machte verfehlte politische Entscheidungen für die dramatische Situation der Apotheken verantwortlich: „Seit vielen Jahren machen wir auf die völlig unzureichende Honorarsituation aufmerksam, auf das moderne Raubrittertum in Form von Nullretaxationen durch Krankenkassen und auf die aberwitzigen Präqualifizierungsanforderungen. Wir warnen seit Jahren und zuletzt immer stärker vor den Auswirkungen zunehmender Lieferengpässe.“ Bei den kompletten Teams in den Apotheken sei nun „der Punkt erreicht, der das Fass endgültig zum Überlaufen bringt“, so Hubmann weiter mit Blick auf tausende Demonstrierende. Sowohl die neue bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention Judith Gerlach hielt eine emotionale Grußbotschaft und versprach, sich deutlich für die „völlig berechtigten“ Forderungen der Apotheken in Bayern und Baden-Württemberg einzusetzen. Ebenso mit großer Solidarität begrüßte in einem Einspieler Bernhard Seidenath (CSU) als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im bayerischen Landtag die Demonstrierenden beider Bundesländer auf dem Schlossplatz und hob die Wichtigkeit der Apotheker hervor.
Die gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktionen von Grünen, CDU, FDP und SPD aus dem Stuttgarter Landtag betonten im Rahmen der Kundgebung die Unverzichtbarkeit der Vor-Ort-Apotheke. Petra Krebs für die Grünen bekundete, dass man die Apothekenschließungen nicht still hinnehmen wolle und aktiv etwas dagegen unternehmen wolle. Dr. Michael Preusch, Arzt und gesundheitspolitischer Sprecher im baden-württembergischen Landtag für die CDU machte klar, dass es wichtig und gut sei, dass die Apothekerschaft heute laut und hörbar für ihre Forderungen auf die Straße gegangen sei. Er erklärte, dass die Stärkung der Vor-Ort-Apotheken das primäre politische Ziel zu sein habe. Als gesundheitspolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag Jochen Haußmann forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dazu auf, seinen Turbo einzuschalten, denn „Es ist 5 nach 12 für die Apotheken! Die Forderungen der Apotheken sind bekannt. Es ist an der Zeit, dass man in den Dialog geht.“ Zuletzt sprach Florian Wahl von der SPD, der Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im baden-württembergischen Landtag ist. Er lobte die Apothekerschaft für ihre „ganz wichtige Lotsenfunktion“ innerhalb des Gesundheitswesens. Er versprach, die Bilder aus Stuttgart nach Berlin zu tragen.

Auch die Ärzteschaft in Baden-Württemberg zeigte sich solidarisch mit dem Protest der Apothekerinnen und Apotheker. Dr. Nicola Buhlinger‐Göpfarth als Vorsitzende des Hausärzteverbands Baden‐Württemberg hob in ihrer Rede hervor, dass „unsere  Patienten wissen, was sie wollen: ihre Arztpraxen und ihre Apotheken.“ Die Gesundheitsversorgung sei der falsche Ort für Experimente, warnte sie in Richtung des Bundesgesundheitsministeriums. Dr. Norbert Smetak, Vorsitzender der Ärztevereinigung MEDI Baden‐Württemberg zeigte erneut auf, dass der Protest auch den Teams in Praxen und Apotheken gelte. Denn ohne die Teams gehe nichts. Die Ärzte zogen nach dem Protest mit einem Trauerzug zum baden-württembergischen Sozialministerium.

LAV-Chefin Tatjana Zambo und der BAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann beendeten die Veranstaltung und zogen ein positives Fazit: „Wir haben heute mit überwältigender Solidarität gezeigt, wie ernst es um unsere Apotheken steht und wie entschlossen wir sind, für eine auch in Zukunft gute und sichere Arzneimittelversorgung und ein angemessenes Honorar zu kämpfen.“
(Quelle: Pressemitteilung BAV / Beitragsbild: Copyright BAV/Spies)

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