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Todesursache von „Wally“ steht fest

Kopf eines Bartgeiers

Karin Wunsam

Schreibt immer schon leidenschaftlich gern. Ihre journalistischen Wurzeln liegen beim OVB-Medienhaus. Mit der Geburt ihrer drei Kinder verabschiedete sie sich nach gut 10 Jahren von ihrer Festanstellung als Redakteurin und arbeitet seitdem freiberuflich für die verschiedensten Medien-Unternehmen in der Region Rosenheim.

28. Juli 2022

Lesezeit: 2 Minute(n)

Hilpoltstein/Berchtesgaden – Ende Mai hatte ein Suchteam des bayerischen Naturschutzverbands LBV in einer Steilrinne des Wettersteingebirges die Überreste des erst 2021 ausgewilderten Bartgeiers Wally gefunden (wir berichteten). Nun liegt der Untersuchungsbericht der Klinik für Vögel, Kleinsäuger, Amphibien und Zierfische der tierärztlichen Fakultät der LMU München dazu vor.

Darin kommen die Experten um Professor Rüdiger Korbel zum Schluss, dass ein Abschuss von Wally äußerst unwahrscheinlich ist. So heißt es im Bericht der „Vogelklinik“ der LMU: Anhand der angefertigten Röntgenaufnahmen ergaben sich keinerlei Hinweise, weder auf Projektile noch auf zu erwartenden Bleiabrieb am Skelett. „So traurig wir nach wie vor über den Tod von Wally sind, so beruhigt sind wir dennoch, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch menschlichen Einfluss gestorben ist“, sagt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer.
Am 28. Mai hatten Suchende in extrem steilem und unwegsamem Gelände nur noch Knochen und Federn des jungen Bartgeiers zusammen mit dem GPS-Sender und einem von zwei Beinringen geborgen. Immerhin war bis auf den Schädel- und einen Beinknochen das Skelett des Vogels zum Großteil erhalten, woraus die Spezialisten der LMU-Vogelklinik noch einige Informationen gewinnen konnten. So ergab die Untersuchung, dass am Skelett keine Spuren durch menschlichen Beschuss oder von Krallen eines Steinadlers vorliegen. „Obwohl in den Alpen schon mehrere Bartgeier von Steinadlern getötet worden sind, haben wir diese Todesursache durch die große Erfahrung von Wally mit diesen Greifvögeln nie als allzu wahrscheinlich eingeschätzt“, so Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Eine Unfalltheorie geht von
einem tödlichen Steinschlag aus

Da der Vogel am Vortag problemlos noch 280 Kilometer geflogen war und alle vom GPS-Sender übermittelten Werte völlig normal waren, hält LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider folgende Unfalltheorie für möglich. Aus seiner Sicht kann auch ein tödlicher Steinschlag nicht ausgeschlossen werden. „Schaut man sich alle Fundumstände genau an, dann haben wir direkt bei Wallys Knochen auch Teile eines jungen Hirsches gefunden, der offenbar vor längerer Zeit in derselben Steilrinne umgekommen war. Dazu lagen um die Überreste des Geiers auch frische Steinbrocken und in einer oberhalb gelegenen Felswand war deutlich ein kürzlich erfolgter Abbruch zu erkennen“, erklärt Toni Wegscheider. „Ob Wally also an einer verlockenden Nahrungsquelle gelandet und dann zufällig von herabfallenden Steinen überrascht wurde, wird sich nicht abschließend klären lassen.“ Da Bartgeier bereits in vergleichbaren Situationen durch abgehende Schneelawinen getötet wurden, ist für Wegscheiders Kollegen aus der internationalen Expertenszene ein derartiges Szenario ebenso gut vorstellbar.
Was eine mögliche Bleivergiftung durch aufgenommene Reste von Jagdmunition angeht, dafür zeigten die durch den GPS-Sender des Vogels ebenfalls aufgezeichneten Vitalwerte vor seinem Verschwinden keine Anzeichen. Entsprechende Untersuchungen zum sicheren Ausschluss wurden bereits vom LBV in Auftrag gegeben. Auch andere im Alpenraum dokumentierte Todesarten wie die Kollision mit einer Seilbahn oder ein Gewitter lassen sich aufgrund der Fundumstände ausschließen. „Obwohl selbst Ursachen wie ein tödlicher Kreuzotterbiss oder Leberversagen schon bei toten Bartgeiern nachgewiesen werden konnten, sind entsprechende Untersuchungen im Fall von Wally mangels Weichteilgewebe leider nicht möglich“, erläutert Ulrich Brendel. Dennoch werden die Überreste in Kürze noch aufwändigen Analysen zum Nachweis von Schwermetallen und anderen Umweltgiften unterzogen werden.
Trotz dieses Rückschlags in dem Langzeitprojekt war die erste Auswilderung des Bartgeiers im Nationalpark Berchtesgaden sehr erfolgreich. „Die beiden Bartgeierweibchen Wally und Bavaria überstanden eigenständig und problemlos den Winter, inklusive längerer Ausflüge und erfolgreicher Nahrungssuche. Wallys Schicksal zeigt vielmehr, dass Wiederansiedlungsprojekte einen langen Atem brauchen“, resümiert Nationalparkleiter Dr. Roland Baier.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)

 

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