6.Kapitel ( Teil 1): Das Verhör
Früh standen wir auf, es war ein schöner Sommermorgen, wir frühstückten draußen auf der Terrasse.
Tom Heylents kam pünktlich um elf Uhr, im Salon fand das Verhör statt. Jeder von uns kam nacheinander dran.
„Betty, Sie sind die erste, kommen Sie bitte,“ sagte der Kommissar.
Betty ging in den Salon. Wir anderen warteten im Wintergarten ganz gespannt.
„Also Sie sind heute hier, weil Sie zu den Verdächtigen des Mordes an ihrem Vater gehören,“ begann Heylents das Gespräch.
„Ja,“ antwortete Betty und atmete laut aus.
„Okay, fangen wir an. Wo waren Sie gegen drei und halb fünf Uhr morgens?“, fragte er sie, während er schon mal seinen Block aufklappte.
„Nachdem ich in mein Zimmer gegangen bin, habe ich noch etwas gelesen und dann habe ich geschlafen, bis zum Morgen.“
„Und was für ein Verhältnis hatten Sie zu ihrem Vater,“ wollte er wissen.
„Eigentlich ein ganz gutes, deshalb bin ich auch nicht so weit weggezogen, um manchmal nach ihm zu sehen, auch wenn er Hilfe brauchte.“
„Verstehe, aber Sie waren gar nicht so oft hier, laut Pamela.“ antwortete er.
„Er nahm aber ja auch keine Hilfe an, wieso sollte ich dann oft kommen?“
Der Kommissar schaute sie misstrauisch an, er wusste nicht, ob er ihr glauben sollte.
„Vielleicht aus dem Grund, weil Sie ihn lieben?“
„Liebe war bei uns nie so ein großes Thema,“ antwortete Betty und schaute ihm durch seine Brille vielsagend in die Augen.
Nach einer kurzen Stille antwortete Heylents: ,,Na, das erklärt vielleicht auch manches. Hatten Sie Zugang zu seinem Büro?“, fuhr er fort.
„Nein, da darf niemand rein, nur die, die etwas mit seiner Firma zu tun haben,“ antwortete Betty und verdrehte ihre Augen.
„Okay, danke Betty, das war es, ich habe alles, was ich brauche.“
„Gut, in Ordnung“ antwortete sie, während sie aufstand.
„Holen Sie mir bitte Sibel rein!“, bat der Kommissar.
„Mach ich,“ rief sie und ging hinaus.
Nun betrat Sibel den Saal, sie war schon etwas nervöser als Betty, sie blieb kurz vor der Tür stehen und holte tief Luft, dann setzte sich zu Tom Heylents, der schon ihre Nervosität bemerkte. Er lächelte sie an und stellte dann auch schon die erste Frage.
„Nun Sibel, Sie haben ja nicht so viel von ihrem Vater mitgekriegt, Sie sind ja sehr früh ausgezogen. Was für ein Verhältnis hatten Sie zu ihm?“
„Immer ein gutes, nur, er mochte meinen Freund nicht, so haben wir angefangen, oft zu streiten.“
„Und dann hatten Sie kaum mehr miteinander gesprochen?“ stocherte er nach.
„Genau!“ bestätigte sie.
„Wo ist ihr Freund jetzt?“, fragte er.
„Bei seiner Familie.“ Dieser Satz war Sibel vollkommen klar, wie als hätte sie ihn sich aufgeschrieben.
Ich werde ihn dort anrufen, nur zur Sicherheit,“ informierte sie der Kommissar.
„Wie heißt er?“
„John.“ Sibel dehnte das Gespräch in die Länge.
„Er heißt John Belversen, das sollten Sie eigentlich wissen, Sie haben sich doch sicher über unsere Partner informiert,“ antwortete sie und beruhigte sich wieder. Sie war erleichtert, da sie jetzt wusste, dass der Kommissar auch Fehler machen konnte, aber er ignorierte die Sache ganz einfach und fuhr fort.
„Wie stand denn John zu ihrem Vater?“, fragte er.
„Sie verstanden sich nicht gut.“
Heylents notierte es sich im Block. Sibel sah es und wurde leicht verärgert.
