Warum es „Bus Reiter“ bald nicht mehr gibt
Aschau / Rosenheim / Landkreis Rosenheim – Tränen am Ende eines Lebensweges. Das bekannte Busunternehmen „Reiter“ aus Aschau im Chiemgau gibt es in wenigen Tagen nicht mehr. „Ich habe geweint, wie ein kleines Kind“, sagt Gerhard Reiter und erzählt die Gründe, die zu dieser Entscheidung führten.
Keine Fahrer. Corona-Rettungsgelder, die bis heute nicht bezahlt sind. Der nicht überwiesene Ausgleich für das Neun-Euro-Ticket und im Jahr 2022 125.000 Euro Mehrkosten für Diesel und AdBlue. Das war der Moment, an dem Busunternehmer Gerhard Reiter und seine Lebensgefährtin Petra Schmidtchen, die Organisatorin im Hintergrund, beschlossen, die Reißleine zu ziehen. Ab dem 1. Januar 2023 gibt es „Bus Reiter“ nicht mehr.
„MVV-Betrieb ist
wirtschaftlich nicht mehr zu machen“
„Wir betreiben unser Busunternehmen eigenwirtschaftlich. Subventionen vom Staat bekommen wir – entgegen der landläufigen Meinung – übers Jahr weg keine“, sagt Gerhard Reiter. Und nun schwebe zu allem anderen auch noch das Damoklesschwert MVV über den Busunternehmern. „MVV-Betrieb ist wirtschaftlich nicht mehr zu machen“, ist sich Reiter sicher.
Nach über vier Jahrzehnten gibt er auf. Ja, er sei froh, dass der RVO seine elf Busse übernimmt und auch all seinen Fahrern ein Angebot gemacht hat. Trotzdem seien nach der Vertragsunterzeichnung eine Stunde lang Tränen geflossen, gesteht der 60-Jährige freimütig. Gerade die langjährigen Mitarbeiter ziehen lassen zu müssen, sei nicht einfach. Er hätte schon gerne noch ein paar Jahre weitergemacht, sagt Reiter, scheitere aber an der generellen Situation.
Bei den Schulbuslinien
fehlt es an Personal
Leid tue es ihm um die Schulbuslinien. Die Gemeinden Stephanskirchen, Riedering und Aschau im Chiemgau hätten ihm während der Coronapandemie geholfen, wo sie konnten, ist er heute noch dankbar. Seit sechs Monaten sitzt Reiter wieder den ganzen Tag am Steuer, weil ihm das Personal fehlt. Dabei hat er festgestellt, dass es zwar immer noch nette Kinder gibt, aber auch viele, denen der Respekt vor dem Fahrer gänzlich fehlt. „Das geht schon damit los, dass sie weder ‚Guten Morgen‘ noch ‚Pfiadi‘ sagen.“ Die Schulbuslinien bleiben laut RVO zumindest bis zum Schuljahreswechsel unverändert. Auch für alle anderen Fahrgäste ändere sich nichts.
„Wir freuen uns, dass wir die Busflotte der Firma Reiter übernehmen können“, so eine Sprecherin der Deutschen Bahn, Betreiberin des RVO. Bis auf einen kämen zum Jahreswechsel erfreulicherweise auch alle Fahrer von Reiter zum RVO.
„Uns wird vom Staat das
Zepter aus der Hand genommen“
„Uns wird vom Staat das Zepter aus der Hand genommen“, klagt Reiter. Neue Busse anschaffen? Nur noch mit alternativen Antrieben wie Wasserstoff, für alles andere gibt es keine Zuschüsse mehr. Diese Antriebe sind aber für ein kleines bis mittelständisches Unternehmen laut Reiter nicht zu finanzieren und zudem uninteressant. Beim RVO mit seinen dann rund 60 Bussen sehe das anders aus. Und: Die Suche nach Fahrern werde immer schwieriger, deren Ausbildung immer teurer.
Jene elf Busse, die der RVO übernimmt, bleiben bis auf den Firmenschriftzug unverändert. Der RVO mietet auch die Busgarage im Aschauer Ortsteil Außerkoy an. Ganz ohne Busse muss Reiter auch nach dem Jahreswechsel nicht auskommen. Buswerkstätten sind schwer zu finden. Deswegen übernimmt Gerhard Reiter für den RVO die nächsten Jahre noch die Wartung und Pflege „seiner“ Busse.
(Quelle: Pressemitteilung Tourist Information Aschau im Chiemgau – Text: Sylvia Hampel / Beitragsbild: H. Reiter, zeigt Gerhard Reiter mit Mutter und Lebensgefährtin)