Hilpoltstein / Bayern – Die Ergebnisse der 18. „Stunde der Wintervögel“ vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und seinem bundesweiten Partner NABU lassen aufhorchen: Nur knapp 30 gefiederte Besucher pro Garten haben die rund 21.000 Beobachter zu Gesicht bekommen, die niedrigste Zahl seit Beginn der Aktion – und die Stadt Rosenheim liegt sogar noch darunter.
Ähnlich sieht es, laut LBV, in anderen Ländern Europas aus, die an demselben Wochenende gezählt haben. Grund zur Sorge sei das nicht unbedingt. Denn besonders im Winter schwankt die Zahl der Vögel in den Gärten stark. „Die Besuche an den Futterstellen im Siedlungsraum sind abhängig von der aktuellen Witterung, aber auch vom Nahrungsangebot in den umliegenden Wäldern und sogar in den nördlichen Ländern Europas. Von dort können nämlich Wintergäste nach Bayern einfliegen”, erklärt LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson. Der Haussperling flattert bereits zum fünften Mal in Folge an die Spitze der Top 10 der am meisten gemeldeten Vogelarten, gefolgt von Kohlmeise und Feldsperling. Besonders freuen konnten sich viele Teilnehmenden über vermehrte Sichtungen von Zaunkönig und Wintergoldhähnchen, denen die milden, schneefreien Winter womöglich zugutekommen.
Bei der größten jährlichen Mitmachaktion zur Vogelzählung bekommen Naturschützer in Bayern, aber auch in ganz Deutschland, Österreich, Tschechien und der Schweiz einen Überblick, wie es den Vögeln im Siedlungsraum geht. Bayern liegt mit durchschnittlich 30 gefiederten Besuchern pro Garten unter dem bundesweiten Durchschnitt von 33. Nur in der Schweiz (40) konnten Teilnehmende im Mittel mehr Vögel beobachten. In Tschechien (28) und Österreich (26) bekamen die Menschen sogar noch weniger Vögel pro Garten zu Gesicht.
Über die Jahre nimmt die Zahl der Vögel in den Gärten in den meisten Ländern ab. Das kann verschiedene Gründe haben, weiß Angelika Nelson: „Schneearme, milde Winter werden immer häufiger. Bergfink, Erlenzeisig und Wacholderdrossel finden in ihren skandinavischen Brutgebieten ausreichend Nahrung und kommen nicht zu uns nach Mitteleuropa.“ Am Zählwochenende machten sich heuer auch Waldvögel rar. Die Auswirkungen des Klimawandels sorgen immer häufiger dafür, dass Baumarten wie Eiche, Buche und Fichte sehr viele Früchte und Samen produzieren. „Wenn Eicheln und Bucheckern in Fülle im Wald liegen und nicht von Schnee bedeckt sind, zieht es Buchfink, Eichelhäher und Gimpel zur Nahrungssuche nicht in die Gärten”, erklärt Angelika Nelson.
Der Spatz ist wieder auf Platz 1
Spitzenreiter in den Gärten und auf den Balkonen des Freistaats sind wie üblich Standvögel. Das sind Vogelarten, die sich das ganze Jahr über in Bayern aufhalten. Einmal mehr positioniert sich der Spatz auf Platz 1: In gut jedem zweiten Garten zählten die Teilnehmenden der 18. „Stunde der Wintervögel“ im Schnitt fünf Haussperlinge. „Wir dürfen uns von diesen Ergebnissen jedoch nicht täuschen lassen. Die Anzahl der Spatzen nimmt regional noch immer stark ab, vor allem in der Stadt München,” erklärt Angelika Nelson. Wenn es darum geht, welcher Vogel in den meisten Gärten vorkommt, hat die Kohlmeise den Schnabel vorne: In 9 von 10 Gärten konnten Naturfreund diese Meise beobachten.
Überraschend viele Meldungen zu Stieglitz
Überraschend viele Meldungen gingen in diesem Jahr zu Stieglitz (17 Prozent mehr als im Vorjahr), Zaunkönig (38 Prozent) und Wintergoldhähnchen (312 Prozent) ein. Im Jahr 2016 hatte der Stieglitz schon einmal einen solchen Höhenflug, als er den Titel „Vogel des Jahres” trug. Dieses Jahr zierte er die Meldebögen zur Mitmach-Aktion. Möglicherweise hat ihm das einen Vorteil verschafft. Dem bunten Finken helfen naturnah gestaltete Gärten, in denen Samenstände von Stauden über den Winter stehenbleiben. Bayerns kleinste Vogelarten wie Zaunkönig und Wintergoldhähnchen profitieren von milden Wintern, die ihnen das Überleben erleichtern. „Bei frostigen Temperaturen verbrauchen kleine Vögel sehr viel Energie und Fettreserven. Dann drohen sie trotz warmen Federnkleids zu erfrieren”, weiß Angelika Nelson.
Eine weitere Auswirkung der zunehmend milden Winter: Immer mehr Kurzstreckenzieher bleiben in Bayern. „War die Sichtung eines Zilpzalps, Hausrotschwanzes oder einer Mönchsgrasmücke im bayerischen Winter vor ein paar Jahren noch eine Rarität, ziehen einige von ihnen mittlerweile gar nicht mehr in den Mittelmeerraum“, so die LBV-Ornithologin.
Gesamtergebnis Bayern
An die Spitze flattert in diesem Jahr der Haussperling, Kohlmeise und Feldsperling folgen ihm aufs Siegertreppchen. Platz 4 holt sich die Blaumeise, noch vor der Amsel, die im Vergleich zum vergangenen Jahr von Platz 4 auf 5 abgerutscht ist. „Schon seit 2014 setzen sich die Top 5 aus diesen Vogelarten zusammen“, sagt Angelika Nelson. Der Buchfink landet auf Rang 6. Die Plätze 7 und 8 belegen wie auch im Vorjahr Grünfink und Elster. Die Rabenkrähe und das Rotkehlchen machen die Liste der 10 am häufigsten beobachteten Wintervögel in Bayerns Gärten komplett.
Regionale Unterschiede
Die meisten gefiederten Gäste bekamen mit 34 Vögeln pro Garten die Teilnehmenden in Niederbayern zu sehen, gefolgt von 33 Vögeln pro Garten jeweils in der Oberpfalz und Oberfranken. Auch in Unterfranken haben die Menschen mit 31 Vögeln pro Garten mehr Vögel als der bayerische Durchschnitt von 30 Vögeln gezählt. Die Vogelfreund in Mittelfranken, Schwaben und Oberbayern zählten im Schnitt pro Garten weniger Exemplare als der Rest der bayerischen Teilnehmenden.
Die Zahlen für die Stadt Rosenheim:
88 Teilnehmer wurden aus der Stadt Rosenheim gemeldet. In 49 Gärten haben sie insgesamt 1094 Vögel gemeldet. Das sind durchschnittlich 22,33 Vögel pro Garten und damit liegt die Stadt Rosenheim ein ganzes Stück unter dem Durchschnitt.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)