„Beschuldigen Sie etwa meinen Freund?“, sagte sie vorwurfsvoll und wurde etwas lauter.
„Jeder könnte es gewesen sein, wir dürfen niemanden auslassen,“ antwortete er ernst.
„Wo waren sie zwischen drei und halb fünf Uhr morgens,“ wechselte der Kommissar das Thema.
„Ich hatte Pamela noch beim Aufräumen geholfen und ging dann schlafen.“
Der Kommissar nickte und schrieb wieder alles in seinen Notizblock.
„Okay, in sein Büro konnten Sie ja auch nicht“ sagte der Kommissar.
„Nein da dürfen nur….“, begann Sibel den Satz.
„Ich weiß, aber haben Sie eine Ahnung, ob die Haushälterin, Pamela Johnson, Zugang zu seinem Büro hatte,“ unterbrach sie Heylents.
„Ich weiß es nicht, aber sein könnte es schon. Sie nahm ihm vieles ab. Vielleicht zu viel.“
Heylents stutzte. „Wie meinen Sie das?“
„Nur so eine Vermutung von mir,“ antwortete sie und zuckte mit den Schultern.
„Ich bin dann wohl die nächste,“ sagte Coralie, betrat den Salon und setzte sich gleich auf den Stuhl.
„Ja das sind Sie,“ antwortete Heylents.
„Nun dann, haben Sie momentan einen Freund, wenn ich so fragen darf?“
„Ja, habe ich, hätten Sie denn Interesse an mir?“, fragte Coralie lächelnd.
„Nein, ich muss nur fragen.“ Heylents erlaubte sich da keinen Spaß.
„Schade,“ antwortete Coralie noch immer lächelnd.
„Nehmen Sie das jetzt bitte ernst!“, zischte Heylents.
Coralies Lächeln verschwand.
„In Ordnung,“ sagte sie.
„Okay,“ fuhr Heylents fort.
„Sie haben einen Freund, davon wusste mein Team gar nichts.“
„Ich musste es verheimlichen,“ antwortete Coralie.
„Moment mal, was?“, fragte Heylents verwundert.
„Ich war glücklich mit meinem Freund zusammen, irgendwann stellte ich ihn meinem Vater vor, aber er mochte ihn nicht und wollte nicht, dass ich weiter mit ihm zusammenkomme, er hat mir es verboten. So haben wir uns heimlich getroffen. Wir mussten immer sehr vorsichtig sein, durften nie Fotos posten.“ erzähle Coralie.
„Wieso, hat er ihr Handy kontrolliert?“, der Kommissar erschrak.
„Manchmal schon.“
„Oh wow, okay verstehe,“ sagte Heylents und wirkte plötzlich etwas überfordert.
„Wo ist er momentan?“
„Er ist bei sich daheim, in den letzten Tagen hatten wir nicht viel Kontakt,“ antwortete sie.
„Ich bräuchte dann nur noch seine Nummer.“
„Ja gut, ich gebe Sie Ihnen.“ antwortete Coralie freundlich.
„Wann gingen Sie an jenem Tag schlafen?“, fragte Heylents.
„Ich denke so gegen halb zwei Uhr, bin mir aber nicht ganz sicher.“
„Haben Sie da noch irgendetwas bemerkt?“
Coralie überlegte. „Ja, da war etwas, ich habe ein Geräusch gehört, als würde die Haustür zuschlagen, aber ich habe mich nicht mehr darum gekümmert.“
„Aha, denken Sie noch einmal genau darüber nach, dann sagen Sie mir es bitte.“
Er wechselte das Thema. „Und wie läuft es in ihrem Job?“
„Ich habe, bevor ich kam, zwei neue Kleider designt.“
„Klingt gut, mit dem Geld läuft auch alles gut?“
„Ja, wieso?“, fragte Coralie.
„Wer auch immer es war, er hätte ihren Vater auch wegen des Geldes töten können,“ antwortete Heylents und blickte zur Uhr.
„Okay, verstehe,“ sagte Coralie.
„Sie dürfen dann gehen. Danke.“
Coralie stand auf und reichte Heylents noch die Hand.