München – Damit die bayerischen Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich sowie international wettbewerbsfähig sein können und der Freistaat ein leistungsstarker Wirtschaftsstandort bleibt, braucht es nach Ansicht der IHK eine zuverlässige Energieversorgung und pragmatische Lösungen für den
Arbeitskräftemangel. Über die dazu nötigen politischen Entscheidungen auf allen Ebenen haben sich nun der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) und das Spitzen-Team der Grünen Bayern Katharina Schulze und Ludwig Hartmann ausgetauscht.
Bei dem Treffen in München nahmen neben Vertretern der bayerischen IHKs die Parteivorsitzenden der Grünen Bayern Eva Lettenbauer und Thomas von Sarnowski teil. Vor allem die Energieversorgung und die Energiepolitik standen im Fokus des Austauschs.
Beide Seiten betonten, dass das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Geschwindigkeit bei den Verfahren in den Behörden nicht ausreichend sei. Sowohl der BIHK als auch der Landesvorstand der Grünen kritisierten den Vorschlag für zwei Strompreiszonen in Deutschland. Vielmehr brauche es schnell und flächendeckend Stromleitungen, um den Strom aus dem Norden in den Freistaat zu bekommen.
„Wir brauchen noch viel mehr Tempo, wenn wir die gesteckten Ziele der Energiewende erreichen wollen“, so BIHK-Präsident Lutz. „Mit der Geschwindigkeit, die derzeit geplant ist, sind die Ziele nicht zu schaffen. Das schleichende Tempo schadet dem Wirtschaftsstandort. Die bürokratischen Hürden sind noch immer viel zu hoch, um einen schnellen Ausbau der Infrastruktur und Netze zu erreichen. Die Regulierungen und mehrstufigen Verwaltungsverfahren stehen dem Ausbau im Weg – das muss sich zügig ändern.“
„Energieversorgung der
Zukunft ist erneuerbar“
Für Hartmann ist klar: „Die Energieversorgung der Zukunft ist erneuerbar. Bayerns Unternehmen haben jahrzehntelang bewiesen, dass sie Innovationstreiberinnen sind – und werden das auch beim Ausbau der Erneuerbaren tun. Ich möchte, genauso wie die IHKs, dass die Unternehmen in unserem Land einen planbaren Energiepreis bekommen. Das gelingt durch einen grünen Industriestrompreis, wie wir ihn einführen wollen: günstiger, sicherer, sauberer Strom – daheim erzeugt. Jede neue Windkraftanlage, die gebaut wird, senkt den Strompreis, macht uns unabhängiger und sichert den Wirtschaftsstandort Bayern. Sobald Wind- und PV-Anlagen einmal stehen, haben wir kaum noch Kosten. Wechselkurschwankungen, Rohstoffpreise, teure Absicherungsgeschäfte fallen weg. Gute Energiepolitik ist gute Standortpolitik.“
Außerdem diskutierte die Runde den Arbeitskräftemangel in Bayern, der sich in den kommenden Jahren aufgrund zunehmender Renteneintritte drastisch verschärfen wird. Schon heute leide eine Mehrzahl der Unternehmen über alle Branchen unter Personalnot: Laut der jüngsten BIHK-Konjunkturumfrage sehen zwei Drittel der bayerischen Betriebe den Mangel an Arbeitskräften als das größte Risiko für ihr Geschäft in der kommenden Zeit. Daher plä- dierten der BIHK und die bayerischen Grünen dafür, alle vorhandenen Potenziale im Freistaat zu nutzen und pragmatische Lösungen zu ermöglichen. Konkret waren sich beide Seiten einig, dass die Betreuungsplätze für Kinder in Bayern massiv ausgebaut werden müssen, damit beide Elternteile besser erwerbstätig sein können. Außerdem sollten nach Auffassung der bayerischen IHKs und der Grünen geduldete Asylbewerber, die hier leben, auch arbeiten dürfen. Die Abschiebung von strafrechtlich unauffälligen Azubis stehe deren Integration in den Arbeitsmarkt entgegen und verschärfe die Verunsicherung bei den Ausbildungsbetrieben, so der BIHK und die Grünen Bayern.
„Bayern muss für Arbeitskräfte so attraktiv zum Arbeiten und Leben sein, dass sie nicht ins Ausland abwandern und unseren Unternehmen verloren gehen“, warnt BIHK-Präsident Lutz. „Es braucht also mehr bezahlbaren Wohnraum, mehr Betreuungsangebote für Kinder und zu pflegende Angehörige. Außerdem muss in beste Schulbildung für Kinder und Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene investiert werden.“ Neben der Ausschöpfung inländischer Potenziale braucht es aus Sicht der bayerischen Wirtschaft auch eine erleichterte Zuwanderung von Arbeitskräften aus Drittstaaten. Grundvoraussetzung dafür sei, dass es für Arbeitskräfte wie Unternehmen praxistaugliche Regelungen gibt. Aktuell sei die Regeln so kompliziert, dass sowohl interessierte Bewerber sowie die suchenden Betriebe unter der Bürokratie leiden.
Schulze erklärt, wo die bayerische Politik anpacken muss: „Ich möchte, dass Bayern auch weiterhin attraktiver Standort für unsere starke Wirtschaft bleibt. Aber was nutzt die beste Maschine, wenn es keine Menschen gibt, die sie bedienen? Der Arbeitskräftemangel in Bayern ist enorm. Im gemeinsamen Austausch wurde deutlich, dass die Politik die Weichen richtig stellen muss: Es braucht endlich ein schnelleres Verfahren zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und alle, die hier ein Jobangebot bekommen, sollen es auch annehmen dürfen. Darüber hinaus wollen wir Grüne die berufliche Bildung stärken und den Übergang von Schule in einen Beruf durch verpflichtende Praktika und Praxistage erleichtern. Frauen sind ein zentraler Bestandteil bei der Lösung des Arbeitskräftemangels – es braucht dazu
dringend einen Ausbau der Kinderbetreuung und verbesserte Bedingungen für pflegende Angehörige. Wir können auf die Kompetenz der Frauen nicht verzichten.“
(Quelle: Pressemitteilung IHK für München und Oberbayern / Beitragsbild: Copyright BIHK, zeigt von links: Marc Lucassen (Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben), Gerti Oswald (BIHK), Manfred Gößl (BIHK-Hauptgeschäftsführer), Katharina Schulze, Klaus Josef Lutz (BIHK-Präsident), Eva Lettenbauer, Gerhard Pfeifer (stellv. Präsident IHK Schwaben) und Thomas von Sarnowski).