Rosenheim – Klamme Kassen sorgen für einen Negativrekord in Oberbayern: So viele oberbayerische Kommunen wie noch nie haben im vergangenen Jahr ihre Gewerbesteuerhebesätze erhöht – auch im Landkreis Rosenheim sind sechs Kommunen diesen Schritt gegangen. Während die Stadt Rosenheim bei ihrem langjährigen Hebesatz von 400 Prozent blieb, erhöhten unter anderem Bad Aibling, Kolbermoor und Neubeuern ihre Gewerbesteuerhebesätze auf jeweils 400 Prozent – die höchsten Werte im Landkreis. Das zeigt eine jüngste Auswertung der IHK für München und Oberbayern. Mit 300 Prozent erhoben Amerang, Rohrdorf und Tuntenhausen den niedrigsten Gewerbesteuerhebesatz im Landkreis.
Angesichts der zunehmenden finanziellen Engpässe bei zeitgleich weiter steigenden Kosten und Ausgaben der Städte und Gemeinden hatte die IHK bereits befürchtet, dass auch in der Region die Hebesätze steigen könnten. Andreas Bensegger, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Rosenheim, fordert daher Augenmaß. „Dass der Großteil der Gemeinden und Städte angesichts ihrer finanziellen Lage unter Druck steht, ist nachvollziehbar. Die Haushaltslöcher dürfen aber nicht auf dem Rücken der heimischen Unternehmen gestopft werden“, sagt Bensegger.
„Jegliche Steuererhöhung kommt zur Unzeit“
Im Jahr 2024 betrug der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz im Landkreis Rosenheim 342 Prozent und entspricht damit dem oberbayerischen Durchschnitt.
Gesetzlich ist den Gemeinden bundesweit ein Mindesthebesatz von 200 Prozent vorgeschrieben, den die neue Bundesregierung laut ihrem Koalitionsvertrag auf 280 Prozent erhöhen will. „Jegliche Steuererhöhung kommt zur Unzeit. Unsere heimische Wirtschaft steckt noch immer in der Dauerstagnation fest, die Investitionsbereitschaft liegt nahe dem Nullpunkt. Energie- und Arbeitskosten sind im internationalen Vergleich an der oberen Grenze, Deutschland ist schon jetzt für Unternehmen ein Hochsteuerland und die Flut an Bürokratie schlichtweg erdrückend. Wenn Kommunen in dieser für alle Seiten herausfordernden Zeit ihre Gewerbesteuerhebesätze nach oben schrauben, verschärft das die wirtschaftliche Lage. Ihre Liquidität brauchen die Unternehmen für Zukunftsinvestitionen und Innovationen, was die neue Bundesregierung erkannt hat und deshalb Entlastungen auf den Weg bringen will“, so Bensegger.
Der Regionalausschussvorsitzende macht deutlich: „Junge Firmen, Gründerinnen und Gründer ebenso wie die alteingesessenen Unternehmen brauchen Rückenwind und keinen Gegenwind durch höhere Steuern – ansonsten suchen sie sich für ihre weitere Entwicklung einen anderen Standort. Das dürfen wir nicht riskieren.“
Insgesamt nahm die Stadt Rosenheim im vergangenen Jahr über die Gewerbesteuer rund 57 Millionen Euro ein, wegen der wirtschaftlichen Flaute etwa sieben Millionen Euro weniger im Jahr 2023. Die Kommunen im Landkreis Rosenheim erhielten in Summe rund 200 Millionen Euro an Gewerbesteuer und damit genauso viele Einnahmen wie 2023. Von der angegebenen Summe müssen die Kommunen eine Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder abführen, im vergangenen Jahr waren das für die Stadt Rosenheim etwa fünf Millionen Euro und für die Landkreiskommunen 21 Millionen Euro. Die Netto Gewerbesteuereinnahmen (nach Abzug der Umlage) standen 2024 für etwas weniger als die Hälfte der städtischen Steuereinahmen und für 45 Prozent auf Landkreisebene.
In vielen Kommunen spielen bei den aktuellen Diskussionen über höhere Gewerbesteuern die steigenden Kreisumlagen eine große Rolle. Über die Kreisumlage werden die Kommunen an den Ausgaben ihrer Landkreise beteiligt, die keine eigenen Steuereinnahmen haben. Die Kreisumlagen sind in den vergangenen Jahren oftmals deutlich angestiegen, unter anderem durch höhere Kosten für Krankenhäuser, in der Kinder- und Jugendhilfe sowie für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten.
Grundlage der IHK-Auswertung sind die Daten zu den Gewerbesteuerhebesätzen und Gemeindefinanzen, die regelmäßig vom Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlicht werden.
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