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Zahlreiche Greifvögel vergiftet

Vergiftete Rohrweihe

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

9. Juni 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Coburg / Bayern –  Im Landkreis Coburg sind zahlreiche vergiftete Greifvögel und Köder in unmittelbarer Nähe zueinander gefunden worden. Der Täter hat dabei das für Kinder und Hunde besonders gefährliche und verbotene Kontaktgift E605 verwendet. „Zur eigenen Sicherheit rufen wir zu erhöhter Vorsicht bei Spaziergängern und Hundehaltern in der Gegend auf“, sagt Dr. Andreas von Lindeiner, LBV-Landesfachbeauftragter für Naturschutz. Da die Tötung geschützter Vogelarten eine Straftat darstellt, haben die Naturschützer Strafanzeige gestellt.

Am 22. April fanden zufällig zwei Aktive des LBV Coburg bei Freilandarbeiten in der Gemeinde Meeder auf einem Acker zwischen Oettingshausen, Ottowind und Großwalbur eine tote Rohrweihe. Als dann am nächsten Tag der zuständige Jagdpächter dem LBV für den fast gleichen Ort vier weitere tote Rohrweihen und ein totes Huhn meldete, dessen Gefieder mit einer blauen Substanz eingefärbt war, wurde vom gemeinnützigen Coburger Naturschutzverein umgehend die örtliche Polizei verständigt und Strafanzeige gestellt. „Die blaue Substanz deutete darauf hin, dass die Henne mit dem längst verbotenen Gift E605 als Köder präpariert wurde, denn dieses verbotene Gift, eigentlich ein Insektizid, war mit einer blauen Warnfarbe versetzt“, sagt Frank Reißenweber, Erster Vorsitzender des LBV Coburg.
Die Polizei, die den Tatort untersuchte, fand eine weitere tote Henne mit der verdächtigen blauen Substanz, in der Nähe noch eine tote Rabenkrähe und eine weitere Rohrweihe. Zirka drei Kilometer entfernt in einem anderen Ortsteil der Gemeinde Meeder wurde zeitgleich außerdem noch ein toter Rotmilan aufgefunden. Es wurden also insgesamt sechs tote Rohrweihen, eine Rabenkrähe, ein Rotmilan und zwei präparierte Hühnerköder gefunden. „Im Schnabel zweier Tiere befanden sich noch Reste des Köderhuhns. Das Gift kann binnen Sekunden über die Schleimhäute aufgenommen werden und zum Tod führen“, sagt Julian Hauschild, ehrenamtlicher Beauftragter des LBV Coburg für Naturschutzkriminalität.

Verbotenes Nervengift
kam zum Einsatz

Die verendeten Vögel wurden zur pathologischen Untersuchung ans Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Gesundheit nach Erlangen eingeschickt und von dort aus zur toxikologischen Analyse an die LMU weitergeleitet. Ergebnis: Der Verdacht, dass das in der EU seit 2001 verbotene Nervengift E605 die streng geschützten Wildvögel über die vergifteten Köderhennen umgebracht hatte, bestätigte sich.
Die Ermittlungen der Polizei dauern an, der Täter konnte bislang nicht ermittelt werden. „Meine Einschätzung ist, dass ein Hühnerhalter aus der Region mit den präparierten Hennen einen Fuchs loswerden wollte“, so mutmaßt Frank Reißenweber. „Aber unter welchen Umständen die Straftat auch verübt wurde: Dieser Fall zeigt eindrücklich, welche Auswirkungen einzelne vergiftete Tiere haben können. In der Natur wird Aas von vielen Tieren weiter verwertet. Das Gift kann so über die Nahrungskette weiteren Tieren schaden“, sagt Frank Reißenweber. Ganz in der Nähe, wo die toten Rohrweihen gefunden wurden, gab es 2020 einen – glücklicherweise erfolglosen – Giftanschlag ebenfalls mit dem verbotenen Gift E605 auf den dortigen Biber. Auch damals war kein Täter zu ermitteln.

Appell an Eltern
und Hundebesitzer

Der LBV und die Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS) appellieren an alle Eltern im Landkreis Coburg, ihre Kinder keine herumliegenden toten Tiere oder anderes Verdächtiges anfassen zu lassen. Alle Hundehalter vor Ort sollten ihre Tiere an die Leine nehmen. „In den vergangenen Jahren wurde bei derartigen Fällen immer wieder das hochtoxische und in Deutschland verbotene Gift Carbofuran eingesetzt, das bereits bei Hautkontakt wirkt und selbst in geringen Dosen zu Krämpfen führt. Sowohl der Schutz der Öffentlichkeit als auch die Aufklärung der Vergiftungsfälle sind uns ein zentrales Anliegen“, sagt Franziska Baur, GLUS-Fachreferentin für Naturschutz. „Wir werden nicht weiterzusehen, wie langjährigen Schutzbemühungen um einheimische Tierarten durch illegale Tötung mit qualvollen Methoden – wie Vergiftung – zunichtegemacht werden und dafür sorgen, dass solche Straftaten in Bayern künftig strikter verfolgt werden.“
Die Aufklärung solcher illegaler Wildtiertötungen ist schwierig, deshalb hoffen der bayerische Naturschutzverband LBV und die Umweltstiftung auf Hinweise aus der Bevölkerung. „Spaziergänger, die im betroffenen Raum oder andernorts einen toten Wildvogel oder Köder an Wegen, auf einer Wiese oder im Feld finden, sollten dies der Coburger Polizei unter 09561/6450 und LBV und GLUS unter www.tatort-natur.de melden“, erklärt von Lindeiner.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild Copyright: LBV-Boyo Lessing)

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