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Raus aus dem Ei: Europas Bartgeier-Küken schlüpfen

Kopf eines Bartgeiers

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

13. März 2024

Lesezeit: 3 Minute(n)

Berchtesgaden / Hilpoltstein – Raus aus dem Ei: LBV und der Nationalpark Berchtesgaden erwarten die nächsten Jungvögel für die diesjährige Auswilderung.

Für die meisten Vogelarten ist der Frühling die ideale Zeit, um Eier zu legen und zu brüten. Nicht so für den Bartgeier, die seltenste Geierart Europas. Er beginnt bereits im Hochwinter mit der Brut. In ihrem alpinen Lebensraum halten auch Minustemperaturen, tagelanger Schneefall und Lawinenabgänge die Bartgeierpaare nicht davon ab, ihre Eier zu legen und sie 52 Tage lang auszubrüten. „Im Gegensatz zu den Altvögeln können die Küken noch keine Knochen verdauen. Deshalb hat sich diese Vogelart so entwickelt, dass die kleinen Bartgeier bereits gegen Ende des Winters schlüpfen, wenn ein reichhaltiges Angebot an in Lawinen verunglückten Wildtieren wie Gämsen und Steinböcken zu finden ist“, sagt der LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Dank der Anpassung der Schlupfzeit an die Schneeschmelze ist sichergestellt, dass genügend Aas vorhanden sind, mit dem die Eltern ihre Jungen füttern können.

„Jungvögel müssen sofort getrennt werden“

Obwohl die Bartgeier in Zoos und Zuchtstationen weniger rauen Wetterbedingungen ausgesetzt sind als ihre Artgenossen in den Alpen, läuft auch bei diesen Vögeln das über Jahrtausende entwickelte Verhalten gleich ab. Bereits Anfang Dezember legte ein Weibchen im österreichischen Richard-Faust-Zentrum das erste Ei der aktuellen Brutsaison. Die erfahrenen Paare wechseln sich beim Ausbrüten der mehr als faustgroßen Eier routiniert ab. Vor allem gegen Ende der Brutzeit sind die Experten in den verschiedenen Einrichtungen besonders wachsam. „Schlüpfen zwei Jungvögel in einem gemeinsamen Nest, müssen sie sofort getrennt werden, da sie von Natur aus sehr aggressiv gegeneinander sind und immer nur das stärkere Küken überlebt. Das ist auch verständlich, denn bei insgesamt fast vier Monaten Nestlingszeit in der Natur und den Unmengen an Futter, die ein heranwachsender Geier fressen muss, könnten die Eltern niemals zwei Junge gleichzeitig aufziehen“, sagt Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.
Im Zuchtprogramm ist es dank eingespielter Expertenteams möglich, das jeweils schwächere Küken einem anderen, kinderlosen Bartgeier-Ammenpaar zu übergeben und von diesem ohne menschlichen Kontakt aufziehen zu lassen. „Im Idealfall verdoppelt sich so der Bruterfolg jedes Paares. Die Küken werden dann an eines der europäischen Auswilderungsprojekte – etwa nach Berchtesgaden – abgegeben oder sichern innerhalb des EEP den Fortbestand der Art“, so Ulrich Brendel. Die kleinen Bartgeier, die jetzt aus den Eiern schlüpfen, werden wahrscheinlich sehr verschiedene Lebenswege einschlagen. Aber jeder auf seine Weise kann einen wichtigen Beitrag für die Zukunft dieser beeindruckenden Art leisten.

Küken aus freier Wildbahn

Da Bartgeier im gesamten Alpenraum seit 1986 ausgewildert werden, kommt es jedes Jahr zu einigen Dutzend erfolgreichen Bruten im Freiland. Vor allem in den Westalpen, wie in Frankreich und der Schweiz, aber auch vereinzelt in Österreich schlüpfen in diesen Tagen die Jungen. „Die bisher in Berchtesgaden ausgewilderten Geier werden sich hoffentlich in einigen Jahren, wenn sie geschlechtsreif sind, ebenfalls mit Artgenossen verpaaren und den noch recht geringen Bestand dieser faszinierenden Vogelart in den Ostalpen stärken“, sagt Toni Wegscheider.

Alpine Entdeckungstour der bereits ausgewilderte Bartgeier

Die 2021 ausgewilderte Bavaria ist bereits im Salzburger Tennengebirge sesshaft geworden, direkt östlich des Nationalparks Berchtesgaden. In zwei Jahren könnte sie dort mit einem Partner einen ersten Brutversuch starten. Die noch jüngeren Bartgeier Recka, Dagmar, Sisi und Nepomuk folgen dagegen noch ihrem Entdeckungsdrang. Sie erkunden die Alpen auf der Suche nach wilden Artgenossen und verendeten Huftieren als Nahrung und legen dabei manchmal Hunderte von Kilometern pro Tag zurück. Einige dieser Vögel werden schließlich auch in die Umgebung des Nationalparks zurückkehren und sich in einer geeigneten Gebirgsregion der bayerischen oder österreichischen Berge niederlassen. Bis der Bartgeier endgültig wieder in Bayern heimisch geworden ist, werden noch einige Jahre vergehen. Der bisherige Projektverlauf stimmt die Beteiligten des LBV und des Nationalparks Berchtesgaden jedenfalls zuversichtlich, dass dieses Ziel in nicht allzu ferner Zukunft liegt.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)

4 Kommentare

  1. Darf ich noch ergänzen:
    beobachten kann man sie in Berchtesgaden ab der Auswilderung über die Webcam LBV , ausserdem die Flugrouten der in den Vorjahren ausgewilderten Bartgeier über GPS, da alle besendert werden. :-))

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      • Gerne, ist wirklich interessant !
        Auch die Rosenheimer Stadtfalken balzen seit Ende Januar wie wild 😉 , Herr Clauss hat die Webseite aktualisiert :-))

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